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Josef Winkler
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Frage von Hartmut L. •

Frage an Josef Winkler von Hartmut L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Winkler,

ich bin Betriebsratsvorsitzender in der Elisabeth-Stiftung des DRK in Birkenfeld/Hunsrück
(www.el-stift.de). Zu unserer Einrichtung gehören ein Akutkrankenhaus mit 146 Planbetten, ein Berufsförderungswerk für 600 Rehabilitanden als Einrichtung der Ultima Ratio in Sachen beruflicher Reintegration, Födermaßnahmen für ca. 200 Jugendliche, davon 60 mit Internatsunterbringung, ein Seniorenheim mit 60 Plätzen sowie eine Sozialfachschule – Altenpflege und Ergotherapie mit 165 Plätzen.

Die Arbeit wird von rund 600 Beschäftigten geleistet, womit die Stiftung in der Kleinstadt Birkenfeld im strukturschwachen Hunsrück der größte Arbeitgeber ist.

Seit geraumer Zeit geraten wir immer stärker unter Druck. Gedeckelte Krankenhausbudgets, vollkommen veränderte Politik der BA, einhergehend mit drastischer Mitteleinsparung im Reha-Bereich und im Bereich Jugendliche, Unterfinanzierung der Altenpflege und nun seit einiger Zeit auch noch ein gedeckeltes Reha-Budget der DRV, die bislang im BFW unser Hauptbeschicker war.

Viele schmerzhafte Anpassungen wurden in den vergangenen 10 Jahren vorgenommen, wie freiwillige 40-Stunden-Woche, in weiten Teilen Ausstieg aus der tariflichen Bezahlung und damit Verzicht auf tarifliche Steigerungen, die Gründung eines eigenen Personalservice-Unternehmens, um an den Gehältern und den ZVK-Beiträgen zu sparen, dazu eine enorme Arbeitsverdichtung und dennoch sind wir in anhaltender Schieflage. – Die Zumutbarkeitsgrenze ist für viele schon überschritten, wir merken es auch der Zunahme der Erkrankungen!

Wir brauchen dringende Hilfe von Außerhalb, damit hier nicht irgendwann die Lichter ausgehen und 600 Arbeitslose die Provinz überfluten!

Mit freundlichem Gruß

Hartmut Lobien

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lobien,

vielen Dank für Ihre Ausführungen, in denen Sie die Schwierigkeiten darlegen, vor denen das Elisabethenstift steht. Die Anforderungen im sozialen Bereich wachsen, die Finanzmittel wachsen jedoch nicht in dem Maße mit. Die Beschäftigten führt das an die Grenzen der Belastbarkeit, für die zu Betreuenden leidet die Betreuungsqualität.

Im Bundestag setzt sich die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Oppositionsfraktion für Verbesserungen im sozialen Bereich ein.

Der Unterfinanzierung der Pflege möchten wir mit der Neukonzeptionierung der Pflegeversicherung begegnen. Die Zweiteilung in die gesetzliche Pflegeversicherung und die Private Pflegeversicherung ist ungerecht, da sich die wirtschaftlich leistungsstärksten und im Durchschnitt auch gesündesten Bevölkerungsgruppen dem Solidarausgleich entziehen. Wir sind daher der Ansicht, dass beide Systeme zu einer solidarischen Bürger-Pflegeversicherung zusammengeführt werden sollten – ähnlich der Bürger-Krankenversicherung, wie wir sie schon lange fordern. Für eine menschenwürdige Pflege muss außerdem ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff schnellstmöglich eingeführt werden. Dafür sollte das Leistungsvolumen der Pflegeversicherung um etwa 15 Prozent ausgeweitet werden. Die Leistungen der Pflege-Bürgerversicherung soll nach dem Konzept regelmäßig zu zwei Dritteln entlang der Lohn- und zu einem Drittel entlang der Inflationsentwicklung angepasst werden, um einen Wertverlust der Leistungen zu vermeiden. Hier gelangen Sie zum Fraktionsbeschluss zur Bürger-Pflegeversicherung: http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/pflege/die_neuausrichtungsluege/pflegebuergerversicherung.pdf

Wegen des Fachkräftemangels, der Rente mit 67 und der Alterung der Beschäftigten wird der Bedarf an Rehabilitationsmaßnahmen weiter steigen. Deshalb ist die Deckelung der Leistungen für Reha-Maßnahmen nicht mehr zu rechtfertigen. Wie Hartmut Hüfken, Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland-Pfalz, in einem Interview in der Rheinpfalz am 7. Juli 2012 darlegte, plant die DRV, die Deckelung im Reha-Bereich aufzuheben. Dies wäre sehr zu begrüßen. Die Bundesregierung bleibt weitgehend untätig und verschärft die Situation durch Kürzungen bei der Bundesagentur für Arbeit.

Unsere Politik auf Bundesebene ist wichtig – hilft Ihnen jedoch bei den akuten Problemen des Elisabethenstiftes leider nicht direkt. Bitte wenden Sie sich daher auch an die zuständigen Landespolitikerinnen und -politiker.

Ich wünsche Ihnen noch viel Durchhaltevermögen und Kraft bei diesen für unsere Gesellschaft elementaren Aufgaben.

Herzliche Grüße
Josef Winkler

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