Kai Boeddinghaus
DIE LINKE
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Frage von Martin G. •

Frage an Kai Boeddinghaus von Martin G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Boeddinghaus!

Im Hinblick auf die anstehende Land- und Bundestagswahl bin ich noch nicht entschieden und noch auf der Suche, welche Partei meine Sorgen am ehesten ernst nimmt und eine Politik in meinem Sinne verfolgt.
Sorgen und Ärger machen mir die permanenten Rechtsbrüche in der Eurofrage. Im Maastricht-Vertrag steht klipp und klar, dass kein Land für die Schulden eines anderen Landes haften darf. Dies wurde durch den EFSF und den ESM ausgehebelt.
Die Euro-Rettungspolitik hat zu einer Zwietracht unter den Ländern Europas geführt, wie man sie seit Ende des Krieges nicht für möglich gehalten hätte.
Wir wollen Sie / Ihre Partei dem entgegensteuern?
Werden Sie als Mitglied des 18. Deutschen Bundestages weiteren Paketen für Bankenrettungen zustimmen, meine Steuergelder in ein Fass ohne Boden schütten und damit gleichzeitig die wirtschaftliche und soziale Katastrophe der Nehmerländer anheizen?

Für eine Antwort bin ich Ihnen dankbar.

Mit freundlichem Gruß,
Martin Glauert

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Glauert,

dass es auf Ihre Frage keine einfache Antwort gibt, darüber sind wir uns also einig.

Fangen wir bei etwas leichtem an. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag war bisher die einzige, die die sogenannten Rettungspakete abgelehnt hat. Ich hätte mich genauso verhalten. Allerdings darf dies nicht als mangelnde Solidarität oder mangelnde Bereitschaft zur Solidarität verstanden werden. Erstens haben Deutschland und die Gremien der EU erhebliche Mitverantwortung an der hohen Verschuldung der jetzt in Not geratenen Länder. Mit dem Beitritt wurden den dortigen Regierungen auch noch für das sinnloseste Infrastrukturprojekt, an dem unsere Exportwirtschaft im Zweifel munter mitverdiente, billige Kredite hintergeworfen. Da auch unsere Politik für Wahlwerbung mit Hilfe von unsinnigen Megaprojekten anfällig ist (in unserer Region z.B. ein Flughafen) ist es unsinnig, die Verantwortung hierfür lediglich Griechenland, Spanien oder Portugal in die Schuhe zu schieben. Nicht vergessen will ich hier auch die massive Aufrüstung Griechenlands, an der wir Deutschen prächtig verdient haben.

Ich stehe also ausdrücklich ggf. für Solidarbeiträge für diese Länder aus aufgrund eine klaren Mitverantwortung. Dies gilt umso mehr, als offensichtlich ist, dass die enorme Exportstärke unserer Wirtschaft, die wir uns durch inländisches Lohndumping erkauft haben, ebenfalls andere Ökonomien in Not bringt. Wenn einer massiv mehr exportiert als der andere, muss das zwangsläufig dazu führen, dass in den Importländern mit dem Handelsbilanzdefizit auch die Verschuldung wächst. Das ist Mathematik. Da wir unsere Exportwirtschaft zum Europäischen Geschäftsmodell erhoben haben, dürfen wir nicht so tun, als hätten wir mit den Konsequenzen nichts zu tun.

Solange aber die geschnürte Hilfspakete vor allem dazu dienen, die Banken in ganz Europa und ausländische Gläubiger zu befriedigen und nur ein Bruchteil der Mittel in den betroffenen Ländern ankommt ist DIE LINKE nicht dabei und das ist auch meine Position.

Wir müssen ganz konkret bei uns die Binnennachfrage (durch höhere Löhne/Mindestlohn, weniger Zeitarbeit, Stop des Mißbrauchs von Werkverträgen, höhere Renten) fördern und damit unsere Exportabhängigkeit verringern. damit helfen wir ganz konkret auch den Ökonomien anderer europäischer Länder.

Um aber es auch ganz deutlich zu sagen: wenn die Hilfe echte Hilfe ist, würde ich zustimmen. Und zur Klarstellung auch dies: wenn wir Mitverantwortung tragen, dass sich diese Länder so masslos Verschuldet haben (und ich sehe diese Mitverantwortung), dann sind deren Schulden auch zumindest in Teilen unsere Schulden.

Mit freundlichen Grüßen

Kai Boeddinghaus