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Harald Leibrecht
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Frage von René S. •

Frage an Harald Leibrecht von René S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Hag Herr Leibrecht,

sie haben in der Frage nach der Einführung bundesweiter Volksabstimmungen mit nein gestimmt.
Obwohl wir im Grundgesetz die Möglichkeit haben, einen Volksentscheid bei einer Veränderung der Landesfläche (wie 1989) oder einer Änderung am Grundgesetz einen Volksentscheid abzuhalten, wurde dies nie getan.

1. Warum sind sie gegen Bürgerbeteiligung in Form von Volksentscheiden?
2. Sind sie gegen Volksentscheide im Allgemein oder nur auf Bundesebene?
3. Warum wurde in den beiden genannten Fällen nie das Volk, also ihre Wähler, gefragt?
4. Müssten unsere Politiker nicht langsam auch im 21. Jahrhundert ankommen und sehen, dass die parlamentarische Demokratie um den Bestandteil der politischen Teilhabe der Bürger erweitert werden muss? Der dem Bürger in einigen Punkten auch die Möglichkeit gibt, seinen politischen Willen in mehr als nur einem Kreuz alle vier Jahre kund zu tun?

Mit freundlichen Grüßen,
René Schmalian

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schmalian,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 29. Oktober 2012. Grundsätzlich bin ich als Liberaler durchaus der Auffassung, dass den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land die Möglichkeit gegeben sein soll, sich über Elemente direkter Demokratie an den politischen Prozessen der Bundesrepublik Deutschland zu beteiligen. Diese sollen in Form von Volksinitiative, Volksbegehren sowie Volksentscheid zur Verfügung gestellt werden, so dass das Volk als Träger der Staatsgewalt das Parlament veranlassen kann, sich mit bestimmten Themen zu befassen oder – gegebenenfalls – selbst unmittelbare Sachentscheidungen treffen kann.

Der Wunsch und die Bereitschaft der Bevölkerung, sich aktiv für das Gemeinwesen einzusetzen und an seiner Ausgestaltung mitzuwirken, gebieten es aus meiner Sicht, die parlamentarisch-repräsentative Demokratie schrittweise und überlegt um direkte Beteiligungsrechte für Bürgerinnen und Bürger zu ergänzen. Als Träger der Staatsgewalt gewinnt das Volk auf diese Weise über die Teilnahme an Wahlen hinaus einen unmittelbaren Einfluss auf die politische Willensbildung und staatliche Entscheidungen. Die Erfahrungen zeigen, dass direkte Demokratie auf Ebene der Kommunen und Länder bereits erfolgreich praktiziert wird. Dabei müssen sich diese bürgerlichen Beteiligungsrechte, wie parlamentarische Initiativen und Entscheidungen insgesamt, immer an den Grundrechten sowie den unveränderlichen Grundentscheidungen des Grundgesetzes ausrichten und der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen.

Die Liberalen stehen auch weiterhin dazu, dass diese Verfahren bundesweit Transparenz und Identifikationsmöglichkeiten bekräftigen können. In diesem Zusammenhang möchte ich auch zu Bedenken geben, dass es die FDP-Bundestagsfraktion war, die in der letzten Legislaturperiode einen solchen Gesetzesentwurf ausgearbeitet und vorgelegt hat. Bedauerlicherweise wurde dieser Vorstoß von der damaligen Großen Koalition von CDU/CSU und SPD jedoch abgelehnt.

Als die schwarz-gelbe Bundesregierung zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke – auf den Sie sich vermutlich beziehen – ablehnte, gab es dafür gleichwohl gute Gründe. Insbesondere war dieser Entwurf in wesentlichen Punkten unausgereift und die darin aufgeführten Quoren deutlich zu niedrig. Ob sich auf dieser Grundlage der mehrheitliche Wille des Volkes also tatsächlich abbilden lässt, stand und steht stark zu bezweifeln. Schließlich geht es in dieser Debatte darum, die demokratische Legitimität politischer Entscheidungen wahrhaftig zu erhöhen und nicht einer Minderheit zur Verwirklichung ihrer Interessen in der betreffenden Sachfrage zu verhelfen.

Mit freundlichen Grüßen,

Harald Leibrecht, MdB