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Frage von hanne h. •

Frage an Ingo Böttcher von hanne h. bezüglich Verkehr

Hallo Ingo Böttcher,

an den Rothenburgsorter und Journalisten möchte ich gern zwei Fragen zu Kaltehofe, zu der Wasserkunstinsel, die mit der Billwerder Insel zum südlichen Rothenburgsort stellen:

1. Welche Bedeutung hat ein autofreie Kaltehofe Hauptdeich für die Attraktivität von Rothenburgsort insgesamt?

2. Gibt es einen aktuellen Stand zu Kaltehofe:
Wieviel Geld wollen die Hamburger Wasserwerke (Hamburg Wasser) und wieviel Geld will die Stadt (direkt) investieren? Und zwar in einen neuen Freizeitpark Kaltehofe, der sich auf rund ein Drittel der Wasserwerksfläche Fläche ausdehnen soll.

Welche der Veränderung (Inhalte des Masterplans Kaltehofe) wäre im Sinne von RothenburgsorterInnen und warum?

ich habe noch eine weitere Frage zum Radfahren:

3. Die Stadtdeichpromenade oder Oberhafen-Connection, (die elbseitige Strecke am Großmarkt entlang zur Vermeidung der Amsinckstraße) ist ein langgehegter Wunsch aus Rothenburgsort, aber auch von Menschen aus der Innenstadt.

Was sind die Knackpunkte, die die Realisierung verhindern ? Wer wäre Entscheider oder entscheidendes Gremium?

Noch eine ganz anderes Thema
Eine Frage zu Koch, Kusch und Co.

4. Derzeit mache ich mir Sorgen wegen der Hetze gegen Menschen mit z. B. türkischem
oder islamischen Hintergrund.

Ein Lichtblick waren für mich der Beitrag vom Kabarettisten Hagen Rether
zur Islam-Debatte, der auch im Internet (Youtube) zu finden ist.

Über einige Stichworte zum umfassenden Thema, was beispielsweise Integration fördernde oder hemmende Maßnahmen oder Bedingungen sein könnten, würde ich mich freuen.

Vielen Dank Hanne Hollstegge

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Sehr geehrte Frau Hollstegge,

erstens, schon mal:

Rothenburgsort hat – wenn man es denn kennt – viele faszinierende und attraktive Orte und Bauten zu bieten. Der Kaltehofe Hauptdeich ist einer der allerschönsten und allerwichtigsten. Ein „natürlicher Themenpark“ (Hochwasserschutz, Elbniederung, Hafen, Industriegeschichte, Umwelt) einerseits, ein langer gerader, wahlweise (auf der Straße) glatt asphaltierter oder (auf dem Deich) erhabener grasgrüner Weg. Ein weiter Tummelplatz für alles was ohne Motor rollt, läuft, geht, krabbelt oder walkt. Und dabei irgendwie immer noch ein Geheimtipp, selbst für erfahrene Hamburger. Das ist die Bedeutung eines autofreien Kaltehofe Hauptdeichs für Rothenburgsort – und für Hamburg.

Zweitens
ist schon schwieriger. Über die tatsächlichen Investitionsabsichten der Wasserwerke und der Stadt kann ich kaum Auskunft geben. Bei der Präsentation des „Masterplans Kaltehofe“, dem Konzept für den Freizeitpark, hieß es die Wasserwerke (Jahresgewinn 2006: 42,8 Mio Euro) würden von den Investitionskosten von 6 Millionen Euro „ein Viertel bis ein Drittel“ übernehmen, den Löwenanteil zahle die Stadt. Die erwarteten Betriebskosten von 150.000 Euro im Jahr wollen sich Behörde und Wasserwerke teilen. So viel aus dem Vorwahlkampf. Dieser Masterplan Kaltehofe hat einen gewaltigen Pferdefuß: Die Planer haben eine Zufahrt zur Villa vorgesehen, also die Öffnung des Hauptdeichs auf etwa 800 Metern. Warum das nicht im Sinne der RothenburgsorterInnen wäre, siehe erstens. Der in den Entwürfen gezeichnete, m. E. äußerst kitschige Event- und Aussichtsturm (oder wie man das nennen soll) ist für das Finanzierungskonzept wichtig. Ohne das Ding in Fontänenform keine Einkünfte, ohne Einkünfte kein Park – so ungefähr läuft die Argumentation. Deshalb ist dieser Punkt so sensibel. Und ihn in Bausch und Bogen abzulehnen (wie ich es eigentlich wollte) bedeutete, das ganze Konzept zu kippen. Nun, ich glaube ohnehin nicht, dass dieses Gebilde echte Realisierungschancen hat. Man wird eine andere Cash-Cow finden müssen, wenn man denn eine braucht. Wir in Rothenburgsort sollten uns weiter zum Ziel setzen, unseren überaus schönen und historisch sensationellen Wasserturm von 1848 als Aussichtsturm (zurück) zu gewinnen.

