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Frage von Reinhard P. •

Frage an Jens Petermann von Reinhard P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Petermann,

zur Zeit wird das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Entwurf März 2012, Vorlage November 2012) beraten. Als Mitglied im Rechtsausschuss und Obmann der LINKEN sind Sie sicherlich damit vertraut.

In diesem Gesetz sollen auch die Honorare von Dolmetscher(innen) und Übersetzer neu festgesetzt werden (Artikel 7, hier Seite 164). Ich gehöre dem Dolmetscher-Treffen an, die vorgesehen Sätze machen uns große Sorgen:
• Für Übersetzer galt seit 1994 ein Zeilenhonorar von (umgerechnet) 1,10 Euro bei einfachen Texten, 3,30 Euro für mittelschwere und 4,73 Euro für sehr schwere Texte. 2004 wurde das Honorar für einfach Texte auf 1,25 Euro erhöht, für schwere Texte auf 1,85 Euro bzw. 4 Euro gesenkt. Jetzt soll erneut nur das Honorar für einfache Texte leicht auf 1,30 Euro erhöht werden. Für schwere Texte soll es auf 1,56 Euro gesenkt werden – also auf die Hälfte bzw. ein Drittel der Sätze von 1994!
• Dolmetscher bekamen seit 1994 je nach Sprache und Tageszeit Honorare von 25 bis 78 Euro pro Stunde. 2004 wurden diese Honorare auf einheitlich 55 Euro festgelegt, für viele eine Kürzung. Jetzt ist geplant, das Honorar auf 70 bis 75 Euro zu erhöhen und damit nur fast den Höchst von 1994 (damals bis 78 Euro pro Stunde) wieder zu erreichen.

Dolmetscher und Übersetzer, die für Polizei und Gericht arbeiten, können kaum davon leben. Alle, die aufgrund ihrer Qualifikation die Möglichkeit haben, müssen Aufträge in der Wirtschaft suchen. Wie wollen Sie die Qualität des Dolmetschen und der Übersetzungen in der Justiz sichern, wenn die Bezahlung über 20 Jahre so verschlechtert wird?

Viele Behörden üben auf Dolmetscher Druck aus, eine niedrigere Bezahlung zu akzeptieren. Was halten Sie von dem Vorschlag, zur Qualitätssicherung der Sprachmittlung im JVEG zu verankern, dass die dort ermöglichten „Vereinbarungen“ über eine schlechtere Bezahlung auf Dolmetscher und Übersetzer nicht angewendet werden dürfen?

Mit freundliche Grüßen
Reinhard Pohl

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Pohl,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Dieses Gesetz wird federführend im Rechtausschuss behandelt werden und ich bin der für meine Fraktion zuständige Berichterstatter. Am 31. Januar 2013 wird dieses Gesetz zusammen mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilfegesetzes in erster Lesung im Plenum des Deutschen Bundestages behandelt werden.

Sie sprechen in Ihrer Anfrage das Problem der Honorare für Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Übersetzerinnen und Übersetzer an. Der Entwurf der Bundesregierung sieht vor, die Honorare für Dolmetscher- und Übersetzertätigkeiten zu verändern – und die wie Sie richtig feststellen nur gering nach oben und für manche Tätigkeiten auch nach unten.

Ich nehme Ihre Befürchtungen sehr ernst. Der Linken ist es ein Grundanliegen, allen Menschen ein angemessenes Auskommen zu sichern. Auch die Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Übersetzerinnen und Übersetzer, die für die Justizbehörden arbeiten müssen dem Aufwand und der Ausbildung angemessen entschädigt werden, um von ihrer Arbeit leben zu können. Ich schätze die Arbeit und die Bedeutung der Dolmetscher und Übersetzer für die Justiz sehr. Bereits im Jahre 2012 habe ich mit Vertretern des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer e.V. getroffen. Anlässlich dieses Gespräches haben wir über nahezu alle Verschlechterungen, die der Gesetzentwurf der schwarz-gelben Koalition für die Dolmetscher und Übersetzer bereit hält, gesprochen. Ich werde in meinen Redebeiträgen im Plenum des Deutschen Bundestages und bei den Beratungen im Rechtsausschuss auf die mir hinreichend bekannten Missstände hinweisen. Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss werden auch durch externe Sachverständige alle Unzulänglichkeiten des Gesetzentwurfes zu Tage treten und auch den Kollegen der Koalition vor Augen geführt. Mit diesem Vorgehen kann es möglich sein, die Koalition von den vorhandenen Defiziten zu überzeugen und Änderungen herbeizuführen.

Mit freundlichen Grüßen

Jens Petermann