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Joachim Pfeiffer
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Frage von Peter V. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Peter V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Pfeiffer,

Anlass meiner Anfrage ist Ihr beharrendes Eintreten für die beiden Abkommen TTIP und CETA. Sie werfen den Kritikern der Abkommen Panikmache und Hysterie vor, Vorwürfe, mit denen man in meinen Augen sehr vorsichtig sein sollte. Denn die Befürworter bieten auf eine zentrale, simple Frage keine befriedigende Antwort: Wo ist der Haken? Der Bevölkerung weismachen zu wollen, es gebe keinen, ist an Frechheit oder wahlweise auch Naivität nicht zu überbieten. Ehe Sie hier keine seriöse Antwort finden, kommen Sie PR-technisch nicht aus der Defensive. Zusätzlich finde ich die Behauptung, man wolle mit Hilfe von TTIP und Co. hohe internationale Standards für Arbeitnehmerrechte etablieren, in Anbetracht dessen, dass die Bundesregierung verbindliche Vorgaben, welche zuvor aus Vorschlägen der UN übernommen wurden, aus den entsprechenden Gesetzesentwürfen gestrichen wurden, als blanken Hohn: http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/lobbyismus-104.html

Wieso schwächt man Gesetzesentwürfe dahingehend, ab wenn man angeblich eine Verbesserung verfolgt? Außerdem unterstreicht es wie sehr unsere Demokratie bereits ohne TTIP erodiert ist. Wäre es nicht einfacher sich auf kleinere Abkommen oder Normenkommissionen zu einigen, die die unumstrittenen Teile der Abkommen beinhalten, wie rein technische Standards, wie für die von TTIP-Befürwortern gerne bemühten Blinker? Zuletzt wollte ich noch auf einen Vorschlag des Schwesterparteikollegen Söder eingehen. Dieser meinte zu Recht, wie ich finde, ein umfangreiches Projekt, wie TTIP benötige der Zustimmung der Bevölkerung in Form einer Volksabstimmung. Was ist Ihr Argument dagegen? Und ich spreche nicht von einem Regelargument wie „Das sieht die Verfassung nicht vor.“, sondern ich würde schon gern einen Schritt Tiefer gehen und einer Begründung dahinter haben. Glauben Sie, dass Sie als Abgeordneter einen Horizont dafür haben, der den normalen Bürgern fehlt?

Mit freundlich Grüßen
Peter Volbracht

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Volbracht,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 27. September 2016 zu den Freihandelsabkommen CETA und TTIP. Viele Menschen sind verunsichert, weil sie nicht wissen, welche Auswirkungen die Abkommen auf ihr Leben haben werden. Leider nutzen einige Organisationen – wie beispielsweise Campact oder foodwatch – diese Situation, um mit falschen Informationen mediale Aufmerksamkeit zu erzielen. Hier werden unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes bewusst Lügen und Halbwahrheiten verbreitet. Ziel dessen ist es hauptsächlich, Spenden für die eigene Arbeit zu akquirieren. Natürlich erwecken Organisationen, die finanziell auf die Ablehnung von TTIP und CETA angewiesen sind, immer den Anschein, dass die Abkommen einen Haken haben.

Bei CETA ist der Vertragstext ausverhandelt und jeder kann sich selbst davon überzeugen, dass dies das weltweit modernste Freihandelsabkommen ist. In keinem anderen Abkommen werden sowohl Verbraucher- und Arbeitnehmerrechte sowie Umweltschutzstandards in diesem Umfang geschützt. Bei den Verhandlungen zu TTIP geht die EU-Kommission mit ähnlichen Vorstellungen in die Gespräche mit der US-Delegation. Da die Verhandlungen hierzu noch nicht abgeschlossen sind, ist eine abschließende Bewertung nicht möglich. Wenn man sich jedoch mit den bereits von der EU-Kommission veröffentlichten Dokumenten auseinandersetzt, kann man erkennen, dass auch bei dem TTIP-Abkommen ein ähnlich hoher Schutz für Verbraucher, Arbeitnehmer und die Umwelt angesetzt wird.

Ihre Idee, Handelsabkommen im kleineren Rahmen abzuschließen, kann ausschließlich eine kurzfristige Lösung für handelspolitische Fragen sein. Während die EU und die USA über TTIP verhandeln, ist das transpazifische Handelsabkommen TPP bereits ausverhandelt. Weitere Staaten im asiatischen Raum werden in den nächsten Jahren versuchen, die Standards für den weltweiten Handel nach ihren Vorstellungen festzulegen. Es wäre naiv zu glauben, dass diese die Rechte von Verbrauchern und Arbeitern oder den Schutz der Umwelt besser wahren als ein Abkommen zwischen Europa und den USA oder Kanada.

Der von Ihnen erwähnte Monitorbeitrag, der sich auf den Fortschritt des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte bezieht, suggeriert, dass das Finanzministerium den vom Auswärtigen Amt erstellten Entwurf des Nationalen Aktionsplans überarbeitet habe. Dadurch seien praktisch alle verbindlichen Vorgaben für Unternehmen gestrichen worden. Inwieweit das stimmt, kann ich nicht nachvollziehen. Jedoch durchläuft grundsätzlich jeder Gesetzwurf einer sogenannten Ressortabstimmung, bevor er im Bundeskabinett beschlossen wird. So stimmen auch in diesem Fall alle thematisch berührten Ministerien einen gemeinsamen Entwurf miteinander ab, bevor der Aktionsplan ins Bundeskabinett eingebracht wird.

Ich stimme Ihnen zu, dass Freihandelsabkommen demokratisch legitimiert sein müssen. Es hat sich jedoch in der Vergangenheit bewährt, dass solche Abkommen im Sinne der Gewaltenteilung durch die EU verhandelt werden. Volksabstimmungen hingegen sind ein Einfallstor für Populisten. Und nicht immer ist der Ausgang einer solchen Abstimmung als positiv zu betrachten. Nach dem Brexit ist das britische Pfund auf ein 30-Jahres-Tief gefallen und es ist zu deutlich mehr fremdenfeindlichen Übergriffen in Großbritannien gekommen. Auch die Historie zeigt, dass grundlegende Entscheidungen in der Geschichte der Bundesrepublik, wie die Aufstellung der Bundeswehr, der Beitritt zur NATO, die Einführung des Euros, eventuell auch die Wiedervereinigung, über Volksabstimmungen wahrscheinlich nicht beschlossen worden wären. Oft müssen Entscheidungen gegen die tagespolitische Stimmungslage der Allgemeinheit getroffen werden, um Deutschland für die Zukunft fit zu machen. Dafür hat der Bürger die Möglichkeit, eine Person und eine Partei auszuwählen, der er diese wichtige Aufgabe am ehesten zutraut. Dieses System auf Grundlage des Grundgesetzes hat sich in der 50-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bewährt. Meine generelle Meinung zu Volksentscheiden können Sie der Antwort an Herrn Hagg vom 02.09.2013 entnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Pfeiffer