Portrait von Jerzy Montag
Jerzy Montag
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Jerzy Montag zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Johann L. •

Frage an Jerzy Montag von Johann L. bezüglich Finanzen

Vermögenssteuer

Ich bin kein Freund der CSU oder FDP, doch einer Partei, die die Vermögenssteuer wieder einführen will, kann ich schwer mein Vertrauen schenken.

Ich bin in Rente und erinnere mich gut an die Zeit, als das bescheidene Vermögen meiner inzwischen verstorbenen Schwiegermutter - ein Häuschen plus Sparkapital - besteuert wurde. Sie hatte es sich zusammen mit meinem Schwiegervater nach der Flucht aus der DDR, beginnend bei Null (!), selbst erarbeitet und erspart. Meines Wissens wurde die Vermögenssteuer später u.a. deshalb abgeschafft, weil die Kosten deren Erhebung und Verwaltung die Steuereinnahme überstiegen hat.

Nun verkündet diese Partei die Absicht, die Vermögenssteuer wieder einzuführen. In den Medien ist die Rede von einer Abgabe für die sogenannten "Ganz Reichen". Da denktdoch jeder zunächst an Schloss- und Fabriksbesitzer - damit kann das Vorhaben leichter die allgemeine Zustimmung finden. Ich fürchte jedoch, wenn man die Kosten der Wieder-Einführung und Erhebung jener Steuer durchrechnet, dann wird man wieder zu dem Ergebnis kommen, dass man den gut situierten Durchschnittsbürger - zu dem ich mich zähle - mit seiner Wohnimmobilie plus Sparkapital schröpfen muss. Vergeblich habe ich im Wahlprogramm nach Zahlen-Daten-Fakten gesucht (beabsichtigte Freigrenzen und Steuersätze).

Ich finde Vermögenssteuer ungerecht! Erstens habe ich meine Arbeits-Einkünfte versteuert. Zweitens habe ich die Zinsen auf mein gespartes Geld versteuert. Und dafür, dass ich nicht alles Ersparte verprasst habe, soll ich mit Vermögenssteuer bestraft werden! Falls ich mein Vermögen ererbt habe, dann habe ich ja bereits Erbschaftssteuer dafür bezahlt. Eine Partei, die nicht vorher konkret sagt, wieviel sie plant, ist für mich kaum wählbar. Ich bin gespannt auf ihre Stellungnahme.

Portrait von Jerzy Montag
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lemke,

vielen Dank für Ihre Frage.

In unserem Grundgesetz, Art. 106 Abs. 2 heißt es: "Das Aufkommen folgender Steuern steht den Ländern zu: 1. die Vermögenssteuer ....."
Die Vermögenssteuer ist also nicht verfassungswidrig, sie ist sogar in unserer Verfassung vorgeschrieben. Allerdings hat das Verfassungsgericht 1995 die damalige Berechnung der Vermögenssteuer beanstandet, weil die Werte von Immobilien zu niedrig angesetzt wurden. Seitdem wird die Steuer nicht mehr erhoben. Ich persönlich bin kein Befürworter der Vermögenssteuer, weil ich von einem guten Kosten/Nutzen-Verhältnis nicht überzeugt bin. Auch hätte der Bund - ich kandidiere bekanntlich für den Bundestag - nichts von dieser Steuer, sie steht ausschließlich den Ländern zu. Und die Länder, die ja bekanntlich über den Bundesrat ein Recht zu Gesetzesinitiativen haben, haben bisher keinen Entwurf für eine verfassungsmäßige Erhebung der Vermögenssteuer vorgelegt.

Wir GRÜNE wollen nach der Bundestagswahl keine Vermögenssteuer, sondern eine Vermögensabgabe einführen. Die einmalige und zeitlich befristete Vermögensabgabe nach Artikel 106 Abs. 1 Grundgesetz soll über mehrere Jahre insgesamt rund 100 Milliarden Euro einbringen. Geld, das ausschließlich in den Abbau der Bundesschulden fließt. Die sind durch Konjunkturpakete und Bankenrettung massiv gestiegen, allein während der Kanzlerschaft Angela Merkels um rund 500 Milliarden Euro.

Die Bankenrettung hat nicht zuletzt das Eigentum der Menschen mit sehr hohen Vermögenden gesichert. Das private Vermögen ist auf 7000 Milliarden Euro gestiegen, aber sehr ungleich verteilt: Ein Drittel gehört dem reichsten Prozent, zwei Drittel den reichsten zehn Prozent. Es ist deswegen fair und gerecht, von diesen sehr reichen Menschen einen Beitrag zu verlangen. Wir wollen eine einmalige, befristete Vermögensabgabe einführen, die ab einem Nettovermögen über einer Million Euro greift. Jährlich ist ein Abgabesatz von 1,5 Prozent über einen Zeitraum von 10 Jahren zu zahlen. Der Stichtag für die grüne Vermögensabgabe soll der 1.Januar 2012 sein. Darüber hinaus wird pro Kind ein Freibetrag von 250.000 Euro gewährt. Ansprüche auf Renten und ähnliche Versorgungsysteme sind von der Vermögensabgabe ausgenommen. Personen, die privat vorsorgen (v.a. Selbständigen), gewähren wir einen zusätzlichen Altersvorsorgefreibetrag in Höhe von 380.000 Euro. Dieser Freibetrag orientiert sich an den durchschnittlichen Altersvorsorgeansprüchen von ArbeitnehmerInnen. Die grüne Vermögensabgabe wird weniger als 1 % der BürgerInnen mit jeweils einem Nettovermögen von mehr als 1 Mio. Euro treffen. Für Betriebsvermögen begrenzen wir die Abgabe auf maximal 35 % des Gewinns und verhindern, dass Unternehmen in ihrer Substanz getroffen werden.
Wir GRÜNE wollen eine nachhaltige, solide Finanzpolitik, die nicht auf neuen Schulden aufbaut. Öffentliche Ausgaben müssen über Einnahmen finanziert werden. Die Vermögensabgabe ist somit ein wichtiger Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen. Die Vermögensabgabe ist so ausgestaltet, dass niemand überfordert wird und kleine und mittelständische Unternehmen geschützt sind. Wir wollen nur diejenigen für die Abgabe heranziehen, die es sich leisten können. Das halten wir für sozial gerecht - im Vergleich zu allgemeinen Steuererhöhungen oder Leistungskürzungen für alle. Unsere Vermögensabgabe stärkt die Investitionskraft der öffentlichen Hand und behindert nicht die Investitionen der Unternehmen.

Die Rechnung ist recht einfach: Wer ein Vermögen von mehr als einer Million Euro in Aktien, Wertpapieren, anderen Finanzpapieren oder als Sparguthaben besitzt, dem wurde durch die bisherige Stützung der Währung und der Banken sein Vermögen erhalten. Die Garantien und Kosten dieser Maßnahmen tragen alle Bürgerinnen und Bürger gemeinsam. Wären diese Maßnahmen unterblieben, hätten die Millionäre einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens verloren. Mit der Grünen Vermögensabgabe wollen wir erreichen, dass sich auch die Millionäre an den Gesamtkosten beteiligen. Mit 15% des Vermögens, verteilt auf 10 Jahre ist dies ein fairer Vorschlag.

Mit freundlichen Grüßen

Jerzy Montag