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Harald Leibrecht
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Frage von Thomas K. •

Frage an Harald Leibrecht von Thomas K. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Leibrecht,

wie stehen Sie zu der aktuell diskutierten Fassung des Meldegesetzes - insbesondere in der Frage, wie darin mit den persönlichen Daten von Bürgerinnen und Bürgern umgegangen wird?
Wieso sieht die FDP das vorliegende Gesetz als Erfolg wenn jede Firma, die Daten von Personen erfasst hat, diese vom Einwohnermeldeamt bestätigen oder berichtigen lassen kann, egal ob ein Widerspruch der Person vorliegt oder nicht?

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Kramer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kramer,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 07.07.2012 zum Bundesmeldegesetz. Ich kann Ihre datenschutzrechtlichen Sorgen gut verstehen. Lassen Sie mich im Folgenden zu einigen Punkten Stellung nehmen.

Bei der Föderalismusreform wurde vereinbart, das Meldewesen in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes zu überführen. Mit der Schaffung des Bundesmeldegesetzes wird nunmehr von der neu geschaffenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes Gebrauch gemacht. Damit sollen einheitliche Standards bei den Melderegistern eingeführt werden, in einer mobiler werdenden Gesellschaft Bürokratie abgebaut und den Bedürfnissen der Informationsgesellschaft auch in der öffentlichen Verwaltung entsprochen werden.

Das neue Melderecht, das ab 2014 bundesweit einheitlich gilt, bildet das geltende Recht aus den derzeit bestehenden Landesmeldegesetzen ab. Bisher gibt es ein Rahmengesetz des Bundes und 16 Landesmeldegesetze. Im neuen Bundesmeldegesetz werden – in Einklang mit dem Bundesdatenschutzgesetz – weiterhin hohe Datenschutzstandards eingehalten.

Für die FDP-Fraktion war dabei wichtig, dass mit dem neuen Recht kein zentrales Melderegister geschaffen wird, wie in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen, sondern es weiter bei der dezentralen Speicherung in den zuständigen Meldebehörden bleibt. Die Kritik der Opposition am neuen Bundesmeldegesetz ist scheinheilig, denn in den Landesmeldegesetzen finden sich weder Widerspruchsmöglichkeiten gegen Werbung und erst recht keine Einwilligungsvorbehalte. Die Opposition streut den Menschen Sand in die Augen, wenn sie die geltende Rechtslage verschweigt und so tut, als könnten erst durch die Überführung des Melderechts in Bundeskompetenz Auskünfte aus den Melderegistern verlangt werden.

Das neue Bundesmeldegesetz ändert auch an den Möglichkeiten, Daten bei Meldebehörden abzufragen, grundsätzlich nichts. Weiterhin können einfache Melderegisterauskünfte zu bereits namentlich bekannten Personen voraussetzungslos abgefragt oder bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses erweiterte Melderegisterauskünfte verlangt werden.

Allerdings wird über das geltende Recht hinaus der Datenschutz verbessert. Denn künftig muss bei Melderegisterauskünften für Werbung oder Adresshandel der Zweck angegeben werden. Die Daten dürfen dann nur zu diesem Zweck verwendet werden, eine Zweckentfremdung ist bußgeldbewehrt. Jeder Bürger muss außerdem bei der Anmeldung von seinem zuständigen Meldeamt darauf hingewiesen werden, dass er dieser Weitergabe – auch mit Wirkung für die Zukunft – widersprechen kann. Ein Widerspruch ist jederzeit, also auch nach der Anmeldung, noch möglich. Eine solche Widerspruchsmöglichkeit bestand bislang nur für Parteienwerbung. Die neue Regelung im Bundesmeldegesetz erweitert die Möglichkeit jedes Einzelnen, Herr seiner Daten zu bleiben. Durch die Pflicht zur Zweckangabe wird darüber hinaus die Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger gesteigert, da sie auch weiterhin bei der Meldebehörde Auskunft darüber verlangen können, wie mit ihren Daten umgegangen wurde.
Die Nutzung der so erlangten Daten unterliegt selbstverständlich weiterhin dem Bundesdatenschutzgesetz. Damit besteht nach den Regeln des Bundesdatenschutzgesetzes ein Anspruch des Betroffenen, gegenüber einem Unternehmen Auskunft, Berichtigung und Löschung seiner Daten zu verlangen.

Das Widerspruchsrecht bei der Meldebehörde, wonach künftig jeder die Weitergabe seiner Adressdaten zu Werbezwecken verhindern kann, erstreckt sich nicht auf Berichtigungsanfragen. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, welches bereits über früher überlassene Daten zu einer ihm bekannten Person verfügt, die Daten im Wege der Melderegisterauskunft berichtigen darf. In Fällen, in denen ein Kunde einem Unternehmen freiwillig seine Daten zur Verfügung gestellt hat, richtet sich - wie schon bisher - der Anspruch auf Löschung der Daten bzw. die Versagung der weiteren Nutzung ausschließlich nach dem Bundesdatenschutzgesetz. In einer Adressänderung allein liegt kein datenschutzrechtlich wirksamer Widerspruch gegen eine einmal erteilte Genehmigung zur Verwendung der eigenen Daten.

Das neue Melderecht ist kein Freibrief für Datenhandel oder Werbung. Vielmehr bietet es ein Plus an Transparenz und Datenschutz im Vergleich zum geltenden Recht. Raum für Befürchtungen, die Kommunen könnten durch den Verkauf von Melderegisterdaten künftig ein Geschäft zu Lasten des Datenschutzes machen, besteht nicht. Die Rechtslage wird im Gegenteil dahingehend verbessert, dass ein zusätzliches Widerspruchsrecht eingeführt wird, das die Weitergabe von Melderegisterdaten einschränkt.

Die FDP-Fraktion setzt sich aber gerne für weitere Verbesserungen im Melderecht ein und nimmt den Sinneswandel der CSU in Bezug auf den Einwilligungsvorbehalt erfreut zur Kenntnis. Sollte es im Bundestag zu einer Mehrheit mit der Unionsfraktion für eine solche Lösung kommen, werden wir diese Möglichkeit sehr gerne nutzen. Ein Scheitern des momentanen Gesetzes im Bundesrat hätte jedoch nur zur Folge, dass es bei der unbefriedigenden Lösung in den Landesgesetzen bleibt, die nicht einmal ein gesetzliches Widerspruchsrecht, geschweige denn einen Einwilligungsvorbehalt, vorsehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Harald Leibrecht, MdB