Zu 3.)
Vorweg: Zur Veranschaulichung der Idee "Oberhafen-Connection" für Nicht-Eingeweihte lege ich im Anhang (s.u.) eine kleine Kartengrafik ab. Dieser geniale Weg für Radfahrer und Fußgänger zwischen Elbbrücken und Deichtor kommt nicht zustande, weil die Wirtschaftsbehörde den Obst- und Gemüsegroßmarkt (auf dessen Betreiben) für tabu erklärt. Dort hat man ganz und gar keine Lust, auch nur einen Quadratzentimeter der (vermeintlich) eigenen Fläche zugunsten welcher Nutzung auch immer, schon gar nicht eines öffentlichen Wegs, aufzugeben. Das entspricht dem natürlichen Verhalten einer Behörde bzw. in diesem Fall eines Landesbetriebs, die/der eben seinen Einflussbereich schützt. Ob und wie das jeweils gelingt, wird nicht vom der Behördenleitung (Senator) entschieden, sondern auf einer mittelhohen Beamtenebene, auf der man sich kennt und auf der Basis langjähriger Beziehungen die kleinen Schicksale der Stadt behandelt. Argumente sind dann nachrangig und werden je nach Bedarf gefunden: Im Fall der Oberhafen-Connection reicht es völlig aus, die Phrase zu dreschen, „der Verkehrsweg“ sei „von existentieller Wichtigkeit für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes“ (BSU, Januar 2007), um freche Vorstöße der Bezirksverwaltung zurück zu weisen. Ein paar interne Deals (Großmarkt zahlt für Herrichtung der Straße) und nebelhafte Zuständigkeiten verwirren die Sachlage für Außenstehende zusätzlich, alte Versprechungen erledigen sich en passant. („Erst wenn die Planungen [für die Hochwasserschutzanlagen östlich der Brandshofer Schleuse] abgeschlossen sind, wird eine konkrete Entscheidung über die Geh- und Radwegführung im Großmarktbereich getroffen werden können. Der dafür benötigte Geländestreifen entlang des Oberhafens wird deshalb für diese Option vorausschauend freigehalten.“ Baubehörde, August 2000) Natürlich könnten Bau- und Wirtschaftsenator machtmäßig die Lage jederzeit klären und die Oberhafen-Connection verordnen. Kein Problem. Sie müssen nur wollen – und das Thema als solches bemerken. Zwei Möglichkeiten, das zu bewerkstelligen: Massiver öffentlicher Druck mittels Initiativen und Medien. Oder dem Stadtentwicklungssenator den Weg so präsentieren, dass er ihn als tolle eigene Idee verkaufen kann, mit ganz viel Zucker oben drauf. Ich finde die erste Variante aussichtsreicher und sportlicher, vielleicht in Kombination mit der zweiten. Man könnte mal wieder dran arbeiten.

Zu 4.)
Es ist ein bisschen heikel, in einem öffentlichen Forum auf ein so umfassendes Thema mit „einigen Stichworten“ zu antworten, oder? Da kann man leicht missverstanden werden. Trotzdem der Versuch: Ganz grundsätzlich hilft Menschlichkeit, miteinander Reden und Nachdenken gegen Desintegration. Und unter Desintegration leidet ganz sicher nicht nur das Verhältnis von Leuten mit angeborenem Personalausweis und solchen ohne. Sondern auch das von Arm und Reich („soziale Segregation“), Alt und Jung („Generationenkonflikt“, „Jugendlichkeitswahn“), Krank und Gesund. Unsere Gesellschaft differenziert sich rasant, weiß der Soziologe, und manche müssen dafür den Kopf hinhalten, wenn es „der Politik“ mal wieder gefällt, das Unbehagen darin zum Stimmenfang einzusetzen. Was könnte man tun, um das Hier-Leben für Einwanderer besser und sicherer zu machen, sie vor wild gewordenen Politikern und Medien zu schützen? Dazu nur zwei Gedanken: Erstens: Man könnte und sollte Menschen, die seit einer bestimmten Zeit hier leben, das kommunale Wahlrecht geben, also in Hamburg das Landeswahlrecht. Die Frankfurter Oberbürgermeisterin schlug als Frist jüngst einen Zeitraum von „vier bis fünf Jahren“ vor. Im Wahlkreis 2 leben 115.00 Erwachsene, davon sind 32.000, 28 %, nicht wahlberechtigt, also nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit versehen. An meinen Wahlkampf-Info-Ständen spreche ich derzeit mit vielen dieser machtlosen Bürger. Ich sehe nicht ein, warum wir auf ihre politische Mitwirkung verzichten müssen. Dazu bedarf es allerdings einer Änderung des Grundgesetzes. Ich glaube, hoffe und will aus der Hamburger Bürgerschaft daran mitwirken, dass dieses Thema in den kommenden vier Jahren hoch auf die Berliner Tagesordnung kommt. Zweitens: Wir sollten uns als Einwanderungsgesellschaft und Einwanderungsstadt neu erfinden. Im Rahmen der Stadtteilentwicklung Billstedt/Horn gibt es das Projekt eines „Lokalen Integrationsgipfels“ wie er vom „Nationalen Integrationsgipfel“ empfohlen wird. Ich war vor einigen Tagen in der Arbeitsgruppe, die die Sache voran bringen will. Nicht nach Schema F, sondern so, wie es uns vor Ort sinnvoll erscheint. Das war sehr aufschlussreich, intensiv und es hat Spaß – und Hoffnung – gemacht.

In diesem Sinne!

Ingo Böttcher