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Ilona Deckwerth
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Frage von Ernst S. •

Frage an Ilona Deckwerth von Ernst S. bezüglich Frauen

Verehrte Fr. Deckwerth,

welche Tarifverträge gibt es, die Frauen gegenüber Männern schlechter stellen - auf Grund des Geschlechts?
Welche + wie viele Entscheidungen u/.o

Klagen vor welchen Arbeitsgerichten sind hierzu bekannt geworden?

Thema Inklusion: Welche Beschwerden von Behinderten gab es, dass diese nachteilig behandelt worden seien?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

anbei meine Antworten auf Ihre beiden Fragen.

Thema:
Welche Tarifverträge gibt es, die Frauen gegenüber Männern schlechter stellen - auf Grund des Geschlechts?
Welche + wie viele Entscheidungen u/.o
Klagen vor welchen Arbeitsgerichten sind hierzu bekannt geworden?

Tarifverträge leisten einen großen Beitrag dazu, die sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern. Innerhalb eines Tarifvertrages darf niemand aufgrund seines bzw. ihres Geschlechts benachteiligt werden. Aber dennoch können sie im Ergebnis und ihrer Wirkung für Frauen diskriminierend sein – sei es hinsichtlich Fragen der Arbeitszeit, zum Entgelt, oder zu Qualifizierungs- und Entlassungsbedingungen.

Daher ist es von großer Bedeutung die Tarifverträge stetig weiter zu verbessern, die kritischen Punkte zu berücksichtigen und an ihnen zu arbeiten.

Eine große Problematik liegt bei den Lohnunterschieden in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern, die ja zumeist jeweils weiblich oder männlich dominiert sind. Je nach Sektor unterscheiden sich die tariflich festgelegten Stundenlöhne stark und das tendenziell so, dass für die stärker von Frauen dominierten Berufe, wie Dienstleistungs- und Pflegeberufe, leider nur deutlich niedrigere Entgelte ausgehandelt werden konnten.

Eine weitere große Problematik bzw. Diskriminierungsgefahr liegt in der Struktur von Tarifverträgen. Hierbei sind beispielsweise die Kompetenzen, die zur Bewertung herangezogen werden, ausschlaggebend – oft werden Kompetenzen, wie Kommunikationsfähigkeit oder soziale Kompetenz, die eher in frauendominierten Berufen wichtig sind, nicht berücksichtigt, oder die verwendeten Kriterien können von vornherein aus gesellschaftlichen oder physischen Gründen unterschiedlich leicht von Männern und Frauen erfüllt werden (z.B. zeitliche und räumliche Flexibilität, Körperkraft). Auch bieten Tarifverträge oft einen gewissen Spielraum, der bewusst oder unbewusst leider auch nachteilig für Frauen ausgelegt werden kann. In der Summe kann sich dies dann diskriminierend auswirken.

Es gab in der Vergangenheit verschiedene Klagen etwa in Zusammenhang mit einem Berufsausübungsverbot für Frauen, aber diese sind glücklicherweise schon seit längerer Zeit positiv im Sinne der Gleichstellung entschieden worden flankiert von weiteren Gesetzesinitiativen zur Verbesserung der Gleichstellung.

Insgesamt ist uns als bayerische SPD die Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt ein großes Anliegen. Im Durchschnitt verdienen Frauen ein Viertel weniger als Männer. Ihr Anteil im Niedriglohnsektor und in Minijobs ist überproportional hoch, oft arbeiten Frauen im sozialen, gesundheitlichen oder pädagogischen Bereich und in Dienstleistungsberufen, die, wie bereits erwähnt, schlecht bezahlt sind. Das darf keinesfalls so bleiben! Arbeitsleistung muss endlich unabhängig vom Geschlecht bewertet werden. Diese Berufe müssen dringend in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft anerkannt und auch entsprechend entlohnt werden. Weitere entscheidende Punkte sind für uns die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und die Schaffung von mehr Aufstiegschancen für Frauen. Hierbei fordern wir beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle, eine flächendeckende Kindertagesbetreuung, ein Gleichstellungsgesetz mit verbindlichen Quoten und Regelungen sowie Gleichstellungsbeauftragte.

Thema Inklusion: Welche Beschwerden von Behinderten gab es, dass diese nachteilig behandelt worden seien?

Vor knapp zehn Jahren hat Deutschland inzwischen das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung ratifiziert. In diesen zehn Jahren ist viel passiert, am Ziel sind wir aber leider noch lange nicht angekommen, und Menschen mit Behinderung sind noch viel zu oft Diskriminierung ausgesetzt oder werden nachteilig behandelt.

Allein mich erreichen viele Petitionen und Bürgeranliegen, die diese Benachteiligungen exemplarisch sehr deutlich machen. Das beginnt bei mangelnder Barrierefreiheit an verschiedensten Orten des öffentlichen Lebens, führt über die Nicht-Bewilligung von Assistenzleistungen oder Gegenständen, die eine Teilhabe an Gesellschaft, Arbeitsmarkt und Alltag deutlich erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen würden, bis hin zu erschwerten Möglichkeiten geeignete Wohnungen oder einen passenden und gut bezahlten Arbeitsplatz zu finden.

Auch gibt es eindeutige Zahlen, die die benachteiligende Situation von Menschen mit Behinderung deutlich zeigen. Lassen Sie mich dies kurz am Beispiel Arbeitsmarkt ausführen: Menschen mit Behinderung profitieren nicht von der guten wirtschaftlichen Lage in Bayern: Während rund 75 Prozent der Menschen ohne Behinderung ihren Lebensunterhalt durch ihre eigene Erwerbstätigkeit bestreiten können, sind es lediglich 35 Prozent der Menschen mit Behinderung. Während die Arbeitslosenquote insgesamt bayernweit in den letzten Jahren gesunken ist, steigt sie bei den Menschen mit Behinderung an. Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung ist drei Mal so hoch wie der Durchschnitt. Betrachtet man die Anstellungsverhältnisse, so fallen 56,6% der arbeitenden Menschen mit Behinderung in die Kategorie „Sonstige Anstellungsverhältnisse“, was Rückschlüsse auf sehr niedrige Gehälter zulässt. Dazu kommt, dass nur 3,3% der Menschen mit Behinderung sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Ich denke diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache – von gleichberechtigter Teilhabe kann hier leider noch nicht die Rede sein! Und dabei ist der Arbeitsmarkt nur eines der vielen Felder, in denen es sich so verhält. Deswegen bin ich überzeugt davon, dass wir für eine wirklich gleichberechtigte Teilhabe noch an diversen Stellschrauben drehen müssen.

Falls Sie interessiert an unseren Ideen sind, lade ich Sie herzlich ein, sich diese in unserer neu erschienenen Broschüre zum Thema Inklusion durchzulesen. Dort finden Sie auch noch einmal ausführlicher beschrieben, mit welchen Schwierigkeiten viele Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft zu kämpfen haben. Die Broschüre finden Sie hier:
https://bayernspd-landtag.de/workspace/media/static/180630fachinfo_inklusion-5b487f94118ba.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Ilona Deckwerth, MdL