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Karin Roth
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Frage von Jochen L. •

Frage an Karin Roth von Jochen L. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo Fau Roth,

Eins vorweg,es geht mir bei meiner Frage nicht um mein Geld, sondern um die Art wie wir auch weiterhin gedeihlich in diesem Land zusammenleben können. Das wir Steuern, KV, RV, etc. bezahlen halte ich für sinnvoll, aber mich befremdet die Art wie offensichtlich fehlgeleitet und ohne erkennbare Struktur damit umgegangen wird.

Bitte erklären Sie mir in einfachen Worten, warum es in der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich ist ein nachhaltiges Rentenmodell auf die Beine zustellen? Warum kochen soviele Berufsgruppen ihr eigenes (Renten-)Süppchen,z.B. Rechtsanwälte,Ärzte, Architekten?
Welchen Sinn hat die Beitragsbemessunsgrenze (außer dem sich erschließenden, daß sie völlig willkürlich und unsolidarisch ist)? Warum gelingt es uns nicht, alle, mit allen Einnahmen, die sie erzielen, an dem umlagefinanzierten Rentensystem zu beteiligen, statt die immer weniger werdenen Arbeitnehmer quasi im Alleingang für die Renten aufkommen zu lassen, und den Menschen auch noch Angst vor der Zukunft zu machen.
Sie werden einwenden, daß ich kein Finanzexperte bin. Das gebe ich gerne zu, aber ich erlaube mir meine eigenen Gedanken zu machen und ich sehe, daß so ein System der kompletten Besteuerung aller Einnahmen , auch Zinsen, Mieten etc. in der Schweiz sehr wohl funktioniert.

Ich bin neugierig von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen J. Lutz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lutz,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 4. Oktober.

Der SPD-Parteivorstand hat im September einen Entwurf eines Rentenkonzeptes verabschiedet. Das Konzept mit dem Titel „Altersarmut bekämpfen. Lebensleistung honorieren. Flexible Übergänge in die Rente schaffen“ sieht eine Stärkung der Betriebsrenten sowie die Einführung einer Mindestrente von 850 Euro monatlich für langjährig Beschäftigte und Versicherte vor. Auch Geringverdiener und Beschäftigte mit langer Arbeitslosigkeit sollen diese Grundsicherung erhalten, der Fehlbetrag soll aus Steuermitteln finanziert werden. Sie finden es im Internet unter http://www.spd.de/linkableblob/75974/data/20120911_entwurf_rentenkonzept.pdf .

Die Diskussion über das Rentenkonzept der SPD ist noch nicht abgeschlossen. Noch in diesem Herbst soll auf einem Außerordentlichen Parteitag darüber diskutiert und abgestimmt werden. Vielen Dank für Ihre Anregungen, die sicher in der Debatte ebenfalls Berücksichtigung finden werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten freuen uns, wenn uns Anregungen und Überlegungen von Bürgern mitgeteilt werden. Aus diesem Grund hat die SPD auch einen Bürgerdialog ins Leben gerufen. Sehr geehrter Herr Lutz, gerne können Sie sich mit Ihren Argumenten direkt daran beteiligen unter http://www.spd.de/buergerdialog/.

Zu Ihrer Information sende ich Ihnen gerne noch die Resolution der SPD-Baden-Württemberg vom 29. September zur Rentenpolitik zu, in der wir langfristig eine Erwerbstätigenrente, wie Sie sie vorschlagen, fordern.

