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Frage von Dieter K. •

Frage an Ingo Rust von Dieter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie wollen Sie sich für die überfällige, tatsächliche Trennung von Kirche und Staat einsetzen, insbesondere gegen die versteckte Finanzierung der Kirchen durch Nichtmitglieder, wenn ich Sie wählen soll? Schließlich macht diese Gruppe in der Bevölkerung bald 40% aus und stellt heute schon ein großes Wählerpotential dar, auch wenn sie nicht so viele Mitglieder zählt wie die Kirchen (auf dem Papier). Ich weiß natürlich vom Einsatz der etablierten Kirchen in den Sozialeinrichtungen der Gesellschaft, aber auch von deren überwältigender Finanzierung durch den Steuerzahler (bis zu 95%). Auch bei den Entwicklungshilfe-Organisationen wie Misereor und Brot für die Welt zahlt der Steuerzahler mit, also auch für deren Missionierungsprojekte. Sogar die Konfessionslosen zahlen hier wieder mit. In diesen kirchlichen Einrichtungen gelten darüber hinaus keine normalen tariflichen Vorschriften und Bezahlungsgrundsätze und auch kein Bundesarbeitsrecht sondern kirchliches Recht. Hier ist die Kirche sozusagen ein Staat im Staat. Wie wollen Sie diese Missstände ändern?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kaiser,

vielen Dank für Ihre Mail, die ich Ihnen gerne beantworte.

Seit 1918 haben wir in Deutschland eine strenge institutionelle Trennung von Staat und Kirche. Die SPD verteidigt die Freiheit des Denkens, des Gewissens und des Glaubens. Trotzdem wissen wir die Leistungen der Kirchen für unsere Gesellschaft zu schätzen und unterstützen diese. Wie wir dies im Übrigen auch bei Sport-, Kultur- oder Umweltverbänden tun.

Bei Leistungen, die der Staat den Kirchen und ihren Werken erstatten, z.B. im Bereich der Kranken- und Altenpflege, der Entwicklungshilfe oder der Jugendhilfe, die Sie angesprochen haben, werden die Kirchen genauso behandelt, wie jeder andere freie und gemeinnützige Träger (ASB, AWO, Rotes Kreuz,…).

Die weiteren Finanzbeziehungen, die Sie möglicherweise ansprechen sind die Kirchensteuern und die Staatsleistungen an die Kirchen.

Die Kirchensteuern werden vom Staat gegen ein gutes, kostendeckendes Entgelt eingetrieben und stellen daher keine Subventionierung durch den Steuerzahler dar.

Zum Zweiten Punkt: Die SPD steht zu den mit den Kirchen geschlossenen Verträgen, die auch die Staatsleistungen beinhalten. Für uns ist es wichtig, dass gleich wer, sich auf Verträge mit dem Staat verlassen kann. Darauf haben Bürgerinnen und Bürger und Institutionen nach unserer Auffassung ein Anrecht. Diese Leistungen beruhen auf Verträgen, die nach der Enteignung der Kirchen im Rahmen der Säkularisierung geschlossen wurden. Den Kirchen wurden für die Enteignung der Kirchengüter (Klöster, Gebäude, Ländereien,...) jährlich wiederkehrende Leistungen als Entschädigung zugesichert. Man könnte dies natürlich ablösen, das wäre für den Staat aber sehr teuer.

Ein Kommentar zum Schluss: Es ist gut, dass wir eine Trennung von Staat und Kirche haben und nicht mehr die Verflechtungen aus dem Mittelalter. Es ist aber auch gut, dass die Kirchen sich, so wie viele andere Gruppierungen und Organisationen auch, in der Gesellschaft zu Wort melden, insbesondere für diejenigen, die sich ohne sie nicht zu Wort melden können. Ich denke da insbesondere an den Bereich der Diakonie und der Jugendhilfe.

Mit freundlichen Grüßen
Ingo Rust MdL