Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD
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Frage von Rainer S. •

Frage an Josip Juratovic von Rainer S.

Sehr geehrter Herr Juratovic,

Sie haben bei der Abstimmung für die Einführung einer PKW Maut gestimmt, sind Sie dabei Ihrer eigenen Überzeugung gefolgt, oder nur einer Verpflichtung gegenüber dem Koalitionspartner? Wie beurteilen Sie persönlich die Chancen des Mautgesetzes, von der Europäischen Union anerkannt zu werden, und wie hoch schätzen Sie den Nutzen dieser PKW Maut? Wäre es nicht sinnvoller streckenabhängige Mautgebühren von allen zu verlangen oder ganz darauf zu verzichten. Was halten Sie von europaweit einheitlichen Regelungen?

Ich freue mich auf Ihre Antworten,
mit freundlichen Grüssen
Rainer Schwab

Josip Juratovic MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schwab,

vielen Dank für Ihren Brief vom 2. April 2017, in dem Sie mir einige Fragen zur Mkw-Maut gestellt haben. Hiermit werde ich sie Ihnen gerne beantworten.

Der Deutsche Bundestag stimmte am 31. März 2017 über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes sowie den Entwurf eines Verkehrssteueränderungsgesetzes mit großer Mehrheit ab. Der Bundesrat hat das Gesetz zur Einführung der Pkw-Maut ebenso am 31. März 2017 gebilligt.

In meiner Erklärung zur Abstimmung gem. §31 GOBT der Abgeordneten zur namentlichen Abstimmung über das Erste Gesetz zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes, habe ich bekundet, dass die Pkw-Maut kein Herzensanliegen der SPD war, sondern das einzige wirkliche Wunschprojekt der CSU. Im Zuge der umfangreichen und intensiven parlamentarischen Beratungen war es der SPD bereits vor Inkrafttreten des Infrastrukturabgabegesetzes am 8. Juni 2015 gelungen, den ursprünglichen Gesetzentwurf entschieden zu verbessern. Das im September 2015 eröffnete Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland hat die EU-Kommission daher erstmal auf Eis gelegt.

Der Koalitionsvertrag wird Wort für Wort umgesetzt. Die Bundesminister Wolfgang Schäuble und Alexander Dobrindt haben uns versichert, dass unsere drei Bedingungen – die Europarechtskonformität, der substanzielle Beitrag sowie keine Mehrbelastung für deutsche Pkw-Halterinnen und -Halter – eingehalten werden. Die bereits 2015 beschlossenen Gesetze sehen eine Staffelung der Mautsätze nach dem Hubraum sowie den Umwelteigenschaften der Fahrzeuge vor. Zudem bleiben die Bundesstraßen ausgenommen, ihre Benutzung ist für ausländische Pkw frei, um die Auswirkungen für die Grenzregionen zu reduzieren. Diese Verbesserung haben wir in den ursprünglichen Gesetzentwurf des Bundesverkehrsministeriums bereits 2015 hineinverhandelt. Und was die Forderung des Koalitionsvertrages angeht, keine deutschen Pkw-Halterinnen und -Halter einer zusätzlichen finanziellen Belastung auszusetzen, so soll laut dem Verkehrssteueränderungsgesetz die Entlastung über die Kfz-Steuer im Vergleich zum Entwurf vor zwei Jahren sogar noch einmal steigen.

Wir haben weiterhin Bedenken, was die Kosten für den bürokratischen Aufwand und die gesicherten Einnahmen angeht. Der Bundesverkehrsminister hat versichert, dass er keine Veranlassung sieht, die prognostizierten Einnahmen in Höhe von mindestens 520 Millionen – vielleicht sogar 600 Millionen - zu bezweifeln. Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) hat meiner Fraktion schriftlich bestätigt, dass er keine Zweifel an den Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums hat und die Pkw-Maut dem Bund tatsächlich substanzielle Mehreinnahmen bringt. Sollten sich die Minister wieder irren und wir im Rahmen der von uns durchgesetzten Evaluierung der Auswirkungen des Gesetzes feststellen, dass sich die Erhebung der Infrastrukturabgabe nachteilig auf Grenzregionen auswirkt, so wird die nächste Legislaturperiode Gelegenheit geben, ihre Fehler zu korrigieren.

Sie sprechen in Ihrem Brief Alternativmodelle an. Dazu kann ich sagen, dass die EU-Kommission einen Vorschlag zur einheitlichen Mautsystem in Europa bereits plant. Über solche Möglichkeiten sollte nachgedacht werden. Dass dieser Gedanke angestoßen wurde, ist sicherlich auch eine positive Konsequenz der deutschen Maut-Debatte.

Ich habe trotz weiterhin bestehender Fragen und Bedenken den Gesetzentwürfen zugestimmt, weil die SPD-Bundestagsfraktion 2013 in den Koalitionsverhandlungen ein Gesamtpaket verhandelt hat, das mehrheitlich sozialdemokratische Kernforderungen beinhaltet, aber auch unter Bedingungen die Einführung einer Pkw-Maut umfasst. Für die Zustimmung zur Maut hat die SPD ihre wichtigsten Vorhaben durchsetzen können: vom Mindestlohn über die Frauenquote, die Mietpreisbremse bis zum Lohngerechtigkeitsgesetz. Das ist es wert!

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen somit beantworten konnte und verbleibe mit besten Grüßen.

Josip Juratovic

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