„Die SPD Baden-Württemberg begrüßt den Beschluss des SPD-Parteivorstandes vom 24. September 2012 zur Rentenpolitik - insbesondere die Vorschläge zur Bekämpfung der Erwerbsarmut, die Verbesserung der gleitenden Übergänge ins Rentenalter, den abschlagsfreien Zugang zur Rente nach 45 Versicherungsjahren und die steuerfinanzierte Solidarrente, die Lebensleistung anerkennt. Für viele Menschen wird dies zur Steigerung des Rentenniveaus führen. Beispielsweise sorgt die Solidarrente für eine Rentensteigerung vor allem für viele Frauen.
Festzuhalten bleibt für uns aber auch, dass die gesetzliche Rente vor allem die Erwerbsbiografie widerspiegelt. Genau deshalb müssen wir am Ziel einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen - u. a. durch Ausbau von Kinderbetreuung und mehr Ganztagesschulen - festhalten, denn auch dies verbessert das Rentenniveau. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass die rentenpolitischen Beschlüsse der SPD auf Bundesebene Gültigkeit haben - insbesondere zur Frage des Renteneintrittsalters, dazu gehört das Aussetzen der Rente bis 67 solange die Erwerbsbeteiligung der über 55jährigen unter fünfzig Prozent liegt.
Die SPD Baden-Württemberg wird sich im Vorfeld des SPD-Parteikonvents am 24. November 2012 in einer Sondersitzung des Landesvorstandes, die von der Unterarbeitsgruppe Rente des Fachbeirats Arbeit, Gesundheit, Soziales des Landesverbandes vorbereitet wird, ausführlich mit der Rentenpolitik und den demografischen Annahmen auseinandersetzen. Lange Erwerbsbiografien führen nicht automatisch zu einer angemessenen Rentenhöhe. Deshalb gibt es aus der Sicht der SPD Baden-Württemberg eine Reihe von offenen Fragen, die wir bis zum Parteikonvent weiter konkretisieren werden:

Rentenansprüche
Die Rentenhöhe soll das Erwerbsleben widerspiegeln. Wo Erwerbsarbeit nicht zu einer auskömmlichen Rente reicht, ist aus Steuermitteln nachzusteuern. Vorher muss mit ordentlichen Tarifentgelten, mit Mindestlöhnen, mit Rahmenbedingungen für Erwerbsarbeit die Grundlage zum Erwerb von ordentlichen individuellen Rentenansprüchen geschaffen werden, insbesondere auch durch das Durchsetzen des Prinzips gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit.

Rentenkürzungen
Das Rentenniveau schlussendlich auf nur noch 43 Prozent abfallen zu lassen (aktuell unterste gesetzliche Haltelinie), konterkariert alle Bemühungen, die zur Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen. Diese Entwicklung ist deshalb zu stoppen. Die in den vergangenen zehn Jahren mit der ergänzenden privaten Altersvorsorge gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass damit – insbesondere für Arbeitnehmer/innen mit niedrigen Löhnen – die Absenkung des Rentenniveaus nicht kompensiert werden kann. Die staatliche Förderung solcher Produkte ist deshalb zu überprüfen und die damit verbundene Dämpfung der Rentenanpassungen entsprechend anzupassen. Abgeschlossene Verträge sind von zukünftigen Änderungen nicht betroffen. Wir streben ein Rentenniveau von 48-50 Prozent an.

Erwerbsminderungsrenten
Der Zugang zu Erwerbsminderungsrenten ist zu erleichtern. Insbesondere leistungsgeminderte ältere Arbeitnehmer/innen, die nur noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts zu verrichten vermögen, finden meist keinen entsprechenden Arbeitsplatz mehr. Sie dürfen, wenn eine Arbeitsvermittlung nicht mehr gelingt, nicht in andere Sozialleistungen abgedrängt werden.

Frauenrenten
Die rentenrechtliche Aufwertung von Niedrigverdiensten ist zu entfristen. Wir wollen weitere Schritte für ein höheres Rentenniveau insbesondere von Frauen prüfen, wie beispielsweise drei Rentenpunkte für jedes Kind, auch die vor 1992 Geborenen wurden.

Betriebsrenten
Betriebsrenten sind zu stärken und dürfen zukünftig nicht zu einem verminderten Rentenniveau führen. Arbeitgeber sind verpflichtet ihren Beschäftigten eine Betriebsrente anzubieten, die mindestens paritätisch finanziert ist.

Rentenzugänge ab 2014?
Aufwertungen von Ansprüchen dürfen nicht erst die Rentenzugänge ab 2014 im Blick haben. Es gibt auch heute Altersarmut.

Ausblick
Langfristig muss in der Rente die Erwerbstätigenversicherung eingeführt werden, mit ersten Umsetzungen beginnen wir in der Regierung ab 2013.“

Mit freundlichen Grüßen
Karin Roth MdB