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Ingrid Remmers
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Frage von Jürgen M. •

Frage an Ingrid Remmers von Jürgen M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Remmers,

im Rahmen einer Dokumentation über multiresistente Keime habe ich erfahren, dass
man nicht genau ermitteln kann, wie viele Menschen sich jedes Jahr in Deutschland an dieser Art Keimen erkranken und wie viele daran sogar sterben.

Es gab eine Schätzung, die von bis zu 40.000 Menschen ausgeht, die jedes Jahr an MRSA versterben.
Da meine Schwester vor 3 Jahren selber verstorben ist, die Ursache für das multiple Organversagen
aber nicht zweifelsfrei auf MRSA zurückgeführt werden konnte, interessiert mich das Thema sehr.

Daher wollte ich Ihnen zwei Fragen stellen:
1. Welche Maßnahmen schlägt Ihre Partei vor, um diese Keime zu bekämpfen?
2. Kennen Sie den Grund, warum MRSA nicht auf dem Totenschein vermerkt werden muss?
Würde man diese Ursache auf dem Totenschein vermerken, so wäre man nicht auf Schätzungen
angewiesen, die z.T. sehr stark voneinander abweichen. Dadurch wird die wahre Gefahr der Öffentlichkeit
nicht in vollem Umfang bewusst

Ich bedanke mich im Voraus recht herzlich für Ihre Antwort!

J. M.

Portrait von Ingrid Remmers
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr M.,

herzlichen Dank für die Zusendung Ihrer Frage zur Strategie der Fraktion DIE LINKE zum Umgang mit der Bedrohung durch Krankenhauskeime.

In unseren Augen muss die Bekämpfung der Keime an sehr vielen Stellen ansetzen. Daher möchte ich mich auf die vier aus unserer Sicht wichtigsten Maßnahmen beschränken:

1. Das einfachste und wirksamste Mittel ist mehr Personal in den Krankenhäusern: Es fehlen derzeit mindestens 100.000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern. Auch bei anderen für die Hygiene zentralen Berufsgruppen (z.B. Reinigung und Sterilisation) herrscht massiver Personalmangel. Die Ursachen sind hausgemacht: Die Krankenhäuser werden seit 2004 durch das System der Fallpauschalen finanziert. Diese setzen zentral den Anreiz, möglichst viele Fälle mit möglichst wenig Personal zu behandeln. Darunter leidet auch die Krankenhaushygiene massiv. Die Gewerkschaft ver.di hat aus diesem Grund vor zwei Jahren einen bundesweiten „Aktionstag Händedesinfektion“ in den Krankenhäusern durchgeführt (https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/entlastung/++co++b4a07b28-6e05-11e7-8b0a-525400ff2b0e ), der darauf aufmerksam machen sollte, dass der Pflegenotstand es für die Beschäftigten unmöglich macht, die Vorschriften zur Händedesinfektion einzuhalten. DIE LINKE im Bundestag unterstützt die Kämpfe für mehr Personal und Entlastung seit vielen Jahren, u.a. fordern wir seit langem eine bedarfsgerechte gesetzliche Personalbemessung und bringen dieses Thema im Bundestag immer wieder auf die Tagesordnung.

2. Um wirksame Präventionsstrategien und -maßnahmen gegen Krankenhausinfektionen einzuführen und zu etablieren müssen andere Anreize für die Krankenhäuser gesetzt werden: Es muss für sie auch wirtschaftlich sinnvoller sein, hier zu investieren. Dafür muss das System der Krankenhausfinanzierung verändert werden. Wir setzen uns deshalb für die Abschaffung der Fallpauschalen und die Rückkehr zu einer bedarfsgerechten Finanzierung der Krankenhäuser ein.

3. Forschung: Wenn wir bei der Entwicklung neuer Antibiotika substanziell vorankommen wollen, muss die nichtkommerzielle öffentliche Arzneimittelforschung gefördert werden. Wir sehen, dass das Interesse der Industrie an der Entwicklung neuer Antibiotika nicht nur für unsere Region denkbar gering ist. Deshalb müssen wir öffentlich investieren. Das wäre ein wirksamer Ansatz, um unser Schwert gegen Infektionskrankheiten wieder scharf zu machen und Menschenleben zu retten. Bisher wurden unsere entsprechenden Anträge aber trotzdem abgelehnt.

4. Der vierte Ansatzpunkt liegt nicht in den Krankenhäusern, sondern in den Ställen: Jenseits der Erforschung neuer Antibiotika ist es dringend notwendig, den Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht deutlich einzudämmen. Durch die meistens miserablen Haltungsbedingungen sind in Deutschland 92% der konventionell gehaltenen Schweine von MRSA befallen. Hier werden nicht nur hunderte Tonnen gängiger Antibiotika eingesetzt, sondern auch Reserveantibiotika verpulvert, die eigentlich für Menschen vorgehalten werden. Hierdurch bekommen die Keime die Möglichkeit, Resistenzen zu entwickeln, so dass sie für uns ggf. wirkungslos sind und das Problem weiter vergrößern. In unserem Antrag „Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung reduzieren“ haben wir dieses Problem bereits vor einigen Jahren thematisiert (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/083/1708348.pdf ).

Falls Sie weitere Fragen diesbezüglich haben, kommen Sie gerne noch einmal auf mich zurück.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Remmers