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Katherina Reiche
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Frage von Ekkehard S. •

Frage an Katherina Reiche von Ekkehard S. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Frau Reiche,

bereits seit mehreren Legislaturperioden werden Projekte, die der Stärkung der Demokratie und der Bekämpfung sowie der Aufklärung über Gefahren durch extremistische Kräfte dienen sollen, durch den Bund finanziell unterstützt.

Leider wurden jedoch auch in den Jahren der Großen Regierungskoalition nahezu ausschließlich mit solchen Geldern Projekte gefördert, die dem Schwerpunkt Rechtsextremismus gewidmet waren.

Nun verdeutlichen jedoch die bereits seit Jahren hoffähige Verharmlosung der SED-Diktatur, die regelmäßige Leugnung des kommunistischen Unrechtes und die vermehrten Anschläge, deren Urheber im linksextremistischen Milieu vermutet werden, daß auch auf dem Gebiet des Linksextremismus dringender Handlungsbedarf besteht.

Deswegen möchte ich Sie fragen:

1. Werden die Unionsparteien nach der Bundestagswahl - die Regierungsmöglichkeit vorausgesetzt - Projekte gegen Rechts- und Linksextremismus sowie gegen politischen Islamismus in einer vergleichbaren Weise fördern? Oder soll die bisherige unterschiedliche Praxis beibehalten werden?

2. Welche Fördermöglichkeiten sehen Sie außerhalb der heutigen Bundes- und Landesprogramme für Projekte, die sich im speziellen der Aufklärung über linksextremistische Gefahren in der heutigen Gesellschaft widmen?

3. Wie bewerten Sie den Vorschlag der SPD, eine Bundesstiftung gegen Rechts einzurichten? Würden Sie einen solchen Schritt unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen

Ekkehard Schultz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schultz,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen vom 2.9.2009. Die Union wird im Falle einer Regierungsbeteiligung die bewährte Förderung von Programmen gegen Rechts- und Linksextremismus beibehalten. Die Einrichtung einer Bundesstiftung gegen Rechts halte ich nicht für zielführend, da die Bundesregierung seit 2005 eine Fülle von wirksamen Programmen gegen den Extremismus aufgelegt hat.

Die Bundesregierung hat zur Bekämpfung rechtsextremistischer Gewalttaten eine Vielzahl staatlicher Maßnahmen ergriffen. Neben dem Verbot rechtsextremistischer Organisationen haben einzelne Bundesministerien und nachgeordnete Behörden weitere Initiativen auf den Weg gebracht, mit denen sie Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus begegnen.
Dazu gehören u.a.:

1. "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt"

Am 23. Mai 2000 - dem Tag des Grundgesetzes - wurde das gemeinsam vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesministerium der Justiz initiierte "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt" ins Leben gerufen, das die Werte und Garantien des sozialen und demokratischen Rechtsstaates umsetzen und offensiv vertreten soll. Es bündelt alle Kräfte, die sich gegen fremdenfeindliche, rassistische und antisemitische Bestrebungen wenden. Über 1.300 zivilgesellschaftlich engagierte Gruppen oder Einzelpersonen haben sich bisher zur Mitarbeit bereiterklärt. Seit 2001 wurden über 3.600 Projekte und Maßnahmen für mehr demokratisches Verhalten, ziviles Engagement, Toleranz und Weltoffenheit mit über 154 Millionen Euro gefördert.

Seine besondere Bedeutung wird auch darin deutlich, dass wichtige Förderprogramme wie das Programm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" mit "Xenos - gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus", "CIVITAS - initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern" oder "entimon - Gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus" unter das Dach des Bündnisses gestellt wurden:

Aktionsprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus"

Seit 2001 findet unter dem Dach des bundesweiten "Bündnisses für Demokratie und Toleranz- gegen Extremismus und Gewalt" das Aktionsprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" statt. Bis zum Jahr 2006 werden dafür Mittel seitens des Bundes bereitgestellt. Mit diesem Aktionsprogramm will die Bundesregierung demokratisches Verhalten und ziviles Engagement insbesondere bei Jugendlichen stärken und Toleranz und Weltoffenheit fördern. Das Aktionsprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" besteht aus drei Teilen:

"XENOS - Leben und Arbeiten in Vielfalt"

Die Bundesregierung hat mit "XENOS - Leben und Arbeiten in Vielfalt" ein Programm entwickelt, mit dem Projekte gefördert werden können, die zum Aufbau gegenseitigen Verständnisses beitragen sowie das gemeinsame Lernen und Arbeiten von deutschen und ausländischen Jugendlichen und Erwachsenen unterstützen. Mit dem Programm sollen zivilgesellschaftliche Strukturen gestärkt und das friedliche Zusammenleben gefördert werden. XENOS setzt mit seiner Handlungsstrategie an der Schnittstelle zwischen Schule und Arbeitswelt an. Arbeitsmarktliche Qualifizierungsmaßnahmen werden gezielt mit Aktivitäten gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verknüpft. Zielgruppen sind insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene, die beim Zugang zu Ausbildungs- und Arbeitsplätzen und bei der schulischen und beruflichen Bildung benachteiligt sind. Bis 2006 stellt die Bundesregierung rund 75 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds bereit. Die Mittel müssen kofinanziert werden, zum Beispiel durch die Länder und die Kommunen oder auch durch Eigen- und/oder private Mittel. Für XENOS zeichnen das BMWA und das BMFSFJ verantwortlich.

