Gabriele Hiller-Ohm
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Frage von Andreas S. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Andreas S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,

den Medien war während der letzten Tage zu entnehmen, dass in der SPD darüber nachgedacht wird, die Beamten sowohl in die gesetzliche Kranken- als auch gesetzliche Rentenversicherung mit einzubeziehen. Ich bin Beamter und würde derartige Maßnahmen grundsätzlich auch mittragen, um einer Ungleichbehandlung zu Zukunft entgegenzuwirken und auch meinen Beitrag in einer solidarischen Kasse zu leisten. Meine Sorge jedoch ist, dass eine entsprechende Umgestaltung nicht fair verlaufen würde. Während meiner gesamten Berufstätigkeit habe ich bei der Kommentierung von Lohnrunden von den Vertretern der Arbeitgeber gehört, dass höhere Lohnzuwächse deshalb nicht nötig seien, weil Beamte ja zahlreiche Privilegien in ihrer sozialen Absicherung genießen würden. Diese Privilegien sind somit längst Teil meines Einkommens geworden. Ich musste offensichtlich auf zahlreiche Lohnerhöhungen verzichten. Vor einer Einbeziehung in die gesetzliche Renten- und Krankenkasse müsste daher eine entsprechende Lohnerhöhung für Beamte erfolgen, so dass Beamte auch nach den Sozialreformen über das gleiche Nettogehalt verfügen. (Berücksichtigt werden muss auch, dass Pensionsansprüche höher als Rentenansprüche sind.) Meine Fragen: 1. Spielen entsprechende Überlegungen bei Ihren Reformplänen eine Rolle? 2. Wie hoch schätzen Sie die notwendigen Lohnerhöhungen für Landes- und Bundesbeamte, um einen fairen Wechsel zu gewährleisten? 3. Glauben Sie, dass unter den von mir beschriebenen Voraussetzungen die Bundesländer tatsächlich ein finanzielles Interesse an einen derartigen Wechsel haben? Deren finanzielle Belastung würde deutlich steigen.

In der Hoffnung, dass Sie Ihre Reformpläne nicht auf dem Rücken der Beamten austragen, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Andreas Schulz

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schulz,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr grundsätzliches Verständnis für unsere Reformpläne bezüglich der Kranken- und Rentenversicherung, um zukünftig für mehr Solidarität und Gerechtigkeit zu sorgen.

Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass dies nicht auf Kosten der Beamten oder anderer privat Versicherter geschehen wird.

Wir haben in unserem kürzlich am 11. März vom Parteivorstand beschlossenen Wahl- bzw. Regierungsprogramm erläutert, wie wir uns die sozialdemokratische Bürgerversicherung konkret vorstellen und wie die Einbeziehung von Privatversicherten erfolgen soll bzw. kann:
„Die Bürgerversicherung wird als Krankenvoll- und Pflegeversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger eingeführt. Dazu werden wir für alle Kassen, die an der Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege teilnehmen, einen einheitlichen und solidarischen Wettbewerbsrahmen schaffen. Für alle Neu- und bislang gesetzlich Versicherten wird die Bürgerversicherung verbindlich eingeführt. Menschen, die bisher privat versichert sind, können für ein Jahr befristet wählen, ob sie wechseln wollen.“ (Seite 63 des Entwurf des SPD-Regierungsprogramms 2013, http://www.spd.de/linkableblob/92664/data/20130311_regierungsprogramm_2013.pdf , weitere Informationen zum Regierungs- bzw. Wahlprogramm finden Sie hier: http://www.spd.de/aktuelles/92774/20130311_regierungsprogramm_kurzgefasst.html )

Diesen freiwilligen Wechsel mit Vertrauensschutz für bestehende Privatversicherungen haben wir von Anfang an deutlich gemacht. Im ausführlichen Beschluss des SPD-Präsidiums zur Bürgerversicherung vom 11. April 2011 heißt es daher auch:
„Privatversicherte können - unabhängig von Alter und Gesundheitszustand - in einem befristeten Zeitrahmen wählen, ob sie sie in die Bürgerversicherung unter Mitnahme der Alterungsrückstellungen im Umfang des Basistarifes wechseln oder in ihren bestehenden Verträgen der Privatversicherung bleiben wollen. Vertrauensschutz ist uns wichtig. Gleichzeitig eröffnen wir für viele Privatversicherte, die unter hohen Prämiensteigerungen leiden, damit zum ersten Mal echte Wahlfreiheit.“ (Seite 2 den Beschlusses vom 11.4.2011, http://www.spd.de/scalableImageBlob/7982/data/20101108_spd_aktuell_buergerversicherung-data.pdf )

