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Georgios Chatzimarkakis
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Frage von Michael U. •

Frage an Georgios Chatzimarkakis von Michael U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

In der Februar-Plenarwoche des Europäischen Parlaments steht ein Bericht über den „Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften“ zur Endabstimmung.

Dieser Bericht befasst sich unter anderem mit der Arbeit des EU-Amtes für Betrugsbekämpfung „OLAF“. In diesem Zusammenhang wird auch die sogenannte „Tillack-Affäre“ behandelt. Zur Erinnerung: Im Jahre 2004 hatte das OLAF Aussagen eines Pressesprechers der früheren EU-Kommissarin Schreyer über angebliche Korruption an die belgische und deutsche Justiz weitergegeben und Strafanzeige gegen den „Stern“-Journalisten Hans-Martin Tillack erstattet. Tillack, so die Behauptung, habe möglicherweise EU-Beamte bestochen, um an vertrauliche Informationen zu kommen.

Dies löste eine offenbar in der Sache völlig ergebnislose Durchsuchungsaktion der Brüsseler Polizei aus, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte am 27. November vergangenen Jahres als Verstoß gegen die Pressefreiheit eingestuft wurde. Der belgische Staat wurde dazu verurteilt, Tillack eine Entschädigung zu zahlen (Rechtssache N° 20477/05).

Aus den Absätzen 63 bis 65 des Urteils geht hervor, dass sich der Verdacht auf Korruption lediglich auf von OLAF übermittelte vage Gerüchte gründete, dass es folglich kein übergeordnetes öffentliches Interesse gab, das die Durchsuchungen gerechtfertigt hätte, und dass das Ziel dieser Durchsuchungen darin bestand, im Auftrag des OLAF die für die Weitergabe der vertraulichen Informationen verantwortliche Person ausfindig zu machen, also den journalistischen Quellenschutz zu unterlaufen.

Stimmt es, dass auch Vertreter Ihrer Fraktion im Ausschuss für Haushaltskontrolle verhindert haben, dass ein Antrag in den Bericht aufgenommen wurde, in dem gefordert werden sollte, dass die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „von OLAF mit höchster Sorgfalt analysiert und die nötigen Konsequenzen daraus gezogen werden müssen“?

Wenn ja, warum ist diese Rechtsprechung für OLAF aus Ihrer Sicht nicht relevant?

Portrait von Georgios Chatzimarkakis
Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Urnau,

vielen herzlichen Dank für Ihre interessante Zuschrift.

Zunächst einmal möchte ich keinen Zweifel daran lassen, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und natürlich auch die in der Rechtssache Nr. 20477/05 für alle Institutionen der Europäischen Union von Bedeutung ist und von Bedeutung sein muss. Das schließt den Haushaltskontrollausschuss und seine Mitglieder mit ein.

Weiter trifft es aber zu, dass sich Abgeordnete meiner Fraktion und auch der anderen großen Fraktionen gegen den von Ihnen erwähnten Änderungsantrag gewandt haben. Wie aus dem Protokoll hervorgeht, wurde der gesamte Bericht mit 25 zu einer Gegenstimme angenommen.

Sowohl während der Aussprache zu dem Bericht als auch während der Abstimmung wurde versucht, die von Ihnen so genannte "Tillack-Affäre" zu instrumentalisieren, um die Arbeit von OLAF insgesamt herabzuwürdigen.

Hierin sehe ich als Mitglied des Ausschusses für Haushaltskontrolle eine große Gefahr. OLAF ist eine recht junge Behörde, die zusammen mit dem Europäischen Rechnungshof und dem Ausschuss für Haushaltskontrolle die einzigen Instrumente der Europäischen Union zur Verhinderung von Verschwendung, Betrug und Intransparenz sind.
In der Vergangenheit haben die Europäischen Bürger immer wieder erfahren müssen, dass gerade im Finanzbereich in der EU eben nicht immer alles nach Recht und Ordnung und in transparenten Bahnen verlief. Ich glaube daran, dass die Arbeit von OLAF, des Haushaltskontrollausschusses und auch des Europäischen Rechnungshofes zu wichtig ist, um Sie einem politischen Verwirr- und Taktierspiel einiger Europaabgeordneter auszusetzen, die sich mit der Einbringung ganzer Antragspakete viel mehr selbst profilieren wollen, als dass sie ein Interesse an der Sache hätten.

OLAF selbst hat mir vor der Abstimmung in einem direkten Gespräch erläutert, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte natürlich Relevanz für die Arbeit der Betrugsbekämpfungsbehörde besitzt und dort auch analysiert und die entsprechenden Schlussfolgerungen auch gezogen werden.

OLAF ist in erster Linie ein Verbündeter der Bürger. Ohne Rücksicht auf Namen, Positionen oder politische Befindlichkeiten hat OLAF in der Vergangenheit recherchiert und angeklagt. Ich setze mich dafür ein, dass OLAF diese Arbeit fortsetzen kann, sei es zur Abschreckung schwarzer Schafe oder um Transparenz für im Dunkel liegende Vorgänge zu bringen. Vielleicht muss auch einmal gefragt werden, welches Interesse einzelne Abgeordnete daran haben können, die unabhängige Arbeit von OLAF im Ausschuss für Haushaltskontrolle zu diskreditieren.

Mit freundlichen Grüßen

Jorgo Chatzimarkakis