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Jens Beeck
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Frage von Klara W. •

Frage an Jens Beeck von Klara W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Beek,

"Es sterben jedes Jahr um 2000 Menschen auf der Warteliste." https://aok-bv.de/presse/dpa-ticker/index_21957.html

An welchen Ursachen sind diese Personen gestorben und um wieviel länger hätten sie mit einem fremden Organ gelebt?

Wieviel Menschen sterben pro Jahr an anderen Ursachen als einzig an einem vollständig funktionsunfähigem Organ?

In dem Artikel https://www.sueddeutsche.de/politik/interview-der-brustkorb-hebt-und-senkt-sich-1.4266876 berichtet eine Transplantations­beauftragte über extreme Situationen im Umgang mit Angehörigen eines potentiellen Organspenders, sie sagt "Die Familie hat schon genug damit zu tun, den Tod ihres Partners, Geschwisters oder Kindes zu verarbeiten und dann kommen wir noch mit dem Thema Organspende...." Weiterhin berichtet sie von einem Mädchen, das wegen einer Mandel-OP ins Krankenhaus kam, dabei verstarb und daraufhin einer Organentnahme unterzogen wurde. Die Eltern hatten es so gewollt. In einem anderen Fall hat die Großmutter einer Patientin widersprochen.

Wie ist es möglich, dass Aussenstehende und nicht die Person selbst (auch junge Menschen sind denkende und fühlende Wesen), ausschließlich darüber entscheiden, was mit dem sterbenden aber noch lebenden Körper ("Menschen, die hirntot sind, nicht wie tot wirken. Ihr Körper ist warm, der Brustkorb hebt und senkt sich durch die Maschinen") geschieht? Ist die aktuelle Gesetzeslage nicht so, dass ohne eine ausdrückliche und nachgewiesene Zustimmung einer Person, eine Organentnahme nicht durchgeführt werden darf und bei Minderjährigen gänzlich ausgeschlossen ist?
Was geschieht in den Fällen, in denen keine Angehörigen da sind und wie stellt man fest, dass Angehörige ausschießlich im Sinne der betroffenen Person handeln?
Wie hoch ist der Prozentsatz der Spender, die keinen Spendeausweis hatten und von Aussenstehenden zur Organentnahme freigegeben wurden und mit welcher Begründung ist die Freigabe in diesen Fällen erfolgt?

Vielen Dank.
Klara W.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau W.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Organspende.

In der Organspende-Debatte ist es aus meiner Sicht wichtig, das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu achten. Auch das Transplantationsgesetz stellt in seiner derzeitigen Form den Spender in den Mittelpunkt. Auf diese Weise wird verhindert, dass Außenstehende die Entscheidung über die Organspende treffen. Ist der Fall gegeben, dass die für die Organspende nötige Zustimmung nicht vorliegt, so sind die nächsten Angehörigen des potenziellen Spenders zu befragen. Bei ihrer Entscheidung müssen diese dabei den mutmaßlichen Willen des möglichen Spenders berücksichtigen. Zudem gilt, dass Angehörige nur dann zu einer Entscheidung befugt sind, wenn diese innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Tod des potenziellen Spenders Kontakt zu diesem hatten. Im Zentrum der Organspende muss, auch wenn die Entscheidung durch Angehörige getroffen wird, daher immer der Wille des potentiellen Spenders stehen. Hierauf hat der Arzt den Angehörigen auch explizit hinzuweisen. Sofern kein Angehöriger zu ermitteln ist, ist auch der Wille des Spenders nicht zu ermitteln. In diesem Fall sind die Voraussetzungen für eine Organspende nicht gegeben.

Bei Minderjährigen ist die Einwilligungsfähigkeit Grundlage der Entscheidung. Im Transplantationsgesetz ist dabei geregelt, dass eine Einwilligung und die Übertragung der Entscheidung vom vollendeten sechzehnten Lebensjahr an möglich ist. Demgegenüber ist der Widerspruch bereits vom vollendeten vierzehnten Lebensjahr an möglich. Insbesondere die Möglichkeit zum Widerspruch wird daher schon im frühen Alter durch den Gesetzgeber eingeräumt.

Als Freier Demokrat bin ich der Auffassung, dass die derzeitige Gesetzeslage das Selbstbestimmungsrecht des potenziellen Spenders in einem ausreichenden Maße wahrt. Insbesondere gibt es jedem Menschen bereits ab dem vierzehnten Lebensjahr die Möglichkeit, einer Spende zu widersprechen. Zudem gilt auch für den Fall, dass keine Erklärung des potenziellen Spenders vorliegt, dass dessen Wille bei der Entscheidung der nächsten Angehörigen Grundlage der Entscheidungsfindung sein muss. Mit der doppelten Widerspruchslösung, die derzeit unter anderem durch Gesundheitsminister Spahn vorgeschlagen wird, würde aus Sicht der Freien Demokraten das Selbstbestimmungsrecht in einem nicht zu vertretenden Maße außer Kraft gesetzt. Hier wäre ein aktives Vorgehen von Seiten potenzieller Spender gegen die Spende von Nöten. Aus diesem Grund sprechen sich die Freien Demokraten für eine Entscheidungslösung aus. Diese stellt sicher, dass nicht automatisch aus jedem Menschen einen Spender wird, der nicht widersprochen hat.

Mit freundlichen Grüßen

Jens Beeck
Mitglied des Bundestages

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