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Gerald Häfner
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Frage von Alexandra Fecycz S. •

Frage an Gerald Häfner von Alexandra Fecycz S. bezüglich Staat und Verwaltung

Guten Tag Herr Häfner,

in Katalonien leben sehr viele deutsche Staatsbüger die sich eine Existenz aufgebaut haben. Nun werden die Unabhängigkeitsbestrebungen immer strärker aufgrund der schlechten Politik Spaniens (u.a. wurde z.B. das Etat für Bildung um 10 Mrd Euro in 2013 gekürzt, der Strom ist in Spanien auch bis zu 60 % teurer als in den anderen EU-Staaten, ist somit der teuerste in der EU, aus diesem Grund haben 21 große span. Unternehmen seit letzter Woche die Produktion eingestellt-um ein Zeichen zu setzten. Sie sind so nicht wettbewerbsfähig).

Katalonien möchte also unabhängig werden.

Die Frage ist: Was passiert im Falle einer Abspaltung EU-rechtlich, gehört Katalonien automatisch zur EU oder bleibt lediglich die Währung bestehen?

Vielen Dank für eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Alexandra Fecycz Saalfeld

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Liebe Frau Fecycz,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage.

Wie Sie wissen sind in den letzten Jahren die Unabhängigkeitsbestrebungen von einzelnen Regionen innerhalb der Europäischen Union immer lauter geworden. Dies betrifft nicht einzig Katalonien, sondern auch Schottland und Flandern. Ihre Frage und Sorgen, was im Falle einer tatsächlichen Abspaltung einer solchen Region vom Mutterland europarechtlich geschieht, ist somit äußerst relevant.

Wenn sich eine Region abspaltet, würde aus dieser ein souveräner Staat entstehen, welcher autonom über die Mitgliedschaft in internationalen und supranationalen Organisationen, wie es die EU ist, entscheiden kann. So hat die Europäische Kommission klargestellt, dass wenn ein solcher Staat mit einem Mitgliedsgesuch an den Rat der Europäischen Union herantreten würde, der Rat das standardisierte Beitrittsverfahren wie es in den Verträgen festgehalten ist, einleiten müsste, indem er die Europäische Kommission zur Prüfung des betreffenden Antrags auffordert.

Bis zum eigentlichen Beitritt eines Landes ist es jedoch ein langer Weg. Die Kommission spricht zunächst eine Empfehlung für nächste Annäherungsschritte aus. Ist ein Großteil der sogenannten Kopenhagen Kriterien zur wirtschaftlichen, finanziellen und rechtlichen Stabilität bereits vom besagten Land erfüllt, so empfiehlt die Kommission dem Rat das Land offiziell zum Beitrittskandidaten zu erklären. Ist dies nicht der Fall, empfiehlt sie zusätzliche bilaterale Verhandlungen aufzunehmen. Anschließend muss der Rat einstimmig entscheiden, ob er offiziell die Beitrittsverhandlungen zu Fristen und Beitrittsbedingungen aufnehmen möchte.

Sobald der Verhandlungsrahmen geklärt ist, prüft die Kommission schrittweise den Fortschritt der Übernahme der Acquis, aller europäischen Gesetze und Einzelbestimmungen. Ob ein Land jedoch letztendlich beitreten kann, bleibt bis zum Schluss offen. Sind die Verhandlungen zum Ende gekommen, wird ein Beitrittsvertrag aufgesetzt, welcher unter anderem ein voraussichtliches Beitrittsdatum enthält. Dieser muss von Rat, Parlament und Kommission abgesegnet werden, bevor er von den Vertragsparteien unterzeichnet werden kann. Schlussendlich kann der Beitrittsvertrag erst in Kraft treten und das betreffende Land zum Vollmitglied werden, wenn der Beitrittsvertrag in jedem EU Mitgliedsstaat ratifiziert ist.

Grundsätzlich ist es eine Grundvoraussetzung für die Nutzung des Euro an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (Bestandteile der Acquis) teilzunehmen. Dies ermöglicht es Staaten Einfluss auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zu nehmen und eigene Münzen zu prägen. Einige kleinere Staaten, welche keine EU Mitglieder sind, wie Andorra, Monaco oder etwa der Vatikan, sind jedoch assoziierte Euronutzer mit eigenen Euromünzen und gebrauchen den Euro passiv. Da theoretisch aber jeder Staat die Währung eines anderen Staates nutzen kann und es kaum Maßnahmen gegen die illegale Nutzung von Fremdwährungen gibt, wie der Gebrauch des Euro in Montenegro und Kosovo zeigt, wäre es für ein autonomes Katalonien grundsätzlich möglich den Euro einfach weiter zu nutzen, allerdings ohne politische Einflussmöglichkeiten. Richtet ein solches Land aber ein Beitrittsgesuch an die Europäische Union, so wird es spätestens dann eine eigene Währung nutzen müssen, um beginnen zu können die fiskalischen und monetären Vorgabewerte der EU-Konvergenzkriterien, die Voraussetzung zur offiziellen Einführung des Euro sind, zu erfüllen.

Ich hoffe Ihre Frage ist beantwortet, falls Sie noch weitere Fragen haben, so zögern Sie bitte nicht, sich wieder an mich zu wenden.

Mit besten Grüßen und Wünschen aus Brüssel und für das neue Jahr

Gerald Häfner