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Frage von Frank B. •

Frage an Gustav Herzog von Frank B. bezüglich Finanzen

Hallo Herr Herzog.

Wissen Sie ob die geplante Finanztransaktionssteuer private Altersvorsorgeprodukte treffen wird?
Ich denke da an Riesterrente (auf Fond- oder Aktienbasis), Lebensversicherungen, Bausparverträge (geht ja auch mit Riester), Metallrente und ähnliches. In vielen Betrieben wurde massiv geworben für solche Produkte von Gewerkschaft wie von Arbeitgeberseite. Mich würde interessieren ob diese Produkte zusätzlich belastet werden und für den Arbeitnehmer daher unattraktiver werden (es stecken ja oft Finanzkonzerne hinter den Angebotenen Produkten)?

Viele Grüße
Frank Blau

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Blau,

vielen Dank für Ihre Frage zur möglichen Erhebung einer Finanztransaktionssteuer auf Riester-Renten.

Es ist zutreffend, dass unter den zertifizierten Riester-Renten-Produkten auch Sparmodelle sind, die in Anlageformen wie Fonds investieren. Auf alle Anlageformen, die auf dem Finanzmarkt von der geplanten Steuer betroffen sein werden, wird die Steuer unabhängig vom Produkt erhoben. Insofern ist festzustellen, dass sich die Finanztransaktionssteuer grundsätzlich auf die privaten Anleger und Riester-Sparer auswirken kann. Der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Finanztransaktionssteuer sieht vor, dass die Finanzinstitute (Banken, Investmentfonds, Versicherungen usw.) die Steuer schulden. Außerdem sind eine ganze Reihe von Finanztransaktionen, wie der Abschluss von Versicherungsverträgen, Hypothekendarlehen, Verbraucherkrediten oder Zahlungsdienstleistungen, ausdrücklich von der Steuer ausgenommen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Finanzinstitute bei allen betroffenen Finanztransaktionen versuchen werden, die Steuer ihren Kunden als Kostenfaktor in Rechnung zu stellen. Nach allen Erfahrungen hängt es vor allem von der Wettbewerbssituation auf den Finanzmärkten ab, ob diese Überwälzung gelingt.

Eine wirklich spürbare Auswirkung wird sie aber auf die allermeisten im Riester-Bereich üblichen Anlageformen allein aufgrund ihres geringen Satzes (von der EU-Kommission vorgeschlagen sind je nach Art der Transaktion zwischen Sätze zwischen 0,01% und 0,1%) nicht haben. Lediglich Transaktionen mit hoher Umschlaggeschwindigkeit werden merkbar betroffen sein, schließlich ist das ja der gewollte Steuerungseffekt, um den s. g. Hochfrequenzhandel auszubremsen.

Bei gängigen, eher konservativen Investmentfonds auf Aktienbasis hingegen beträgt die durchschnittliche jährliche Umschlaghäufigkeit nur 50%. Bei einem angesparten Fondswert von 10.000 Euro fielen also für den Sparer durch die Transaktionssteuer im Jahr Kosten in der Größenordnung von 5 Euro an. Zum Vergleich dazu die gängige von den Instituten erhobene jährliche Fondsgebühr von 1,3%: 130 Euro!

Sie sehen also, dass es in den klassischen Anlagebereichen weiterhin sehr wichtig ist, genau auf die Gebühren und manchmal gut versteckten Kosten der Versicherungen und Banken zu achten und zu vergleichen. Die geplante Finanztransaktionssteuer wird für die privaten Sparer in der Regel keine nennenswerten zusätzlichen Kosten verursachen.

Erlauben Sie mir abschließend noch etwas grundsätzlichere Gedanken zur Finanzmarkttransaktionssteuer:

Schon 1972 schlug der Wirtschaftswissenschaftler James TOBIN eine weltweite Steuer auf Devisengeschäfte vor. diese Steuer wurde nie eingeführt, auch weil sie sich nur auf Devisengeschäfte bezog. Die Einführung des Euro hat z.B. sehr viele innereuropäische Devisenspekulationen beendet. Dann kam die Finanzkrise 2008. Eine der Ursachen dafür war der aufgeblähte Finanzmarkt. Losgelöst von der Realwirtschaft werden (nach wie vor) weltweit Billionen von Euro und Dollar spekulativ gehandelt. Ohne auch nur einen Cent Steuern dafür zahlen zu müssen und viele Risiken einzugehen, die letztlich dann die Steuerzahler und Arbeitnehmer übernehmen müssen.

Mit der Finanztransaktionssteuer wollen wir nicht nur dieser Finanzindustrie eine Grenze setzen, sondern sie auch endlich an den Kosten und Folgekosten der Krise beteiligen. Nach Schätzung der EU wird die Steuer Einnahmen im zweistelligen Milliardenbereich erzielen.

Weitere Informationen finden Sie u. a. auf der Seite http://www.spdfraktion.de und auf der Homepage meines Kollegen Carsten Sieling http://www.carsten-sieling.de.

Mit freundlichen Grüßen

Gustav Herzog