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Jan Korte
DIE LINKE
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Frage von Nicolas H. •

Frage an Jan Korte von Nicolas H. bezüglich Senioren

1. Was ist aus Ihrer Sicht die Ursache des demografischen Wandels in Sachsen-Anhalt und wie sollte man damit politisch umgehen (bitte eine kurze Antwort)?
2. Wie kann aus Ihrer Sicht die Bundespolitik zur Stärkung des ländlichen Raumes in Sachsen-Anhalt beitragen?
3. Wie wird sich der ländliche Raum entwickeln, wenn so viele Grundschulen geschlossen werden, wie dies die CDU/SPD-Landesregierung in Sachsen-Anhalt vorhat?
4. Kann bzw. soll aus Ihrer Sicht die Schulentwicklungsverordnung des Landes vom 30.5.2013 aufgehoben werden? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.
5. Welche Chancen sehen Sie, die Schließung vieler Grundschulen in Sachsen-Anhalt zu verhindern

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DIE LINKE

Sehr geehrter Nicolas Hesse,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt geht in seiner Bevölkerungsprognose von einem spürbaren demographischen Wandel aus. So wird geschätzt, dass bis zum Jahr 2025 mit etwa 18,6% weniger Bevölkerung in Sachsen-Anhalt gerechnet werden muss. Dabei wird der Anteil der mittleren Altersgruppe der Bevölkerung abnehmen, während der Anteil der Rentnerinnen und Rentner zunimmt. Auch die Geburtenrate wird kein entsprechendes Gegengewicht setzen können.

Mehr Fortzüge als Zuzüge sind ein weiterer Auslöser für den demographischen Wandel in Sachsen-Anhalt. Insbesondere junge Erwachsene suchen nach einem Arbeitsplatz, der ihnen eine gesicherte Zukunft ermöglicht. Dies ist für viele Bürgerinnen und Bürger bei einer schwachen Arbeitsmarktlage in Sachsen-Anhalt schwierig. Es mangelt nicht nur an Arbeitsplätzen, auch das Lohnniveau liegt im Schnitt unter dem anderer Bundesländer. Die relativ schwache Wirtschaftslage führt auch zu geringen Einnahmen für die Kommunen. Und weniger Steuereinnahmen bedeuten für die Gemeinden weniger Geld für Kindergärten, Bibliotheken und Spielplätze, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch die Geschäftsleute vor Ort spüren die niedrige Kaufkraft. Langfristig schlägt sich die schwache Wirtschaftslage in einer geringeren Lebensqualität für die Menschen nieder.

Gleichzeitig bietet Sachsen-Anhalt aber auch viel positive Seiten. Es ist zentral gelegen mit einer guten Verkehrsinfrastruktur, verfügt über eine lange Arbeitergeschichte, gut gebildete und qualifizierte Bürgerinnen und Bürger und begann in den letzten Jahren einen Wandel, bei dem ehemalige Tagebaue in Seenlandschaften umgestaltet werden konnten und sich in alten Industriegebiete moderne Unternehmen ansiedelten.

Dem demographischen Wandel sollte meiner Meinung nach mit offensiven politischen Maßnahmen begegnet werden. Zentral ist eine gute Wirtschaftsförderung, z.B. mit der Wiederbelebung einer sinnvollen Förderung Erneuerbarer Energien, der Einführung eines Mindestlohns und der Förderung fester Arbeitsplätze statt eines Leiharbeitersektors. Die weitere Rekultivierung der Tagebaugebiete muss einhergehen mit dem Schutz von Wohngebieten vor Vernässung. Ganz nebenbei: eine Rekultivierung der Tagebaugebiete erhöht nicht nur die Lebensqualität, es könnten zugleich sinnvolle Maßnahmen zum Hochwasserschutz durchgeführt werden. Zu dem politischen Engagement gehört aber auch eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen. Die derzeit geltende Schuldenbremse führt dazu, dass wichtige Maßnahmen von den Kommunen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, dies führt zum sogenannten Investitionsstau. Gute Straßen und Schienenanbindungen für Pendler sowie ein zuverlässiges öffentliches Nahverkehrsnetz, Gebäudedämmung und sozialer Wohnungsbau sind heute notwendig und würden sich auch heute schon auszahlen. Selbstverständlich können nicht alle Investitionen auf einmal erfolgen, aber ein regelmäßiges, stetiges Voranschreiten würde auch den jungen Menschen aufzeigen, welche Perspektiven sie vor Ort für ihre Zukunft sehen können.

