Portrait von Hermann Bachmaier
Hermann Bachmaier
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hermann Bachmaier zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Veit G. •

Frage an Hermann Bachmaier von Veit G. bezüglich Bundestag

Sehr geehrter Herr Bachmaier

wie stehen sie zum Theme Föderalismus? Sind sie auch der ansicht dass die Stärke des Bundesrates ein Problem in der Verfassung ist, dass behoben werden sollte? wie steht die SPD dazu?

Würden sie eine Verfassungsänderung die den Bundesrat schwächt unterstützen, auch wenn es einer SPD die einmal in der Opposition sitzen könnte ein wesentliches Machtmittel entziehen könnte?

MfG
Veit Groß

Portrait von Hermann Bachmaier
Antwort von
SPD

Deutschland braucht eine Föderalismusreform. Darüber sind sich alle einig. Die Bürgerinnen und Bürger wollen einen handlungsfähigen Staat. Sie erwarten, dass eine gewählte Bundesregierung die anstehenden bundespolitisch relevanten Probleme löst. Wie aber sieht die politische Wirklichkeit aus? Fast 60 % aller Bundesgesetze benötigen die Zustimmung des Bundesrates. Der Bund hat immer größere Schwierigkeiten, wichtige gesamtstaatliche Fragen zu regeln. Bestes Beispiel war das Zuwanderungsgesetz. Obwohl mehrere Kommissionen parteiübergreifend klare Zuwanderungsregelungen eingefordert haben, haben sich Bund und Länder um dieses Gesetz jahrelang gestritten. Auch Grundfragen der Sozialversicherungssysteme können nur noch in mühsam zustande gekommenen Kompromissen einer Lösung näher gebracht werden. Der Vermittlungsausschuss wird zum letztlich alles entscheidenden Gremium. In langwierigen nichtöffentlichen Nachtsitzungen dieses Ausschusses werden vom Bundestag beschlossene Gesetze bis zur Unkenntlichkeit verändert. Wer am Ende für welche Regelung verantwortlich ist, ist kaum noch erkennbar.
Diese Situation tut dem Land nicht gut. Sie schadet der Demokratie und dem Ansehen der Politik ganz allgemein.
Es ist daher zwingend geboten, die in den letzten Jahrzehnten immer weiter ausgedehnten Zustimmungsrechte des Bundesrates zu Gesetzen des Bundes wieder auf ihren ursprünglichen Kern zurückzuführen.
Die Länder haben dazu auch grundsätzlich ihre Bereitschaft erklärt. Für Ihren Verzicht auf Beteiligungsrechte im Bundesrat wollen sie jedoch wieder mehr eigene Gesetzgebungskompetenzen erhalten. Dieses Anliegen ist berechtigt. Denn das Grundgesetz sieht die Länder nicht nur als Mitwirkende beim Zustandekommen von Bundesgesetzen, die Landesregierungen nicht nur als oberste Verwalter und die Landtage nicht nur als Kontrolleure der Landesverwaltungen. Das Grundgesetz setzt vielmehr voraus, dass die Länder eigenverantwortlich Aufgaben wahrnehmen und gestalten, ihre Stärken ausbauen und unterschiedliche Lösungsansätze verwirklichen können.
Es geht also nicht darum, Bund und Länder bzw. Bundestag und Bundesrat gegeneinander auszuspielen oder den einen oder den anderen zu schwächen, sondern darum, die Zuständigkeiten zu entflechten und die Kompetenzen klar zuzuordnen.
Die Föderalismuskommission, der ich angehört habe, ist mit ihrer Arbeit sehr weit gekommen und letztlich nur an wenigen Einzelfragen gescheitert. Bei einem neuen Anlauf sollte allen Beteiligten klar sein: Es geht bei der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung nicht um Besitzstandswahrung und es geht nicht um Wahlkampftaktik, es geht auch nicht um Sieg oder Niederlage. Es geht im Interesse der Handlungsfähigkeit des Staates um klare Kompetenzzuweisungen, die sich ausschließlich an den Vorgaben unserer Verfassung und an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger orientieren.