Portrait von Katja Kipping
Katja Kipping
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Katja Kipping zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Rolf C. •

Frage an Katja Kipping von Rolf C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kipping,

derzeit beunruhigt ein spezielles Thema die Bürger wieder in ganz besonderem Maße, weil es heimlich, still und leise hinter ihrem Rücken von den politisch Verantwortlichen zur Entscheidungsreife gebracht worden ist. Ohne die Men-schen wegen seiner gewaltigen Tragweite offen und ehrlich zu informieren. Es geht um den sogenannten "Globalen Pakt für Migration", der am 10. Dezember d. J. in Marrakesch zur Unterzeichnung ansteht.

Was hat es damit auf sich? Man muss nicht Anhänger rechtspopulistischer Parteien sein, um berechtigte Sorgen und große Einwände dagegen vorbringen zu können. Viele ernst zu nehmende Historiker und Völkerrechtler sind der Meinung, dass dies über das Gewohnheitsrecht die Vorstufe eines später verbindlichen Rechtes werde, das den Na-tionen die souveräne Entscheidungsbefugnis in allen Fragen der Migration im eigenen Land nehme. Wo gehen die neuen Bestimmungen für Migranten und Aufnahmeländer gleichermaßen über die jetzt schon vorhandenen - und allem Anschein nach wohl auch noch ausreichenden - Regelungen eigentlich hinaus?

Dass die Länder der Dritten Welt dem Pakt gerne zustimmen, dürfte klar auf der Hand liegen. Die großen Migrationsbewegungen der Zukunft werden mit Sicherheit nicht in ihre Richtung erfolgen! Und warum findet darüber keine öffentliche Diskussion und Abstimmung in den dafür zuständigen staatlichen Parlamenten statt? Mit welchen überzeugenden Argumenten können Sie mir und Millionen von Mitbürgern diese Befürchtungen nehmen?

Besten Dank im Voraus für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
R. C.

Portrait von Katja Kipping
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Cadenbach,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Da derzeit alle möglichen Behauptungen und Spekulationen darüber im Umlauf sind, was Inhalt und Folge des „Globalen Pakts für sichere, geordnete und geregelte Migration“ (GCM) sind, bitte ich, sich den Vertragsentwurf zu Gemüte zu führen. Dann lässt sich auch konkret über Punkte diskutieren.

Die dort genannten Ziele reichen von einer besseren Datengrundlage über Migrationsprozesse bis hin zu einer Minimierung von Ursachen, die Menschen dazu zwingen, ihr Herkunftsland zu verlassen sowie der Durchsetzung von arbeitsrechtlichen Standards, um Ausbeutung und Lohndumping zu verhindern.
https://refugeesmigrants.un.org/sites/default/files/180711_final_draft_0.pdf

Viele der Befürchtungen, die von unterschiedlichen Berufspolitikern geschürt werden, kann ich insofern nur begrenzt nachvollziehen. Im Gegenteil: Es ist paradox, dass gerade solche Politiker, die am lautesten über die Gefahren unregulierter Migration und deren Folgen reden, mit Falschinformationen versuchen, eine internationale Verständigung über Standards im Umgang mit Migration zu torpedieren.

Die Behauptung, die Unterzeichnung des GCM sei eine Einschränkung der Souveränität, wird auch durch die vielfache Wiederholung nicht richtig. Es enthält keine Sanktionsmechnismen und es kann von den Unterzeichnern zudem ohnehin jederzeit wieder aufgekündigt werden.

Anders als Sie glauben, definiert der GCM nicht nur Standards und Ziele für Zielländer, sondern auch für Transit- und Herkunftsländer. Ebenfalls anders als Sie meinen, gibt es signifikante dauerhafte internationale Migration nicht nur in den globalen Norden. Die Zahl dauerhafter internationaler Migration in die OECD-Länder lag 2017 bei 5 Millionen. D.h. ein signifikanter Anteil der Migration findet zwischen Staaten des globalen Südens statt.

Nun zu Ihren konkreten Fragen:

Warum findet darüber keine öffentliche Diskussion und Abstimmung in den dafür zuständigen staatlichen Parlamenten statt?

Eine öffentliche Diskussion findet gerade sehr lebhaft statt. Dass wir hier miteinander schreiben, ist Teil und Folge dieser öffentlichen Diskussion. Eine Diskussion im Parlament fand erst letzte Woche statt, es gab zudem verschiedene Anfragen und Anträge zu dem Themenkomplex. Eine Delegation des Deutschen Bundestages war zudem bei der UN-Sitzung, bei der der GCM Thema war, in New York.

Zur Frage der Abstimmung: Welche internationalen Abkommen im Bundestag abgestimmt werden, regelt das Grundgesetz. Gerade weil der Vertrag nicht bindend ist, sieht das Grundgesetz keine Abstimmung vor.

Wo gehen die neuen Bestimmungen für Migranten und Aufnahmeländer gleichermaßen über die jetzt schon vorhandenen - und allem Anschein nach wohl auch noch ausreichenden - Regelungen eigentlich hinaus?

Das ist für jedes Aufnahme-, Herkunfts- und Transitland verschieden.

Mit welchen überzeugenden Argumenten kann ich Ihnen Ihre Befürchtungen nehmen?

Das ist letztlich eine von mir schwer zu beantwortende Frage. Da Sie vor allem Befürchtungen erwähnen, ohne aber zu sagen, worin diese genau bestehen, kann ich schwer einschätzen, welche Argumente Sie überzeugen.

Freundliche Grüße

Katja Kipping