Die Bundespolitik kann dabei z.B. in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zur Förderung des ländlichen Raums beitragen. Die Region um Bitterfeld hat beispielsweise einige Jahre sehr gut von der Solarbranche profitiert. Umso unverständlicher ist meiner Meinung nach die Kürzung der Solarförderung durch die Bundesregierung im letzten Jahr. Viele Arbeitsplätze einer zukunftsorientierten Industrie sind verlorengegangen oder stehen dadurch auf der Kippe. Dies ist meiner Meinung nach die falsche Politik. Erneuerbare Energien zu fördern ist wichtig, sowohl für die dringend benötigte Energiewende als auch für die Arbeitsplätze und Zukunftschancen jeder und jedes Einzelnen in der Sachsen-Anhalt. Von diesem konkreten Beispiel abgesehen halte ich die Kürzungen für Kommunen für falsch, die in den letzten Jahren sowohl vom Bund als auch von den Ländern vorgenommen wurden. Diese Kürzungen halte ich im Übrigen auch für demokratiefeindlich. Denn die Bürgerinnen und Bürger vor Ort erleben sehr genau, ob eine Bibliothek, ein Schwimmbad oder gar eine Schule schließen müssen, weil die Kommune aufgrund der Finanznot keine andere Wahl hat. Dies ist entmutigend für die Entwicklung einer lebendigen, demokratischen Gesellschaft. Schon jetzt haben wir bei Kommunalwahlen eine sehr geringe Beteiligung. Bei der letzten Bürgermeisterwahl in Jessen gingen noch nicht einmal 50% der Wahlberechtigten zur Wahl. Ich würde mir wünschen, die Kommunen würden mit mehr Finanzmitteln ausgestattet werden und über eine größere Entscheidungskompetenz verfügen. Ich erhoffe mir davon eine lebendigere Demokratie und mehr Teilhabe der Menschen vor Ort.

Zu Ihrer dritten Frage: Ganz einfach - schlecht, jedenfalls schlechter als mit Grundschulen. Für jede Familie mit Kindern ist es wichtig, die KITA, die Grundschule und wenn möglich auch die weiterführende Schule in der Nähe zu haben. Kein Elternteil möchte seinem Kind - und wir sprechen bei Grundschulkindern hauptsächlich von unter 10jährigen - einen langen und vielleicht auch gefährlichen Schulweg zumuten.

Die Landtagsfraktion der LINKEN fordert eine Überarbeitung der Schulentwicklungsverordnung (SEPL-VO 2014) und der Lehrerzahlen im Personalentwicklungskonzept (PEK). Matthias Höhn, Bildungsexperte unserer Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, hat zu der Schulentwicklung in Sachsen-Anhalt erst kürzlich eine Rede im Landtag gehalten. http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/index.php?id=videoservice&speech_id=6380.
Es gibt von der Landtagsfraktion der LINKEN außerdem den Antrag "Personalentwicklung und Schulentwicklungsplanung in Übereinstimmung bringen"
(Drucksache 6/2239) http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/intra/landtag3/ltpapier/drs/6/d2239dan_6.pdf).
Die Debatte über die Entwicklung des Schulnetzes beschäftigt unsere Landtagsfraktion allerdings schon länger. Ende Januar machte Matthias Höhn auf die drohenden Schulschließungen und die dringende Notwendigkeit aufmerksam, die Personalplanung für die Schulen zu verbessern. Darüber hinaus hat er eine Erklärung zur Bildungspolitik veröffentlicht, auf die ich Sie aufmerksam machen möchte: http://www.dielinke-fraktion-lsa.de/nc/politik/presse/detail/zurueck/presse/artikel/koalition-verschliesst-weiter-die-augen-vor-den-realitaeten-an-den-schulen-in-sachsen-anhalt/

Zu Ihrer letzten Frage: Als Bundestagsabgeordneter habe ich keinen Zugriff auf die Geschehnisse im Landtag und dort liegt die Entscheidungskompetenz für die Grundschulen. Im Moment beurteile ich die Situation allerdings so, dass mit der jetzigen Landesregierung von CDU und SPD keine andere Politik zu machen ist. Die Linksfraktion im Landtag kritisiert die jetzige Schulentwicklungsplanung, fordert eine Überarbeitung der Planung und schließlich eine öffentliche Diskussion um Schulpolitik.

Falls Sie weitere Fragen oder Anregungen haben, wenden Sie sich gerne wieder an mich.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte

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