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Gerhard Schick
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Frage von Heribert K. •

Frage an Gerhard Schick von Heribert K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Dr. Schick,

Mindestlohnbezieher in der Steuerklasse 1 bezahlen bei 40 Wochenstunden Arbeit ca. 90 Euro Lohn- und Kirchensteuer im Monat. Warum wird der Mindestlohn besteuert? Warum müssen Mindestlohnbezieher im Alter wieder Sozialtransfers (Rentenarmut) beantragen? Macht es nicht Sinn, die zwischen steuerlichem Grundfreibetrag und Mindestlohn-Brutto bestehende Differenz zugunsten der DRV zu verbeitragen - also anstelle Lohnsteuer den Anteil als Beitrag zur DRV zu behandeln?
1. Im Falle der Verbeitragung benötigen Mindestlohnbezieher im Alter keine Sozialtransfers mehr.
2. Die Bürokratie würde so deutlich auf lokaler Ebene (Bezirk, Landkreise, Städte) abgebaut, weil die Transferquote sinkt.
3. Zukunftsangst würde den Mindeslohnbeziehern zumindest teilweise genommen (AFD-Thema)
4. Die Umschichtung der Steuern zugunsten der Beiträge ist „haushaltsneutral“, da Überschüsse der DRV/KV regelmässig dem erwirtschafteten Haushaltsüberschuss zugeordnet werden (linke Tasche - rechte Tasche).
5. Der Bundeszuschuss zur DRV von ca. 100 Mrd. Euro könnte so evtl. vermindert werden.

Vielen Dank für Ihre Antwort

H. K.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Karsch,

vielen Dank für Ihre Anfrage (auch vom 27.10) und bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort, es war die letzten Wochen wegen Cum/Ex, aber auch meiner Mandatsniederlegung zum Ende des Jahres viel los. Trotz meines Abschieds aus dem Parlament möchte ich Ihnen noch eine Antwort geben.

Um ehrlich zu sein, kann ich Ihrer in dieser Anfrage geäußerten Forderung nicht 100 Prozent folgen. Denn entweder wird der Mindestlohn besteuert und der Staat verwendet die Mittel frei (da es keine Zweckbindung von Steuern gibt) oder er besteuert den Mindestlohn nicht und hat entsprechend auch keine diesbezüglichen Einnahmen.

Grundsätzlich kann ich Ihnen mitteilen, dass die Grünen eine Anhebung des Grundfreibetrags befürworten. Davon profitieren insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer relativ gesehen am meisten, die wenig verdienen und bspw. den Mindestlohn erhalten. Möchte man den Mindestlohn allerdings komplett steuerfrei stellen, so müsste der Grundfreibetrag auf ca. 15.000 Euro angehoben werden. Da würden wir über immense Steuerausfälle reden, denn die Anhebung des Grundfreibetrags allein um 100 Euro kostet gesamtstaatlich ca. 600-700 Mio. Euro. Hierzu ist auch anzumerken: Das Existenzminimum und der Mindestlohn sind nicht deckungsgleich. Das BVerfG sieht eine verpflichtende Steuerfreistellung des (halbwegs korrekt berechneten) Existenzminimums vor. Ein verfassungsrechtliches Gebot den Mindestlohn steuerfrei zu stellen, gibt es deshalb aus meiner Sicht nicht zwangsläufig. Davon abgesehen, werden die Grünen aber wie eingangs des Absatzes angesprochen, weiter für die Anhebung des Grundfreibetrags eintreten.

Ihnen alles Gute für die Zukunft.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schick