Ich bin nicht käuflich!
Joerg-Uwe Sanio
DIE LINKE
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Frage von Mike S. •

Frage an Joerg-Uwe Sanio von Mike S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Sanio,

oft bekomme ich nur Antworten, die eher nach Parteiprogramm als nach eigenen Ideen und Visionen klingen.

Deshalb möchte ein paar offene Fragen an Sie richten, die den Kandidaten stelle, bevor ich zur Wahl gehe, sind folgende:

1. Was ist Ihre Vision für unsere Gesellschaft und unser Bundesland Baden-Württemberg?
2. Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele möchten Sie als Landtagsabgeordneter verfolgen?
3. Welche Ideen werden Sie einbringen?
4. Politker gelten oft als käuflich und anfällig für Lobbyisten jeder Art. Wie stehen Sie zum Thema Parteispenden von Firmen?

Freundliche Grüße

Mike Schinkel

Ich bin nicht käuflich!
Antwort von
DIE LINKE

1. Was ist Ihre Vision für unsere Gesellschaft und unser Bundesland Baden-Württemberg?

DIE LINKE steht für Alternativen – für eine bessere Zukunft, wir wollen ein Leben in gesellschaftlicher Sicherheit, deswegen treten wir für die Abschaffung von Hartz IV ein. Leistung muss sich lohnen, deshalb auch gute Löhne für gute Arbeit. Gleiches Recht für alle. Bildung muss für alle zugänglich sein und nicht vom Geldbeutel der Eltern, deshalb dürfen auch keine Studiengebühren mehr erhoben werden. Eine Rente muss mit der gegenwärtigen Rentenerwartung von Dänemark von mindestens € 1.200,- im Monat armutsfest sein, die Rente mit 65 muss wieder her. Wir sind für die starke solidarische Kranken- und Rentenversicherung, denn der Gegner hat schon die Einheitsvertretung mit einem, jeden realsozialistischen Planer vor Neid erblassenden erfolgreichen Einjahresplan der steten Steigerung der Umsätze von 30 % auf Steuerzahlers Kosten.

Wir stehen für ein sozial gerechtes Steuersystem, deshalb muss die „Mövenpick-Steuer“ auch wieder zurückgenommen werden, diese kostet alleine 1,3 Milliarden Euro, damit leben wir schon hier über unsere Verhältnisse. In Baden-Württemberg insbesondere stehen wir für eine Aufgabe des dreigliedrigen Schulsystems ein, denn nirgendwo ist die soziale Auslese im Bildungssystem so groß wie in Baden-Württemberg. Krampfhaft hält die Landesregierung am überholten dreigliedrigen Schulsystem fest, zum Leidwesen vieler Eltern und Schüler/innen. Das Werkrealschulkonzept ist ebenso zum Flop verkommen, wie die überstürzte Einführung des G 8. Dagegen setzt die DIE LINKE in Baden-Württemberg auf ein bildungspolitisches Konzept, das auf Förderung statt sozialer Auslese aufgebaut ist. Kein Kind soll im Bildungssystem verloren gehen. Deshalb müssen Kinder mindestens bis zu 6 Jahren, wenn nicht gar 8 oder 10 miteinander lernen dürfen, ehe sich dann die Wege trennen in Realschulabschluß und Gymnasium. Die lehrreichen Erfahrungen aus der INTEGRATIVEN GESAMTSCHULE MANNHEIM entlarven das Quatschargument vom „die Langsamen halten die Schnellen auf“ als zweckdienliche Legende einer undemokratischen und marktradikalen Elite als einem gerne unter sich bleibenden Club der Wenigen von gestern.

2. Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele möchten Sie als Landtagsabgeordneter verfolgen?

Kurzfristig: STUTTGART 21 muss sofort beendet werden, da die im Finanzierungsvertrag zwischen Bund, Land und der Stadt Stuttgart im wesentlichen im Dezember 2009 festgelegten Geschäftsgrundlagen entfallen sind, und wir uns schlicht nicht mehr dieses Projekt leisten können. Die dazu benötigten Finanzmittel werden nicht einmal mehr unsere Ur-ur-urenkel aufbringen können.

Mittelfristig: das G 9 muss zuerst als freiwillige Alternative an den Gymnasien angeboten werden, danach wird sich herausstellen, daß alle wieder zum G 9 zurück wollen, denn nicht Lehrpläne müssen „entrümpelt“ werden, sondern die abstruse Vorstellung der „Eigenen“ aus den Parteien mit dem „C“ und dem „F“, die da meinen mit „billigeren“, d.h. zeitverkürzten und damit Ausgaben ersparenden Ausbildungsgängen den hohen Qualitätsstandard halten oder gar noch steigern zu können.

Wobei zu bemerken ist, daß die Zeit der Ausbildung noch nie in der internationalen Welt ein Hindernis war und ist.

Wer daher den Bologna-Prozeß der „Vereinheitlichung“ von Ausbildungszeiten und –standards als der vielbeschworenen Globalisierung geschuldet sehen will, schädigt damit direkt diese einzigartige Stärke einer Nation, die keinen anderen „Rohstoff“ kennt, als die ebenso viel - von insbesondere konservativ ausgerichteten Politikern – beschworene „Wissensgesellschaft“.

Langfristig: Baden-Württemberg muss wie auch die anderen Länder – und damit die gesamte Republik – wieder Zuverlässigkeit und soziale Sicherheit vermitteln, die Bürger müssen wieder mehr Demokratie statt Wasserwerfer auf Schulkinder erleben können. Solidarität statt Ellenbogenmentalität, der gutbezahlte und sichere Arbeitsplatz statt schleuderstuhlähnlicher Leih- und Zeitarbeit, Teilnahme an den gemeinsam erzeugten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zugewinnen.