"ENTIMON - Gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus"

Demokratische Kultur entsteht nicht von selbst und sie entwickelt sich nicht von allein weiter. Sie bedarf der stetigen Pflege und ist das Ergebnis andauernden bürgerschaftlichen Engagements und umsichtigen staatlichen Handelns. Von daher wurde im Rahmen des Aktionsprogramms der Programmteil "Maßnahmen gegen Gewalt und Rechtsextremismus" auf Grund der vorliegenden Erfahrungen und Ergebnisse ab 2002 unter dem neuen Namen "ENTIMON - Gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus" fortgeführt und weiterentwickelt. Aufgabe des Programms ist die Förderung von Maßnahmen zur Stärkung von Demokratie und Toleranz und zur Prävention und Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt. Einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung dieses Zieles sollen politische Bildungsmaßnahmen leisten. Dabei sollen modellhafte Projekte mit nachhaltigen Strukturen, die Beteiligungsprozesse in den Vordergrund stellen und Netzwerkcharakter haben bzw. entwickeln, eine besondere Berücksichtigung finden.

Für das Programm sind bis 2006 rund 64 Millionen Euro vorgesehen. Das Programm soll die Einübung in Toleranz fördern, Gewalt bekämpfen, die Bereitschaft fördern, sich für Aufgaben des Gemeinwesens zu engagieren, demokratisches Handeln und Zivilcourage fördern und unterstützen sowie eine verlässliche politische Grundbildung vermitteln.

"CIVITAS - initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern"

Maßnahmen zur Stärkung der demokratischen Kultur und zur Bekämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in den neuen Bundesländern werden unter dem Programmnamen "CIVITAS - initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern" durchgeführt. Ziel des Programms ist es, eine demokratische, gemeinwesenorientierte Kultur in den neuen Bundesländern einer Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen, die sich in Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ausdrückt, entgegenzusetzen. Die Arbeit soll menschenrechtsorientiert sein und die Perspektive der Opfer rechtsextremer Gewalt im Blick haben. Im Zentrum stehen dabei die Anerkennung, der Schutz und der Respekt gegenüber ethnischen, kulturellen und sozialen Minderheiten. Sowohl die Professionalisierung von Beratungsstrukturen als auch die Entwicklung und Anerkennung örtlicher zivilgesellschaftlicher Initiativen sind wichtige Elemente zur Stärkung der demokratischen Kultur und im Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Das Programm soll dazu beitragen, zivilgesellschaftliche Strukturen im Gemeinwesen in den neuen Bundesländern aufzubauen, zu stärken, zu vernetzen und modellhaft weiter zu entwickeln. Dafür ist bis zum Jahr 2006 eine Umsetzung durch das BMFSFJ in Höhe von rund 44 Mio. Euro geplant.

2. Forum gegen Rassismus

Der im "Europäischen Jahr gegen Rassismus" 1997 aufgenommene Dialog zwischen staatlichen Stellen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wird im nationalen deutschen Folgegremium "Forum gegen Rassismus" fortgesetzt und weiterentwickelt. Im März 1998 hat sich dieses Gremium konstituiert und umfasst mittlerweile rund 80 Organisationen, darunter 50 bundesweit beziehungsweise überregional tätige Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Überwindung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt einsetzen. Es fungiert auch als "Nationaler runder Tisch" im Sinn der Grundsätze der "Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" (EBRF) in Wien.

3. Hotlines gegen Rechtsextremismus und für Aussteiger

Bundesinnenminister Otto Schily hat eine BGS-Hotline gegen Rechtsextremismus einrichten lassen. Die Hotline ist seit dem 1.September 2000 bundesweit unter der Rufnummer 01805-234566 geschaltet. Hier können alle Bürgerinnen und Bürger Beobachtungen über rechtsextremistische Aktivitäten, Bedrohungen und Gewalttaten im Bereich von Bahnhöfen und in Bahnen an den Bundesgrenzschutz (BGS) melden. Über die Hotline erreichen die Anrufer direkt die nächstgelegene BGS-Dienststelle, die unverzüglich die notwendigen Sicherungs- und Überprüfungsmaßnahmen des BGS in die Wege leitet.

Seit 2001 hat das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Hotline für "Aussteiger" eingerichtet (Rufnummer 0221-79262). Seit bestehen der Hotline sind über 930 Anrufe eingegangen. Mehr als 220 der Anrufer waren potenziell ausstiegswillig. Rund 90 Personen sind oder waren in zum Teil intensiver Bertreuung. Zahlreiche Fälle konnten zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Katherina Reiche