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Günther Brendle-Behnisch
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Frage von Herbert R. •

Frage an Günther Brendle-Behnisch von Herbert R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Brendle-Behnisch,

aus Raider wurde Twix. Aus DIEHLs Kriegswaffensparte „Diehl Defence“.
Im April verstarb Thomas Diehl. In der Traueranzeige wurde um Zuwendungen zugunsten der „Irmgard-Diehl-KINDERstiftung“ oder der „Karl-Diehl-Stiftung für MENSCHEN IN NOT“ geworben.
MARS baut erstklassige Schokoriegel, welche auch von mir gerne gegessen werden. „Diehl Defence“ dagegen erstklassige Raketen, welche vom treuen Kunden Saudi-Arabien wohl auch tüchtig verschossen werden. Saudi-Arabien – Verbündeter der Deutschen Bundesregierung (nicht der deutschen Bürger!) – steht seit 2015 an der Spitze einer Militärallianz, die den Jemen zurück in die Steinzeit bombt. Selbstverständlich handelt es sich hierbei in guter Tradition um einen völkerrechtswidrigen Krieg. Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass DIEHL-Raketen dort Zivilisten / MENSCHEN IN große NOT bringen. Es kann ebenso wenig ausgeschlossen werden, dass dort kleine KINDER von DIEHL-Raketen in eintausend Stücke gerissen werden.

Herr Thomas Diehl war Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande. Nach welchen Kriterien wird Ihre Partei hohe Auszeichnungen vergeben?
Nach welchen Kriterien wird Ihre Partei Rüstungsexporte genehmigen oder auch ablehnen?

Vielen Dank für Ihre Rückantwort.

Beste Grüße

H. R.

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr R.,

mit dem, was Sie mir geschrieben haben, haben Sie mir aus dem Herzen gesprochen! Ihre Formulierungen finde ich sehr treffend, deshalb zuerst meine Frage: Darf ich Sie in meinen Reden und Vorträgen ggf. zitieren?

Und damit haben Sie sicherlich auch schon einen Teil der Antwort auf Ihre Fragen: Wir sind gegen diese unverantwortlichen Rüstungsexporte! Unsere Position bezüglich _dieser_ Exporte ist hier eindeutig, was die Begrenzung der Rüstungsexporte angeht: Keine Rüstung in Krisenländer - dazu zählen auch die Länder, von denen wir annehmen dürfen, dass sie andere Länder oder Kriegsparteien damit ausrüsten. Schwierig wird es damit allerdings dann auch bereits mit NATO-Mitgliedsländern, da ja  auch diese gegenwärtig in die bekannten Konflikte verwickelt sind. Deswegen sind wir seit unserer Landeshauptversammlung am 18.02. dieses Jahres in einem Entscheidungsprozess, an dessen Ende wahrscheinlich die Forderung stehen dürfte, die Produktion und den Export von Kriegswaffen überhaupt zu verbieten. Mehrere Vorträge von Friedenforschern und Kriegsgegnern auf ÖDP-Veranstaltungen haben ein ziemlich großes Echo gefunden. Durch die Entkräftung des "Deutschen Haupt- und Standard-Arguments" "Arbeitsplätze" (0,24 % Anteil Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie, BiP-Anteil: 0,98 %, Exportanteil 1,2 %) läge eine solche Forderung geradezu auf der Hand: Wenn nicht wir in Deutschland - welche Nation könnte es sich sonst leisten, auf ihre Rüstungsindustrie zu verzichten! Hinzu kommt, dass wir irgendwann einmal in unserer jüngeren Vergangenheit gefordert haben: "Von Deutschland soll nie wieder Krieg ausgehen!" - Leider schaut die Realität derzeit anders aus (aber das brauche ich Ihnen, glaube ich, nicht erzählen).

Nun zu der Frage nach der Auszeichnung von derartigen "Helden": Abgesehen davon, dass es möglicherweise noch ein ganzes Stück Wegs sein dürfte, bis die ÖDP in die "Verlegenheit" kommen wird, als Regierungspartei über derartige Auszeichnungen zu entscheiden, könnte die bisherige Auszeichnungspraxis der ÖDP doch ein deutlicher Hinweis sein auf künftige Auszeichnungspolitik: Wir vergeben den "Goldenen Reißnagel" (Sie kennen vielleicht das alte Wahllogo der ÖDP zu den bayerischen Landtagswahlen: Der Bayerische Löwe, der sich verwundert umdreht, um den Reißnagel zu begutachten, in den er sich gerade eben gesetzt hatte; Motto: "Auch ein kleiner Reißnagel kann einen großen Hintern bewegen!") - eine Auszeichnung, die jährlich vergeben wird für Bürger-Zivilcourage-Projekte, "für Mut, Beharrlichkeit und Widerspruch", z.B. für den erfolgreichen Kampf gegen den Schlachthofgiganten VION in Landshut oder gegen das Münchner Steinkohlekraftwerk. Bis jetzt befinden wir uns also genau auf der Gegenseite zur derzeitigen Auszeichnungspolitik der Bundesregierung. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Thomas Diehl oder vergleichbare Vertreter von uns entsprechend geehrt werden könnten; da müssten wir uns schon um 180° drehen ... oder der Diehl-Konzern: Wenn der heute beschließen würde, seine gesamte Rüstungsproduktion sofort einzustellen und nur noch dem Frieden und den Menschen zu dienen - und das glaubwürdig umsetzen würde - sähe ich einen würdigen Grund für eine Auszeichnung. Und ich könnte mir vorstellen, dass das dann auch mutige Nachahmer finden könnte. Aber das dürfte wohl auch ein Traum sein!

Ich selber habe damals den Kriegsdienst verweigert und Zivildienst geleistet - wir hatten noch ein "ordentliches Verfahren", vor dem wir durchaus Angst hatten. Ich erkenne mittlerweile durchaus die Notwendigkeit einer Verteidigung - nötigenfalls auch mit Waffengewalt - an. Allerdings sind die derzeitigen und auch früheren Konflikte, in die auch die Bundeswehr verwickelt war und ist, für mich kaum als Verteidigungsfall begründbar (z.B. "Deutschland muss am Hindukusch verteidigt werden!" - das ist für mich ein Hohn!).

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine zufriedenstellende Antwort gegeben zu haben. Sollten Sie weitere Fragen haben, kommen Sie gerne auf mich zu!

Herzliche Grüße

Günther Brendle-Behnisch