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Frage von Regina B. •

Frage an Jenny Kunkel von Regina B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Kunkel,

aus persönlichen Gründen liegt mir das Thema Inklusion von Menschen mit Behinderung sehr am Herzen. Auf diesem Gebiet ist meines Erachtens noch viel zu tun. Der barrierefreie Ausbau von Haltestellen und öffentlichen Gebäuden ist dabei ein wichtiger Schritt, aber eben nur ein Schritt.

Was ich bisher über die Inklusion von Kindern mit Behinderung in den Schulen gehört und erlebt habe, läuft im Prinzip darauf hinaus, dass das behinderte Kind in eine reguläre Klasse aufgenommen wird. Der Lehrer bekommt ein oder zwei Stunden in der Woche bezahlt, um den bürokratischen Mehraufwand zu bewältigen. Ansonsten müssen sich die Eltern kümmern, dass das Kind gut zurecht kommt. Das hat wenig mit Inklusion zu tun. Viele Kinder sind unter diesen Bedingungen an einer Förderschule besser aufgehoben.

Noch schlimmer ist es im Freizeitbereich: Egal ob Kind oder Erwachsener, von öffentlicher Seite gibt es kaum Unterstützung. Da wo behinderte Menschen nicht dazu in der Lage sind, sich selbständig um Teilhabe im Bereich ihrer Freizeit zu kümmern - ich denke da vor allem an Menschen mit psychischer Behinderung - sind allein die Angehörigen gefordert. Nicht selten sind es alleinerziehende Mütter, die nach jahrelanger Dauerbelastung ohne freies Wochenende oder Urlaub, in der sie die Förderung des Kindes, die Beantragung der notwendigen Sozialleistungen, die Sicherung des Lebensunterhalts allein stemmen mussten, an ihre Grenzen kommen.

Welche Lösungsansätze bietet ihre Partei, um Menschen mit Behinderung Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen und die Familien behinderter Menschen zu entlasten? Meine Frage betrifft ausdrücklich nicht den Bereich Pflege - es geht mir um Inklusion unabhängig von der Pflegebedürftigkeit behinderter Menschen.

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DIE LINKE

Sehr geehrte R. B.,

Inklusion und die gleiche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben ist für uns ein wesentliches Anliegen. Deshalb haben wir das, was man im Landtag dazu umsetzen kann (denn einiges kann leider nur im Bundestag entschieden werden) auch in unser Landtagswahlprogramm geschrieben.

Unsere konkreten Forderungen sind:

• Wir wollen eine inklusive Bildung ohne soziale, finanzielle, räumliche und bauliche Barrieren – wer sich bilden will, muss dies ermöglicht bekommen. Kinder mit Unterstützungs- und Förderbedarf müssen betreut und gefördert werden. Wir werden sicherstellen, dass langfristig die Beschulung aller Kinder in allen Schulen möglich ist. Die pädagogisch notwendige personelle Ausstattung werden wir sichern und die Schulträger*innen in die Lage versetzen, die sächliche Ausstattung der Schulen im Sinne der Barrierefreiheit den Anforderungen einer inklusiven Schule anzupassen. Hierfür werden wir einen verbindlichen Zeitplan entwickeln. Inklusive Schulen erfordern multiprofessionelle Teams aus Lehrkräften, Förderlehrkräften, sozialpädagogischen, psychologischen und therapeutischen Fachkräften.

• Auch für die Berufsausbildung werden wir ein inklusives Ausbildungssystem etablieren, in dem kein Mensch zurückgelassen wird. Dafür sind an den Berufsschulen die räumlichen und personellen Bedingungen zu schaffen. Das arbeitsmarktpolitische Instrument der assistierten Ausbildung unterstützt Arbeitgeber*innen bei der Ausbildung und ermöglicht auch Jugendlichen mit Behinderung, Benachteiligung und Lernschwierigkeiten, eine vollwertige duale Ausbildung wahrzunehmen. Dieses Instrument werden wir in Sachsen stärker bewerben und umsetzen.

• Wir setzen die UN-Behindertenrechtskonvention konsequent um. Inklusion geht nicht zum Nulltarif.

• Grundsätzlich müssen Behörden auch in leichter Sprache agieren können, anstatt im verkomplizierten Behördendeutsch. Viel zu oft sind Prozesse und Verfahren schwer verständlich und für die Betroffenen kaum nachvollziehbar. Dazu wollen wir eine Landesagentur für Leichte Sprache etablieren.

• Dazu gehören, neben behindertengerechter Infrastruktur in den Verwaltungen und Behörden, barrierefreie Anlaufstellen in Wohnortnähe zur besseren Erreichbarkeit. Für nicht sehende Menschen sollen Beschilderungen in Behörden und benötigte Dokumente in Brailleschrift ausgefertigt werden.

• Der Mindestlohn muss auch in Werkstätten für behinderte Menschen gelten.

• Wir schaffen die finanziellen Voraussetzungen für inklusive Hochschulen sowohl für Studierende als auch für Beschäftigte.

• Wir wollen finanzielle Barrieren genauso abbauen wie Barrieren im Bereich der Infrastruktur. Wir schaffen einen inklusiven Zugang zu Kunst und Kultur, damit jede und jeder sich lebenslang nicht nur kulturell bilden, sondern auch an gesellschaftlichen Entwicklungen, Impulsen und Diskussionen teilhaben kann.

• Wir wollen den inklusiven Charakter des Sports stärken und insbesondere dafür Sorge tragen, dass auch Menschen mit Beeinträchtigung teilhaben können. Hierfür werden wir ein Sonderförderprogramm ins Leben rufen, das die Nachteile und Mehraufwendungen gegenüber nicht-beeinträchtigten Menschen ausgleichen soll.

• Wir werden die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit in Sachsen umsetzen. Alle öffentlichen Einrichtungen sind barrierefrei umzugestalten. Wir brauchen, um dies zu realisieren, zudem ein Inklusionsgesetz für Sachsen.

Mit besten Grüßen
Jenny Kunkel