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Frage von Thomas S. •

Frage an Katja Kipping von Thomas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag Frau Kipping,

befragt welche Möglichkeiten es kurzfristig ermöglichen könnten, den fast 10 Millionen unter der Armutsgrenze im reichen Deutschland lebenden Menschen eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse zu garantieren (?), antworten Sie:

"Gut 19 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ist von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Die Armutsgefährdungsquote liegt bei 15,5 Prozent. Sie sprechen also tatsächlich ein großes Armutsproblem in einem reichen Land an.

Zwei ganz konkrete Forderungen, die Armut massiv reduzieren würden, sind die von DIE LINKE geforderte sanktionsfreie Mindestsicherung von 1050 € sowie die solidarische Mindestrente.

Darüber hinaus wollen wir eine Aufwertung von Niedriglöhnen bei der Rentenberechnung und setzen uns für gute Arbeit und faire Löhne ein."

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/katja-kipping/question/2019-08-21/321789

Ihrer Aussage, dass in Deutschland ein großes Armutsproblem in einem reichen Land besteht, stimme ich umfänglich zu. M.E. besteht dieses Problem aber seit langem und nimmt in der Tendenz zu.

1. Wie werten Sie meinen Eindruck?

2. Ich kann leider nicht erkennen, wo die Linke in den letzten 10 Jahren sich effizient der benannten Armutsproblematik entgegen setzen konnte. Übersehe ich da etwas?

3. Sie schreiben, dass die Linke sich für gute Arbeit und faire Löhne einsetzt. Das finde ich gut, aber ich sehe Ihren Hinweis als unkonkret. Was hat die Linke konkret unternommen bzw. unternimmt die Linke, um gute Arbeit und faire Löhne durchzusetzen?

Ich stoße nahezu jeden Tag auf der Jobsuche auf Angebote m.E. schlecht bezahlter prekärer Arbeit, deren ungenügenden Konditionen in den Jobausschreibungen zudem schlecht kommuniziert werden.

Macht die Linke sich dafür stark, dass in Ausschreibungen Angaben zu der vom Arbeitgeber angedachten Entlohnung vorgeschrieben werden?

Wie kann versuchten und real erfolgenden Formen von Lohndrückerei effizient begegnet werden?

Viele Grüße T. S.

Portrait von Katja Kipping
Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr S.,

Sie haben Recht, dass die relative Armut in den letzten beiden Jahrzehnten zunimmt und die Indikatoren für sogenannte materielle Deprivation erschreckend stabil sind.

Ihren anderen Thesen muss ich vehement widersprechen. Überall dort wo DIE LINKE mitentscheidet haben wir ganz erheblich und gegen große Widerstände im großen wie im kleinen für gute Arbeit, die Bekämpfung von Armut, für Mieterinnen und Mieter und gegen die Umverteilung von unten nach oben gewirkt. Eine kleine und unvollständige Auswahl zur Erinnerung:

In Thüringen haben wir einen öffentlichen Beschäftigungssektor für Langzeitarbeitslose geschaffen. Unter Bodo Ramelow ist es gelungen, die Erwerbslosigkeit erstmals seit 1990 unter 6 Prozent zu drücken. Wie haben dafür gesorgt, dass das Blindengeld in Thüringen weitergezahlt wird. Wir haben in Thüringen ein beitragsfreies Kitajahr eingeführt und insgesamt mehr Geld für Schulen, Sporthallen, sozialen Wohnungsbau und Kitas eingesetzt.

Berlin und Branden haben einen Vergabe-Mindestlohn eingeführt und regelmäßig erhöht. In Berlin gibt es keine sachgrundlosen Befristung mehr im öffentlichen Dienst und bei landeseigenen Unternehmen, Erzieher*innen und Sozialpädogog*innen im Landesdienst werden besser bezahlt. Das Schülerticket ist ab diesem Jahr in Berlin kostenfrei, was Eltern mit geringen Einkommen entlastet.

Die Jobcenter übernehmen höhere Mieten und die Kältehilfe für Obdachlose wurde erheblich ausgebaut. Das Sozialticket ist um fast ein Viertel billiger geworden und wir haben die Schuldner*innenberatung ausgebaut, die sich insbesondere darum kümmert, Strom- und Gasabschaltungen zu verhindern.

Der mutige Schutz von Mieterinnen und Mietern vor der Macht und den Renditeerwartungen der großen Immobilienkonzerne durch Mietendeckel und Enteignung von besonders rabiaten Aktiengesellschaften wird gerade in der ganzen Republik diskutiert.

In Bremen hat DIE LINKE im gerade vereinbarten Koalitionsvertrag eine Zurückdrängung von Hartz-IV-Sanktionen, den Rückkauf von Wohnraum und Belegrechte für Wohnraum durchgesetzt. Die medizinische Versorgung von Obdachlosen zu verbessern ist eine weitere Priorität. Im Bundesrat soll auf die Abschaffung von Sanktionen hingewirkt werden.

Ohne die kontinuierliche Oppositionsarbeit von DIE LINKE im Bund wäre das Thema Armut- und Armutsbekämpfung im Bundestag und damit in den überregionalen Medien gar nicht auf der Agenda gewesen. Da sind sich in ihrem Desinteresse nämlich Groko, AfD und FDP überaus einig.

Viele Grüße

Katja Kipping