3. Welche Ideen werden Sie einbringen?

„Wir“ beklagen, daß unserer Wirtschaft aufgrund Fachkräftemangel bis zu 30 Milliarden Euro an Umsätzen ausfallen, dann dürfen wir aber auch nicht zulassen, wie im Jahrgang 2009 auf 2010 geschehen, 34.000 junge hoffnungsvolle Menschen aus unserem Land in die als von ihnen selber erkannten „Looserschulen“ Werkrealschulen weg geschoben werden, weil für 6 von 16 Grundschülern mit Realschulempfehlung einfach die „Kapazitäten“ – sprich Realschulplätze - fehlen.

Wir dürfen aber auch nicht zulassen, daß, wie im selben Jahrgang geschehen, 32.000 weitere junge hoffnungsvolle Menschen nicht von der Realschule auf das Gymnasium wechseln konnten, weil ihnen nicht oder unvollständig die „richtigen“ Fächer gelehrt wurden, und es schlicht auch noch an den „Kapazitäten“ an den Gymnasien fehlte.

Studiengebühren müssen abgeschafft werden, denn sie schließen hoffnungsvolle junge Menschen aufgrund der mangelnden Finanzkraft ihrer Eltern aus. Angesichts der Tatsache, daß das bisher eingesetzte Haushaltsgeld (= Steuerzahlergeld) für die Rettung der Landesbank Baden-Württemberg ausreichte, einem JEDEN Schulkind in Ba-Wü ein warmes Essen pro Tag auf 10 Jahre sichern würde UND dabei Studiengebühren überflüssig machte, ist es ein Hohn, daß insbesondere konservative Politiker von CDU und FDP, mit Hinweis auf den durch den „Bankenrettungsschirm“ belasteten Landeshaushalt, Studiengebühren verlangen. Allein die zuletzt an die „Nieten in Nadelstreifen“ in der Landesbank ausgeschütteten BONI in Höhe von 23 Millionen Euro und die „Abfindung“ an den scheidenden Boss in Höhe von fast 7 Millionen Euro würden die Freiheit von Studiengebühren jetzt garantieren.

Deshalb muss die Landesbank Baden-Württemberg bei Sicherung der Spareinlagen wie die Westdeutsche Landesbank von Nordrhein-Westfalen abgewickelt werden, denn wir brauchen keine steuersubventionierten schlechten „Global-Player“ sondern wieder die solide Landesgirokasse für den Kredit des vielbeschworenen Mittelstandes.

Im Zusammenhang mit Stuttgart 21 werden „Fortschrittsfeindlichkeit“ und „Techno-Angst“ als Schlagwörter vermehrt in den konservativ wirtschaftsliberalen Medien geführt, um die immer mehr auf den Strassen befindlichen Bürger einer Modetorheit oder „hypen“ Aufsässigkeit zu bezichtigen. Die Partei DIE LINKE kennt nur einen für die sich im Protest auf der Strasse Bahnen brechenden Fragen und Aktionen der Bürger geeigneten Begriff: MÜNDIGKEIT !!!

Darum fordern wir auch die Volksabstimmung wie bei unserem Nachbarn Bayern, und dann tragen wir als ein erstes Ergebnis direkter Demokratie gemeinsam das Fass ohne Boden Stuttgart 21 zu Grabe anstatt weiter Milliarden in die klaffende Wunde der Baugrube zu werfen.

Und wer da meint, dass das Volksbegehren als Ausdruck der Direkten Demokratie dümmer macht, rassistischer oder gar zum Spielball einseitig ausgerichteter Initiativen, der möchte das bitte unseren Nachbarn in Bayern direkt erklären.

Wobei zu bemerken ist, dass der sich dann übelst eine einfangen würde. Aber wirklich nicht, weil da welche doch dumm oder gar rassistisch geworden wären.

Sondern weil sich die Bürger des offiziell sehr konservativ geprägten Bundeslandes Bayern jeglicher Bevormundung in Sachen Direkter Demokratie erwehren würden.

4. Politker gelten oft als käuflich und anfällig für Lobbyisten jeder Art. Wie stehen Sie zum Thema Parteispenden von Firmen?

Die Linke lehnt Parteispenden von Firmen ab. Die Geschehnisse um die sogenannte „Mövenpick-Steuer“ zeigt auf, wie leicht käuflich – in diesem Fall für schlappe 1 Million Euro - Parteien wie die Freie Demokratische Partei – FDP sein können, um den für Hotels gewährten niedrigeren Steuersatz von 7 % durchzusetzen – und das in nur 3 Wochen. Deshalb müssen Parteispenden von Firmen für alle verboten werden.

Übrigens: die „Mövenpick-Steuer“ kostet den deutschen Steuerzahler etwa € 1,3 Milliarden. Dieses Geld konsequent bei den fast 7,8 Millionen Empfängern von Leistungen nach dem SBG II (Sozialgesetzbuch II) = Hartz IV angewandt, würde jedem nicht nur € 5 , sondern schon € 14,- auf den Regelsatz mehr im Monat gegeben werden können.

Joerg-Uwe Sanio
DIE LINKE
Wahlkreis 59 Waldshut

Hinweis:
Alle Antworten entstammen aus der eigenen Feder des Autors und sind nicht abgeschrieben oder kopiert. Sollten Antworten nahe unseres Landtagswahlprogramms entnommen zu sein scheinen, da diese dann der offiziellen Verlautbarung sehr nahe sind, so deshalb, weil der Autor in den dementsprechenden Kommissionen und Arbeitskreisen sich mit diesen eigenen Formulierungen eingebracht hat.

Bei uns ist alles ECHT und nicht guttenkopiert !!!

Vielen Dank