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Julia Schramm
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Frage von Christian G. •

Frage an Julia Schramm von Christian G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schramm,
ich bin Wähler in Ihrem Stimmbezirk und interessiere mich dafür, welche politische Linie Sie bezüglich des Nichtraucherschutzes in NRW im Landesparlament vertreten werden.

Das Nichtraucherschutzgesetz (NiSchG NRW) ist Anfang 2008 in Kraft getreten. Wenig später haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts in ihrem Urteil (BVerfG, 1 BvR 3262/07 vom 30.7.2008) entschieden, dass es rechtmäßig sei, ein striktes Rauchverbot für alle Lokale zu erlassen. Wenn hingegen, so die Richter, Ausnahmen gestattet werden (wie z.B. das Rauchen in separaten Räumen), so müssen Ausnahmen vom Rauchverbot auch für ganze Betriebe möglich sein, die sonst unzulässig benachteiligt werden. Im Zuge dieses Urteils wurde das NiSchG NRW, das bereits zahlreiche Ausnahmen beinhaltete, im Jahr 2009 novelliert und zusätzlich sogenannte Rauchergaststätten offiziell als Ausnahmen anerkannt. Die Interessensvertretung des Gastgewerbes (DEHOGA) nennt auf ihrer Webseite das NiSchG NRW "das liberalste Rauchverbotsgesetz Deutschlands".

Im Saarland wurde Anfang 2010 mit Stimmen der FDP, CDU und Grünen ein Nichtraucherschutzgesetz erlassen, das ein generelles Rauchverbot vorsieht. Es enthält zeitlich befristete Ausnahmen für Gaststätten, in denen durch bauliche Veränderungen ein Raucherraum eingerichtet wurde.

In Bayern setzt sich eine Bürgerinitiative gegen die Aufweichung des Nichtraucherschutzes ein. Ein entsprechendes Volksbegehren übertraf deutlich (1.2 Millionen) die benötigte Unterschriftenanzahl. Der sich anschließende Volksentscheid ist für Juli 2010 terminiert.

Wie schätzen Sie die Situation des Nichtraucherschutzes in NRW ein? Werden Sie sich für eine Novellierung des NiSchG NRW einsetzen, um ein generelles Rauchverbot in Gaststätten zu erreichen? Falls nein, warum benötigen Bürger und Angestellte einen umfassenderen Nichtraucherschutz im Saarland als in NRW?

Ihre Antworten werden mir und vielen anderen Wählern die Wahlentscheidung erleichtern. Vielen Dank!

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Geier,

erstmal Danke, dass sie diese Plattform nutzen, um sich eine Meinung zur Wahl zu bilden! Sie sprechen hier gleich mehrere Themenkomplexe an, die für mich und die Piratenpartei relevant sind.

Doch zunächst möchte ich ihnen zustimmen, dass das Nichtraucherschutzgesetz absurde Züge angenommen hat. Offiziell gilt der Nichtraucherschutz als umgesetzt, doch verhindern so genannte "Raucherclubs" dies. Obwohl ich rauchfreie Kneipen unterstütze und gut heiße, fühle ich mich persönlich von Rauch nicht stark gestört, finde jedoch die Tatsache in einem Cafe oder einer Kneipe einen Mitgliedsantrag auszufüllen, der mich an der "ständig stattfindenden Hauptversammlung" der betreffenden Kneipe teilnehmen lässt wahnwitzig! Auch unter Datenschutzaspekten ist dies äußerst zweifelhaft.

Doch lassen sie mich dazu ein paar Gedanken äußern, da die Piratenpartei bisher keine feste Position dazu erarbeitet hat. Grundsätzlich sind wir liberal, konservative Freunde des Grundgesetz und sozial-marktwirtschaftlich orientiert, so dass ich persönlich in einem generellen Rauchverbot in allen Kneipe eine Einschränkung der Berufsfreiheit des Gastwirts sehe. Man könnte nun argumentieren, dass die Berufsfreiheit durch Rauch für die Angestellten eingeschränkt wird, doch an dieser Stelle möchte ich glatt provozierend fragen: Wer zwingt sie in einer Kneipe zu arbeiten? Oder in zweiter Instanz: Wer zwingt sie in eine Kneipe zu gehen?

Auf der anderen Seite sprechen sie einen generell wichtigen und in diesem Fall höchst interessanten Aspekt an: Volksabstimmungen bzw. Bürgerbegehren. Direktdemokratische Elemente müssen stärkeren Einfluss und eine höhere Bindekraft für die Politik und Gesetze haben! Wünschen die Menschen in Nordrhein-Westfalen ein umfassendes Rauchverbot in Kneipen, so muss man sich dem beugen - das steht für mich außer Frage, selbst wenn ich persönlich eine liberalere Meinung diesbezüglich haben sollte!

Außerdem frage ich mich: Wer hat an diesem Gesetz mitgeschrieben? Wie sie richtig sagen, ist das Gesetz de facto unbrauchbar, so dass man stark vermuten muss, dass Interessengruppen die Aufweichung des intendierten Schutzes vorangetrieben haben. Das ist jedoch exakt der Kern des Problems: Die Politik versucht ein Gesetz zu verabschieden und die (auch mal negativ) betroffenen Interessengruppen versuchen es unwirksam zu biegen, Schlupflöcher einzubauen, etc. Deswegen fordert die Piratenpartei auch ein gesetzlich verankertes Einflussverbot von nicht gewählten Interessenvertretern und transparente, nachvollziehbare Gesetzgebungsvorgänge.

Ich weiß, dass sie meine Antwort vielleicht enttäuschen wird und dazu führen kann, dass sie am Sonntag eher einen Vertreter für NRW wählen, der ihnen hoch und heilig verspricht ein Rauchverbot in Kneipen endlich vollständig umzusetzen. Aber ich werde meine persönliche Meinung nicht verheimlichen, nur um ihnen einen Änderhaken für der Piratenpartei zu entlocken!

Ich setze mich kompromisslos dafür ein, dass solche Themen das Volk entscheiden kann - mehr kann ich ihnen nicht anbieten!

Mit freundlichen Grüßen,
Julia Schramm