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Kai Wegner
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Frage von Edvard von H. •

Frage an Kai Wegner von Edvard von H. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Wegner,

mir als Wissenschaftler und meiner Familie ist unter anderen ein Thema wichtig: ein säkulärer Staat. Faktisch haben wir einen solchen aber nicht. Nun steckt die Religion schon im Namen ihrer Partei, aber manche Leute treten nicht in eine konservative Partei ein um die aktuellen Bedingungen zu konservieren, sondern weil sie an eine Position gewählt mehr erreichen können als Wahlverlierer in Splitterparteien. Weil ich versuche in jedem Menschen das beste zu sehen, frage ich also trotzdem.

Aus meiner Sicht gibt es das argumentum ad antiquitatem, wobei Tradition in meinen Kreisen das bekannt schwächste Argument ist. Ich möchte zur Sicherheit auch klarstellen, dass Werte und Religion hier nicht vermischt werden dürfen und ich Religion im Privaten sicher nicht unterstütze aber auf jeden Fall toleriere.

Ich wünsche mir also als Beispiel nicht, dass die Regierung Weihnachten abschafft oder es Politikern verboten wird privat Weihnachten zu feiern, aber die Weihnachtsansprache unseres Staatsoberhauptes finde ich anmaßend und das Verbot am Karfreitag zu tanzen oder Filme aufzuführen die nicht zur Volkstrauer passen lässt mich meine Haare raufen. Berlin ist da fast noch liberal ggü Baden-Würtemberg mit 15 Tagen Tanzverbot im Jahr, wobei das Tanzverbot ja auch Filmaufführungen, Gastronomie und ähnliches reguliert. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Tanzverbot )

All dies passt nicht zu einem Aufgeklärten Staat. Warum ist Ihrer Partei eine CHRISTLICHE Wertevermittlung so wichtig, dass sie sich über den säkularen Staat hinwegsetzt, wo Werte doch auch rein humanistisch angesprochen werden können?

Statt der Parteilinie würde ich am liebsten ihre persönliche Meinung dazu lesen.

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Sehr geehrter Herr von Helgen,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 30. August 2013 nach dem Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland und den Grundlagen der Wertevermittlung in unserer Gesellschaft.

Das Grundgesetz steht nach seiner Präambel unter der Überschrift der „Verantwortung vor Gott und den Menschen". Das Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland beruht auf einer langen und gesellschaftlich tief verwurzelten Tradition. In Deutschland gibt es eine wohlwollende Neutralität des Staates gegenüber den Kirchen, doch keine rigorose Trennung. Kirchen und Staat sind autonom und unabhängig voneinander. Aber: Sie wirken partnerschaftlich zusammen. Die Kirchen hatten und haben große Bedeutung für unser Gemeinwesen. Unser Staat, unser Grundgesetz, unsere ganze Gesellschaft beruhen zu einem großen Teil auf christlichem Gedankengut und der jüdisch-christlichen Wertetradition. Dazu gehören zum Beispiel auch der von Ihnen kritisierte Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe und unsere über viele Jahrhunderte gewachsene Festtagskultur.

Sicherlich lassen sich Werte, die für das friedliche und gedeihliche Zusammenleben einer Gesellschaft unerlässlich sind, auch ohne religiöse Bezugnahme begründen. In der Praxis ist es aber so, dass die so genannten Konfessionsfreien nicht für eine einheitliche Werteposition stehen. Um bei grundlegenden gesellschaftlichen Werten die notwendige Kohärenz sicherzustellen, ist somit der Bezug auf die jüdisch-christlichen Wertetradition nach meinem Dafürhalten unerlässlich. Hierin sind die Werte der europäischen Aufklärung selbstverständlich inkorporiert, so dass niemand Sorge vor einem unangemessenen Einfluss der Religion auf politische Entscheidungen haben muss. Zudem garantiert unser Grundgesetz auf individueller Ebene neben der positiven auch die negative Religionsfreiheit: die Freiheit, einen Glauben /nicht/ haben zu müssen, ein religiöses Bekenntnis /nicht/ abgeben zu müssen und religiöse Äußerungsformen und Riten /nicht/ vollziehen und /nicht/ an ihnen teilnehmen zu müssen.

Mit den besten Grüßen

Kai Wegner

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