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Frage von Kathrin F. •

Frage an Gustav Herzog von Kathrin F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Bei befristeten Verträgen und Leiharbeitsverhältnissen wird das unternehmerische Risiko in vollem Umfang auf Arbeitnehmer und Staat (durch Arbeitslosenunterstützung) abgewälzt. Solange der Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gilt, dabei aber das unternehmerische Risiko nicht durch einen deutlichen finanziellen Aufschlag auf den Lohn berücksichtigt wird, ist ein befristeter Arbeiter zu gleichem Gehalt immer ein "Schnäppchen". Das wird den Abbau regulärer Arbeitsverhältnisse immer weiter begünstigen, was angesichts kaum möglicher Familienplanung, fehlender Absicherung gegen Krankheit oder vorübergehender Auszeiten, mangelnder Rentenabsicherung u.ä. über kurz oder lang zu massiven volkswirtschaftlichen Problemen führen muss.

Wie wollen Sie gegen diese staatlich geduldete bzw. sogar subventionierte einseitige Risikoverlagerung auf die Schwächsten vorgehen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Martin,

vielen Dank für Ihre Frage zu befristeten Arbeitsverhältnissen und Leiharbeit. Sie haben vollkommen Recht, wenn Sie schreiben, dass die große Zunahme solcher Arbeitsverhältnisse für den Abbau regulärer sozialversicherungspflichtiger Stellen (mit-)verantwortlich ist. Auch die Zunahme von Schein-Werkverträgen und geringfügiger Beschäftigung gehört für mich in diesen Kontext.

Bevor ich gerne Ihre Frage beantworte, möchte ich auf eine Ihrer Formulierungen eingehen, die zumindest missverständlich ist: „Solange der Grundsatz ‚Gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘ gilt (..)“ Das klingt für mich so, als gälte aktuell dieser Grundsatz. Dem ist aber noch nicht so. Deshalb: Gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für Zeit- /Leiharbeiter und die Stammbelegschaften – das wollen wir gesetzlich festlegen!

Da dann die Zeitarbeitsfirmen aber auch weiterhin an der Vermittlung verdienen wollen, werden Leiharbeitnehmer zwangsläufig teurer für die Firmen als regulär Beschäftigte. Vor allem bei der Frage, ob Stellen dauerhaft mit Zeitarbeitnehmern besetzt werden, wird die beschriebene Maßnahme also positive Auswirkungen haben.

Im Bereich der Leih- und Zeitarbeit soll es aber nicht nur bei der Einführung des oben beschriebenen „Equal-Pay-Prinzip“ bleiben. Wir wollen außerdem den Einsatz von LeihabeitnehmerInnen als Streikbrecher verbieten und die zunehmend verbreitete konzerninterne Verleihung durch Leiharbeitsgesellschaften der Unternehmen werden wir untersagen. Diese unsägliche Praxis kommt nach wie vor z. B. in großen Dienstleistungsunternehmen wie Lebensmitteldiscountern vor.

Zudem wollen wir gesetzlich festschreiben, dass Zeitarbeitsfirmen ihren Mitarbeitern, die temporär in den entleihenden Betrieben eingesetzt werden, unbefristete Verträge geben. Die s. g. Synchronisation, also Leiharbeitnehmer nur befristet für den Zeitraum des Entleihens einzustellen soll abgeschafft werden.

Was befristete Verträge an sich angeht, so sehe ich keinen Grund, diese generell zu verbieten, wie Sie es fordern. Bei z. B. sehr stark saisonabhängigen Arbeiten, bei Auftragsspitzen und auch in Fällen wie Elternzeiten bei ArbeitnehmerInnen der Stammbelegschaft sind befristete Einstellungen absolut sinnvoll. Es gibt allerdings auch vollkommen sachgrundlose Befristungen und diese wollen wir unterbinden.

Für mich ist in dem ganzen angesprochenen Kontext die Rolle der Betriebs- und Personalräte von besonderer Bedeutung. Gerade, wenn es um Prozesse der Verdrängung von regulärer Beschäftigung geht, sind die Arbeitnehmervertretungen das Gremium der „ersten Wahl“, frühzeitig einzugreifen. Sie kennen die allgemeinen und konkreten Situationen in ihren Betrieben am besten. Deshalb will die SPD den Betriebsräten mehr Mitbestimmungsrechte in den Bereichen Umfang und Dauer von Leiharbeit, befristeter Beschäftigung und Werkverträgen geben. Das bedeutet konkret: Beim Einsatz von Fremdbeschäftigung wollen wir die frühzeitigen Beratungs- und Verhandlungsrechte der Betriebsräte ausweiten und das Zustimmungsverweigerungsrecht verbessern.

Mit freundlichen Grüßen

Gustav Herzog