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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Ingrid Nestle von Wolfgang R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Nestle,

mich würde Ihre Position zum Bedingungslosen Grundeinkommen interessieren.
Werden Sie sich, falls Sie MdB werden, für die baldmöglichste Einführung eines BGEs einsetzen?

Freundliche Grüsse
Wolfgang Roehrig

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Roehrig,

ich halte das bedingungslose Grundeinkommen für ein interessantes Konzept, das sich zu diskutieren und weiterzudenken lohnt. Den Gedanken, dass jeder Mensch ein Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft hat, finde ich absolut richtig. Im Moment ist dieses Recht auf Teilhabe nicht für jeden Menschen, der in Deutschland lebt, gesichert. Denn unter anderem aufgrund der restriktiven Vergabe und des gesellschaftlichen Makels bedeutet Hartz IV für die meisten ein Absturz, keine Absicherung. Dadurch werden Ängste geschürt, statt die kreativen Potentiale der Menschen zu stärken. Deshalb möchte ich eine Alternative, die allen Menschen ein Leben in Würde ermöglicht. Dies kann ein bedingungsloses Grundeinkommen sein.

Ich bin dafür, dass wir Schritt für Schritt den Weg in diese Richtung einschlagen, zunächst mit einem bedingungslosen Grundeinkommen für Kinder. Zusätzlich könnte als Einstieg in ein bedingungsloses Grundeinkommen ein Umweltgeld pro Kopf eingeführt werden, was durch Abgaben auf Ressourcenverbrauch finanziert wird. Ein solches Umweltgeld gibt es in ähnlicher Form in Zürich. Dabei können wir das Konzept Grundeinkommen in Deutschland testen und fortentwickeln. Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ist eine so grundsätzliche Änderung in unserem System, das sie vor einer umfassenden Einführung in einzelnen Bereichen erprobt werden sollte. Die Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft können dann aufmerksam beobachtet und bei der Weiterentwicklung bedacht werden.

Neben dem Grundeinkommen bedarf es sicherlich auch weiterer Elemente, z.B.:

• öffentliche Daseinsvorsorge und gesellschaftliche Infrastruktur
(z.B. Bildung, Kultureinrichtungen, Mobilität, Wohnen),
• nachhaltiges Wirtschaften,
• Absicherung der großen Lebensrisiken Alter und Krankheit
• und nicht zuletzt neuer Möglichkeiten demokratischer Mitwirkung im politischen Geschehen.

Zu bedenken wäre auch der globale Kontext. International in diesem Bereich tätige Forscher sehen in der weltweiten Durchsetzung eines Rechts auf Ernährung eine Voraussetzung dafür, dass in Deutschland bzw. Europa ein umfassendes Grundeinkommen eingeführt werden kann. Ferner ist darauf zu achten, dass grundsätzlich die Gefahr besteht, dass ein Grundeinkommen von neoliberaler Seite benützt werden könnte, um damit einen weiteren Sozialabbau zu kaschieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Nestle

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