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Karin Evers-Meyer
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Frage von Marco T. •

Frage an Karin Evers-Meyer von Marco T. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Evers-Meyer,

Justizminister Maas hat einen Entwurf zu einem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz vorgelegt, mit dem er "Compliance Regeln für soziale Netzwerke einführen" will. Die Betreiber von sozialen Netzwerken sollen verpflichtet werden, vermeintlich rechtswidrige Inhalte binnen kurzer Fristen zu löschen, andernfalls drohen Bußgelder in Millionenhöhe. Viele Kritiker lehnen diesen Gesetzesentwurf ab, befürchten sie doch eine Einschränkung des freien Meinungsaustausches. Es ist zu erwarten, dass die Betreiber von sozialen Netzwerken im Zweifel über die Rechtswidrigkeit von Inhalten aus Furcht vor Geldbußen eher zum Mittel der Löschung greifen werden. Wahrscheinlich wird häufig ein Computer auf Grund eines Algorithmus entscheiden, ob eine Meinungsäußerung gelöscht werde. Satire, Ironie, Zuspitzung - all dies würde in Zukunft häufig der Zensur zum Opfer fallen.
Wie stehen Sie zu dieser Kritik?
Haben Sie vor, diesem Gesetzesprojekt mit seiner aktuellen Stoßrichtung zuzustimmen?
Falls Sie beabsichtigen, dem Gesetzesprojekt zuzustimmen: Warum sind Sie der Auffassung, dass die derzeitige Gesetzeslage mit den Regelungen des StGB zu u.a. übler Nachrede, Beleidigung und Volksverhetzung aus Ihrer Sicht nicht ausreicht?

Mit freundlichem Gruß

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Taedcke,

ich danke Ihnen für Ihr Schreiben zum Thema Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Der gesellschaftliche Diskurs im Netz und insbesondere in den sozialen Netzwerken hat sich stark verändert. Phänomene wie zum Beispiel Fake News haben stark zugenommen. Gezielte strafbare Falschmeldungen, Propaganda und Hassrede, die nicht effektiv bekämpft und verfolgt werden können, bergen eine große Gefahr für unsere freie, offene und demokratische Gesellschaft. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ein digitales Umfeld zu schaffen, in dem diese Dinge keinen Platz haben. Darum wollen wir mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz dafür sorgen, dass Unternehmen sich ihrem gesellschaftlichen Anteil an Verantwortung nicht entziehen.

Selbstverständlich haben wir die geäußerte Kritik an diesem Gesetz sehr ernst genommen. Darum wurde das Gesetz auch nochmal an einigen Stellen verbessert. Mit diesem Gesetz schaffen wir keine neuen Straftatbestände und auch keine neue Löschverpflichtung für soziale Netzwerke. Es hat sich in der Vergangenheit aber gezeigt, dass die bisherigen Instrumentarien und die zugesagten Selbstverpflichtungen nicht ausreichend greifen und dass es erhebliche Probleme bei der Durchsetzung des geltenden Rechts gibt. Darum schaffen wir mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz einen erweiterten Ordnungsrahmen für soziale Netzwerke und stellen klar, dass Betreiber sozialer Netzwerke ein effektives Beschwerdemanagement vorhalten müssen, um ihren bereits heute bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen besser nachkommen zu können. Mir ist besonders wichtig nochmal darauf hinzuweisen, dass es uns mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz um die Durchsetzung des geltenden Rechts und um die Verfolgung von Rechtsverletzungen – auch in den sozialen Netzwerken – geht und nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit oder um Zensur.

Am Ende dürfen wir es nicht den privaten Unternehmen überlassen, darüber zu entscheiden, was noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und wo diese endet. Die durch das Grundgesetz definierten Schranken und die höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Abwägung von Meinungsfreiheit und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte müssen auch der Maßstab für die Beurteilung von Aussagen in den sozialen Netzwerken sein. Darum muss es auch möglich sein, Entscheidungen der Plattformanbieter juristisch überprüfen zu lassen und gegen diese Entscheidungen im Zweifel vorzugehen.

Der SPD ist klar, dass dieses Gesetz nur gesellschaftliche Akzeptanz gewinnen kann, wenn die Sorgen vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit zweifelsfrei ausgeräumt werden. Denn das Recht auf Meinungsfreiheit ist in einer Demokratie ein hohes, schützenswertes Gut. Klar ist aber auch, die Meinungsfreiheit endet dort, wo strafbare Hetze und Verleumdung beginnt. Auch wir haben selbstverständlich ein Interesse daran, dass auch in Zukunft Satire, Ironie und Zuspitzung als stilistische Mittel unsere Debattenkultur bereichern. Wenn aber – egal ob online oder offline – die Würde von Menschen angegriffen oder diese diffamiert werden, muss entschieden widersprochen und gehandelt werden. Aus diesem Grund denke ich, dass wir mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz die richtigen Maßstäbe setzen und den sozialen Netzwerken klare Regeln an die Hand geben und gleichzeitig die Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Karin Evers-Meyer