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Gabriele Lösekrug-Möller
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Frage von Holger S. •

Frage an Gabriele Lösekrug-Möller von Holger S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Lösekrug-Möller,

sehr schade, dass Sie auf die Frage von Herrn J. vom 30.06.2012 nicht direkt geantwortet haben und nur sehr allgemeine Formulierungen Ihrer Partei verwendet haben.

Mich würde interessieren, ob Sie zu dem Komplex ESM auch eine eigene Meinung haben.
Ich möchte Ihnen deshalb noch einmal folgende Fragen stellen und bitte diesmal um eine konkretere Antwort:

a) Hatten Sie vor Ihrer Abstimmung Zugang zum genauen Wortlaut des Gesetzesentwurfs des ESM?

b) Wenn ja, bei wem haben Sie vor Ihrer Abstimmung kompetenten juristischen Rat zur Erläuterung und zu den Auswirkungen des ESM eingeholt?

c) Glauben Sie, dass der ESM in seiner jetzigen Fassung mit der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz und dem Urteil des BVerfG vom 07.11.2011 zum ESFS zu vereinbaren ist?

d) Teilen Sie die Ansicht: "Wenn der Euro fällt, fällt auch Europa"?

d) Bitte begründen Sie kurz, weshalb Sie für den ESM gestimmt haben.

e) Bitte beziffern Sie kurz die z.Zt. bestehenden Verbindlichkeiten Deutschlands bzw. der deutschen Steuerzahler gegenüber Institutionen und anderen Ländern inkl. Bürgschaften und ESM.

Vielen Dank für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen,
Holger Seidel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Seidel,

Der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM soll den zeitlich befristeten Rettungsschirm EFSF ablösen. Das Kreditvergabevolumen des ESM beträgt 500 Milliarden Euro, zudem stellen die teilnehmenden Staaten erstmals nicht nur Garantien zur Verfügung, sondern zahlen auch 80 Milliarden Euro Barkapital ein.

Der deutsche Anteil beträgt derzeit 21,7 Milliarden Euro. Deutschland geht durch die Gewährung von Bürgschaften für notleidende Staaten im Rahmen der europäischen Rettungsschirme erhebliche finanzielle Risiken ein. Diese Risiken sind jedoch vertretbar – denn sie sind nicht nur ein Signal der innereuropäischen Solidarität, sondern auch ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft.

In der aktuellen Debatte über die mit der Euro-Rettung verbundenen Kosten rückt der Mehrwert der Euro-Mitgliedschaft für die Bürgerinnen und Bürger leider zunehmend in den Hintergrund. Zu einer ehrlichen Bilanz gehört aber auch, Belastungen und Vorteile gleichermaßen in den Blick zu nehmen.

Etwa 40 Prozent der deutschen Exporte gehen in die Eurozone, wodurch in Deutschland mehr als drei Millionen Arbeitsplätze gesichert werden. Im Jahr 2010 belief sich der positive Effekt der Währungsunion für die deutsche Wirtschaft auf 165 Milliarden Euro, das entspricht 6,4 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Die Stabilität des Euros und unserer Partnerländer liegt daher vor allem im deutschen Interesse, weil uns ein Zusammenbruch der Währungsunion am härtesten treffen würde. Der Exportnation Deutschland kann es auf Dauer nicht gut gehen, wenn die Wirtschaft im Rest Europas am Boden liegt. Unser Wohlstand beruht auf den in Deutschland hergestellten Produkten, die auch von unseren europäischen Partnerländern gekauft werden. Wenn es uns nicht gelingt, diese Länder dauerhaft zu stabilisieren, dann droht die Krise auch auf Deutschland überzugreifen. Wir retten nicht Griechenland oder Spanien, sondern wir retten letztlich auch den Wohlstand und die Arbeitsplätze in Deutschland!

Diese Solidarität ist selbstredend keine Einbahnstraße. Die betroffenen Staaten müssen ihrer Verantwortung gerecht werden, Fehlentwicklungen abstellen und Schulden abbauen. Nur wenn die Eurozone stabilisiert wird, können die Länder die gewährten Kredite zurückzahlen. Wer jetzt aber ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone fordert, beschleunigt damit nur einen Staatsbankrott und vermindert so die Chance auf die vollständige Rückzahlung der deutschen Forderungen. Zudem hätte ein unkontrollierter Staatsbankrott auch verheerende Folgen für andere Krisenstaaten, die dann ebenfalls zur Zielscheibe spekulativer Angriffe würden.

Gabriele Lösekrug-Möller