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Gerhard Schick
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Frage von Bernd M. •

Frage an Gerhard Schick von Bernd M. bezüglich Familie

Schon heute sinkt die Erwerbsquote rapid bei Menschen über 55. Bei den 55- bis 58-Jährigen sind nur noch 40 Prozent vollzeiterwerbstätig. Bei den 58- bis 63-Jährigen sinkt diese Zahl auf nur noch ein Viertel. Und bei den über 63-Jährigen sind es dann gar nur noch 7,4 Prozent.
Nun hat die Bundesbank vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter noch weiter auf 69 zu erhöhen.
Wie stehen Sie zu diesen Plänen und was halten Sie von der Idee, angesichts der hohen Altersarbeitslosigkeit das Inkrafttreten des Gesetzes über dieRente ab 67 auszusetzen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Merling,

ich halte die Entscheidung, über die nächsten Jahre das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre anzuheben grundsätzlich für eine richtige Entscheidung. 1960 lag die durchschnittliche Rentenbezugsdauer von Männern noch bei rund zehn Jahren, 2006 schon bei etwa 15 Jahren. Bei Frauen liegt die durchschnittliche Bezugsdauer sogar bei 19 Jahren. Diese Entwicklung ist in erster Linie auf die steigende Lebenserwartung zurückzuführen. Die Leute leben erfreulicherweise einfach länger. Die Lebenserwartung wird bis 2030 etwa um weitere zwei bis drei Jahre steigen. Männer würden dann durchschnittlich 18 Jahre in Rente sein, Frauen 22 Jahre – wenn sich nichts ändert.

Die Rente mit 67 sorgt also dafür, dass sich die Rentenlaufzeiten nicht noch mehr verlängern. Das finde ich richtig, denn die steigenden Kosten der Rentenversicherung hätte die junge Generation zu tragen, das wäre aus der Gerechtigkeitsperspektive problematisch. Außerdem ist es wenig sinnvoll, die Arbeit immer mehr zu verdichten, wie es in den letzten Jahren erfolgt ist, was für ArbeitnehmerInnen eine hohe physische und psychische Belastung auslöst. Vor allem ist bei dem Stichwort Rente mit 67 zu beachten, dass die die Altersgrenze erst ab dem Jahr 2012 Schritt für Schritt heraufgesetzt wird – erst im Jahr 2029 wird die Altersgrenze dann endgültig auf 67 Jahre gestiegen sein. Bei einer klugen Politik wird sich bis dahin auf dem Arbeitsmarkt hoffentlich einiges getan haben und auch die Erwerbsquote von Menschen über 55 Jahren wieder gestiegen sein. Insgesamt wird es im Jahr 2029 zudem etwa 8 Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter geben.

Sehr wichtig sind aber begleitende Maßnahmen zur Erhöhung des Rentenalters. Die Erwerbsquote bei Menschen über 55 ist zwar, wie Sie schreiben, niedrig, aber zu beobachten ist trotzdem ein Trend nach oben: In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der über 55-Jährigen mit Job Jahr um Jahr gestiegen, von rund 38 Prozent auf etwa 54 Prozent. Diese Entwicklung muss fortgeführt werden – mit dem klaren Signal, dass die Ausgliederung Älterer ein Ende haben muss. Zweitens muss mehr Geld für Rehabilitation aufgewendet werden, damit das vorzeitige Ausscheiden aus dem Berufsleben nicht mehr die einzige Antwort auf körperliche und seelische Belastungen in manchen Berufen ist. Drittens sollte es die Möglichkeit eines flexiblen Renteneintritts geben, damit die, die das möchten, auch früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden können. Die Kosten müssten die Rentnerinnen und Rentner dann aber selbst tragen, so wie auch Teilzeitbeschäftigte mehr Freizeit haben und dafür weniger Geld verdienen. Und schließlich muss es für Erwerbsgeminderte eine abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren geben. Denn wer aus gesundheitlichen Gründen bzw. wegen einer Behinderung nicht bis zum Rentenalter arbeiten kann, muss natürlich eine Rente erhalten.

Weil das Gesetz erst ab 2012 überhaupt anfängt zu greifen, halte ich eine Aussetzung des Gesetzes nicht für richtig, denn es würde an der heutigen Situation auf dem Arbeitsmarkt nichts ändern. Forderungen nach einer weiteren Erhöhung des Rentenalters stehe ich aber ablehnend gegenüber, sie schießen meines Erachtens über das Ziel hinaus. Ich glaube, die Rente mit 67 war ein richtiger und notwendiger Schritt und wird ausreichend sein, das „Problem“ der steigenden Lebenserwartung – die ja eigentlich ein Grund zur Freude ist – und die damit verbundene schwierige Finanzierungssituation der Rentenversicherung anzugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schick