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Heide Rühle
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Frage von Alexander H. •

Frage an Heide Rühle von Alexander H. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Rühle,

ich habe vor kurzem von Änderungsanträgen zur geplanten Novelle des EU-Gesetzespakets zur Regulierung des Telekommunikationsmarktes gelesen. Über dieses "Telekommunikations-Gesetzespaket" soll bereits in den nächsten Tagen abgestimmt werden.

Auf einigen Nachrichtenseiten (meine Quellen habe ich unten angegeben) war zu lesen, dass dieses Paket europäische Internetnutzer dazu verpflichten könnte, Spyware zur Überwachung des Internetverkehrs auf ihren Rechnern zu installieren - vorgeblich um die Verbreitung illegaler Inhalte zu kontrollieren. Zudem sollen die Provider mit der Überwachung und Filterung des Internetverkehrs beauftragt werden können. Es wird dabei allgemein befürchtet, dass das Prinzip der sogenannten Netzneutralität stark gefährdet wird. Das Gesetzespaket soll zu allem Übel auch noch ungewöhnlich komplex und unübersichtlich sein - vielleicht sogar, um damit seine Auswirkungen zu verschleiern.

Für mich als Bürger klingt das alles natürlich - vorsichtig ausgedrückt - nicht sonderlich begrüssenswert.

Ich habe erfahren, dass Sie als "Schattenberichterstatterin" den Gesetzesentwurf untersuchen und dem Parlament einen Bericht vorlegen können. Da Sie zudem wie ich auch aus Baden-Württemberg kommen, interessiert mich Ihre Ansicht zu dem Thema natürlich besonders. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie die Zeit zu einer Antwort finden.

Vielen Dank schonmal im Voraus und mit freundlichen Grüßen,
Alexander Hartmann

Quellen:
http://debatte.welt.de/weblogs/151/die+welt+im+kasten/79021/eu+schafft+die+netzneutralitaet+ab?req=RSS

http://www.laquadrature.net/files/note-IMCO-ITRE-quadrature-20080630.pdf

http://www.heise.de/newsticker/EU-Konservative-wollen-Internet-Nutzung-lueckenlos-ueberwachen--/meldung/110319

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hartmann,

das´Telekommunikationspaket´ besteht aus drei einzelnen Gesetzesvorschlägen (zwei Richtlinien und eine Verordnung) sowie einer Mitteilung der Kommission über die "digitale Dividende". Für die Richtlinie über die Rechte der Nutzer und die so genannten Universaldienste, d.h. die gesetzliche Verpflichtung der Netzbetreiber, bestimmte Leistungen flächendeckend anzubieten, war der Binnenmarktausschuss federführend. Als Mitglied des Binnenmarktausschusses habe ich als Schattenberichterstatterin für meine Fraktion gearbeitet.

Die Universaldienstrichtlinie hat einige wichtige Verbesserungen der Verbraucherrechte erbracht. So wurde unter anderem die Mitnahme der Rufnummern bei Betreiberwechseln geregelt, die Rechte von Menschen mit Behinderung gestärkt und die Möglichkeit geschaffen, die Mindestdauer von Verträgen auf zwölf Monate zu verkürzen.

In der Tat gab es im Vorfeld auch einige wilde Vorschläge zu Überwachung des Internetverkehrs der Nutzer. So ging es darum, dass Provider dazu verpflichtet werden sollten, als "Hilfssheriffs" aufzutreten und Internetnutzer zu kontrollieren. Ein anderer Vorschlag, das sogenannte "französische Modell", sah vor, Internetnutzern bei Fehlverhalten den Anschluss zu sperren. All diese Vorschläge wurden abgelehnt oder standen erst gar nicht zur Abstimmung.

Auch der Vorschlag, dass europäische Internetnutzer Spywareauf ihren Rechner installieren oder dulden müssten, um die Verbreitung illegaler Inhalte zu überwachen, stand so nie ernsthaft zur Debatte. Le Quadraturedu Net, deren Artikel Sie ja zitieren, hat mein Abstimmungsverhalten protokolliert und bewertet. Sie finden diese Bewertung unter folgendem Link: http://www.laquadrature.net/wiki/Telecoms_package_directives_1st_reading_details_by_score

Viel prekärer ist die Situation beim Datenschutz. Unter dem Vorwand schwammiger Sicherheitsbestimmungen wird es künftig für entsprechende Stellen noch einfacher, sensible Verbindungs- und Standortdaten auf Vorrat zu speichern. Da der Rat das Telekommunikationspaket weiter abgeschwächt hat und dem Vorschlag des Parlaments nicht zustimmte, kommen die Richtlinien in die 2. Lesung. Die Grünen werden sich bei der zweiten Lesung des Telekommunikationspakets im Frühjahr für eine Stärkung der Datenschutzbestimmungen einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Heide Rühle