Gabriele Hiller-Ohm
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SPD
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Frage von Jürgen B. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Jürgen B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,

als Abgeordnete für unseren Wahlkreis möchte ich Sie um die Beantwortung folgender Fragen bitten.
Wie ich den Medien entnehme, möchte die Bundesregierung nun für verschärfte Regelungen für Internetplattfomen eintreten, nachdem persönliche Daten von Politiker*innen und "Prominenten" gehackt wurden.

Meine Frage an Sie - nicht ohne ein zynisches Lächeln versehen:
Wie kommt die Bundesregierung gerade jetzt auf diese im Prinzip richtige Idee?
Liegt es wohl daran, dass nun Politiker*innen und andere "Prominente" betroffen sind?
Waren nicht immer wieder - durchaus auch auch prominent in den Medien benannt - Datenhacks bekannt geworden?

Liegt der nun entstehende Aktivismus daran, dass - wie durchaus auch in anderen Belangen zu vermuten - Politiker*innen sich selbst schützen wollen?
Wäre es nicht längst Zeit gewesen, die "einfachen" Bürger*innen mit demselben Bemühen zu schützen?

Und noch eine Frage: Was gedenken Sie zu tun gegen das staatliche Vorgehen, Sicherheitslücken zu "kaufen", um mehr Überwachungsmöglichkeiten über die Bürger*innen zu erhalten (z.B. FAZ-online vom 12.07.2017: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/aus-dem-maschinenraum/der-staat-will-online-sicherheitsluecken-nutzen-15056567.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0 oder netzpolitik.org vom 26.01.2018: https://netzpolitik.org/2018/staatstrojaner-das-grosse-schnueffeln-hat-begonnen/)?

Gespannt auf wahrscheinlich schwierig zu findende Entschärfungen, die in den Fragen liegen, verbleibe ich

mit besten Grüßen

J. B.

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Dass digitale Infrastruktur eine Angriffsfläche für Menschen mit krimineller Energie und dem nötigen Fachverständnis bietet, ist seit Jahren bekannt und deshalb auch schon lange ein Thema des politischen Diskurses. 2007 wurde beispielsweise der Paragraf 303b des Strafgesetzbuchs, der den Straftatbestand der Computersabotage umfasst, in seinem Umfang verschärft. Ebenso beschäftigt sich auch das Bundeskriminalamt seit Längerem mit der Thematik. Seit dem Jahr 2011 veröffentlicht es jährlich ein „Bundeslagebild Cybercrime“. In den vergangenen Jahren wurden zudem sowohl im BKA als auch in den Landeskriminalämtern zentrale Ansprechstellen für Cybercrime eingerichtet.

Ihrer Darstellung, dieser Prozess würde nur vorangetrieben werden, um politischen Akteurinnen und Akteuren sowie Personen des öffentlichen Lebens einen Eigennutzen zu verschaffen, kann ich nur entschieden widersprechen. Die mediale Aufmerksamkeit, die der aktuell bekannt gewordene Fall erreicht, verstärkt wohl bei den allermeisten Bürgerinnen und Bürgern die tiefe Besorgnis, Kriminelle könnten auch ihrer persönlichen Daten habhaft werden. Dieses akute Unsicherheitsgefühl nimmt die Politik sehr ernst. SPD-Bundesjustizministerin Katarina Barley hat aus diesem Grund angekündigt, eine zentrale Anlaufstelle für Verbraucherinnen und Verbraucher einzurichten, die Opfer von Cyberkriminalität geworden sind.

Die von Ihnen erwähnten Paragraphen 100a und 100b der Strafprozessordnung sehe ich gespalten.
Einerseits halte ich es prinzipiell für richtig, dass Strafvollzugsbehörden rechtlich dazu legitimiert werden, im Falle von besonders schweren Straftaten auch mittels spezieller Software zu ermitteln, sofern es die Sachlage unumgänglich macht.

Die in §100a Strafprozessordnung genannte Überwachung der Telekommunikation auch bei mittelschweren Delikten halte ich jedoch für problematisch, da die dafür genutzten Sicherheitslücken in Nutzersoftware im Interesse der Strafverfolgung den Entwicklern nicht gemeldet werden. Dies ist jedoch auch eine Gefährdung all jener Bürgerinnen und Bürger, die diese Software ebenso nutzen und durch die nicht behobenen Sicherheitslücken potentielle Opfer von Hacking-Angriffen werden.

Meiner persönlichen Meinung nach sollte der Staat die Bürgerinnen und Bürger schützen und nicht durch die Wahrung bestehender Sicherheitslücken weiteren Risiken aussetzen. Zudem sollte der Rahmen für einen Eingriff in die Brieffreiheit strikt begrenzt und mit hohen Auflagen verbunden werden. Ich erhoffe mir vom Bundesverfassungsgericht ein baldiges Urteil in dieser Sache.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm