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Jan Korte
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Frage von Alfons W. •

Frage an Jan Korte von Alfons W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Korte

im Zusammenhang mit der Asyl Debatte kommt bei Diskussionen im Bekanntenkreis immer der Vorwurf: "die Anordnung ist nicht legal". Wenn das so, ist frag ich mich warum nachfolgende Behörden die Anordnung oder Anweisung befolgt haben. Ich habe in den Nachrichten jedenfalls nichts von Widerstand gehört.
Nun meine Frage: gibt es eine Rechtsgrundlage für diese Anordnung( Die Entscheidung, Flüchtlinge aus Ungarn unkontrolliert und unregistriert ins Land zu lassen) ?
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-09/frank-walter-steinmeier-osteuropa-fluechtlinge-quoten

Weitere Anmerkungen:
Ist es in Ordnung das die Politik und die Medien jeden verdammen der eine " ja aber " Meinung hat ( man traut sich nicht was zusagen oder dazu sage ich nichts)? Haben Sie keine Bedenken das der Ruf nach einer starken Person laut wird. Einen lesenswerten Artikel habe ich auf der offiziellen Seite das BaMF gefunden
http://www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/Asylrecht/asylrecht-node.html

Wieso wird Asyl und mit Einbürgerung ( Integration) gleichgesetzt?
Was meinen Sie zu der Strafanzeige aus Hessen? HR info: Flüchtlingskrise Strafanzeige gegen Merkel und de Maizière: "Bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern"
http://www.hr-online.de/website/radio/hr-info/index.jsp?jmpage=1&rubrik=54163&key=standard_document_57324838#titel2

MfG
A. Westhues

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Sehr geehrter Herr Westhues,

Zu Ihrer ersten Frage:
Die Entscheidung der Bundeskanzlerin, die syrischen Flüchtlinge aus Ungarn über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland aus dringenden humanitären Gründen einreisen zu lassen, war meines Erachtens nach nicht nur moralisch geboten und in dem konkreten Moment völlig richtig - sie war auch eindeutig rechtens!

§15 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes regelt ausdrücklich, dass Asylsuchende nicht zurückgewiesen werden dürfen (!), soweit dies aus dem Asylverfahrensgesetz hervorgeht. Dieses (es heißt inzwischen Asylgesetz) regelt in §18 die Aufgaben der Grenzbehörden. Asylsuchende sind demnach an die nächste Aufnahmeeinrichtung weiterzuleiten. Zwar kann eine Einreise verweigert werden, wenn diese aus einem "sicheren Drittstaat" erfolgt, jedoch gehen die Regelungen der EU-Dublin-Verordnung dieser nationalen Vorschrift vor. Wenn also Deutschland erklärt hat, dass die Asylverfahren dieser syrischen Flüchtlinge in Deutschland erfolgen können, dann ist dies sowohl von der Dublin III-Verordnung gedeckt (so genanntes Selbsteintrittsrecht) als auch vom nationalen Recht. In §18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG heißt es überdies, dass das Bundesinnenministerium u.a. aus humanitären Gründen verfügen kann, dass keine Zurückschiebung erfolgt.

Übrigens: Die Genfer Flüchtlingskonvention regelt, dass Flüchtlinge nicht wegen ihrer - notwendigerweise (denn sie erhalten kein Visum) - unerlaubten Einreise bestraft werden dürfen. Zwar werden zehn- und neuerdings sogar hunderttausende Ermittlungsverfahren gegen Flüchtlinge wegen "unerlaubter Einreise" eingeleitet. Doch nahezu alle diese Verfahren werden im Endeffekt wegen der benannten Schutzklausel der Genfer Flüchtlingskonvention wieder eingestellt. Aus diesem Grunde kommt sogar aus den Reihen der Polizei die Forderung nach einer Entkriminalisierung der unerlaubten Einreise von Flüchtlingen.

Zu Ihrer Anmerkung: Ich sehe nicht, dass Politik und Medien eine "Ja aber"-Haltung verdammen, geschweige denn, dass Menschen sich nicht trauen könnten, ihre Meinung zu sagen. Die menschenwürdige Aufnahme einer so großen Zahl von Flüchtlingen, ist unstrittig eine schwierige Aufgabe und große Herausforderung und natürlich treten da vor Ort auch Probleme auf, auf die es gerade keine einfachen Antworten gibt. Berechtigte Fragen und Zweifel müssen natürlich ernst genommen und beantwortet werden. Dennoch glaube ich, dass die ursprüngliche Haltung der Bundeskanzlerin richtig war, zu sagen: Wir schaffen das. Wer, wenn nicht wir, sollten das schaffen? Es gibt Millionen von Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern die sich in bewundernswerter Weise dafür tagtäglich engagieren, dass Flüchtlinge hier gut aufgenommen und versorgt werden. Wenn nun auch noch die Bundesregierung statt Streit, Angst und Chaos zu erzeugen, sich der konstruktiven Lösung der aktuellen Fragen widmen würde, wäre ich sehr zuversichtlich, dass uns nicht nur die Aufnahme der Flüchtlinge gelingt, sondern dass wir das auch so gestalten können, dass alle Menschen in Deutschland dies als etwa Gutes für das Land ansehen könnten. DIE LINKE jedenfalls hat hierzu viele konstruktive Vorschläge gemacht (vgl. BT-Drs. 18/3839, 18/6190, 10-Punkte-Plan: http://www.linksfraktion.de/positionspapiere/10-punkte-papier-fraktion-linke-aktuellen-herausforderungen-asylpolitik/ ).

Ihre Frage, warum Asyl und mit Einbürgerung (Integration) gleichgesetzt würde, habe ich leider nicht verstanden.
Die benannte Strafanzeige ist aus den eingangs ausgeführten Gründen unangebracht und verkennt die Rechtslage.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte

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