Es liegt dann also bei Ihnen, ob Sie – als bislang privat Versicherter – in den neuen Bürgerversicherungs-Tarif einsteigen oder zu den bisherigen Konditionen versichert bleiben.

Wie unsere sozialdemokratische Bürgerversicherung speziell für Beamte ausgestaltet werden soll haben wir zudem in einem ausführlichen Fragen-und-Antwort-Papier vom 11.10.2011 dargelegt. Dieses finden sie hier: http://www.spd.de/scalableImageBlob/11858/data/20110503_faq_buergerversicherung-data.pdf .
Darin heißt es:
„Was bedeutet die Bürgerversicherung für beihilfeberechtigte Beamte?
Auch für Beamtinnen und Beamte hat die Bürgerversicherung Vorteile:
Alle, die nach der Einführung der Bürgerversicherung neu verbeamtet werden, werden automatisch normale Pflichtmitglieder in der Bürgerversicherung. Viele Beamte – vor allem in unteren Besoldungsgruppen und/oder mit Familie müssen sich nicht mehr zwangsweise in der PKV versichern.
Beamtinnen und Beamte können sich durch die Wechseloption auch nach langjähriger Vorversicherungszeit in der PKV in der Bürgerversicherung gesetzlich versichern. Wer weiter im bestehenden Beihilfesystem PKV-versichert verbleiben will, dem steht diese Option ebenso offen.
Die Bürgerversicherung soll beihilfefähig ausgestaltet werden. Insofern würden Beamte auch in der Bürgerversicherung nicht ihren Beihilfe-Anspruch verlieren. Die Bundesländern sollen prüfen, wie sie die Bürgerversicherung bzgl. des Beihilferechts umsetzen. Entweder behalten Sie die Beihilfe bei, oder steigen auf das neue System um. Dies liegt in Ihrer eigenen Entscheidungskompetenz.
Gerade für Ehepartner von Beamten entstehen in der Bürgerversicherung deutliche Vorteile, sie können gesetzlich versichert bleiben und erhalten im sowieso bereits belastenden Scheidungsfall zumindest ihren bezahlbaren sozialen Krankenversicherungsschutz.“

Die gesetzliche Rentenversicherung wollen wir Sozialdemokraten stärken und zur Erwerbstätigenversicherung hin weiterentwickeln. Die Einbeziehung von Selbständigen ohne obligatorische Altersversorgung in die Rentenversicherung ist dahin ein erster Schritt und verringert auch ihr Armutsrisiko im Alter. Grundsätzlich halten wir es zwar für richtig, alle Selbständigen, Beamten und Abgeordneten in die Rentenversicherungspflicht einzubeziehen, doch steht dies aktuell nicht auf der Tagesordnung. Denn neben der Änderung des Grundgesetzes wären auch die schwierigen Probleme der Belastung der öffentlich Haushalte, die in der Übergangsphase sowohl die Anwartschaften der bisherigen Beamten als auch die Beiträge für die neuen Beamten tragen müssten, zu lösen. Völlig klar wäre dabei, dass eine Rentenversicherungspflicht nicht für diejenigen gelten könnte, die bereits im geltenden Recht verbeamtet sind und entsprechende Ansprüche erworben haben – dies wäre verfassungsrechtlich nicht möglich.

Ich hoffe Ihre Bedenken hinsichtlich unserer sozialdemokratischen Reformpläne ausgeräumt und Sie davon überzeugt zu haben. Ich möchte Ihnen die Links zur weiteren Information – und dabei insbesondere unser Wahl- bzw. Regierungsprogramm für die nächste Legislaturperiode – empfehlen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Gabriele Hiller-Ohm