Portrait von Friedrich Ostendorff
Friedrich Ostendorff
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Friedrich Ostendorff zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Martin F. •

Frage an Friedrich Ostendorff von Martin F. bezüglich Umwelt

Werden die Grünen weiterhin um eine artgerechte Tierhaltung kämpfen? Insbesondere in der Massenkäfighaltung sehe ich starke Bedenken, ob dies zur Zeit in einem verantwortungsbewusstem Umgang zwischen Mensch und Natur steht, wage ich zu bezweifeln. Käfighaltung sollte strikt verboten werden!

Mfg
F.Fricke

Portrait von Friedrich Ostendorff
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Herr Ficke,

vielen Dank für Ihr Interesse an der Politik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gerne beantworte ich Ihre Fragen:

Zur artgerechten Tierhaltung allgemein:

Mit der Neuorientierung in der Landwirtschaftspolitik und Renate Künast als Verbraucherschutzministerin haben wir für die Nutztierhaltung die Weichen neu gestellt: weg von der Massentierhaltung und in Richtung artgerechte Tierhaltung. Durch biologische Landwirtschaft verbessert sich nicht nur die Qualität landwirtschaftlicher Produkte, sondern auch der Tierschutz. Arbeitsplätze, die durch die Massentierhaltung wegrationalisiert wurden, werden neu geschaffen.
Tierschutz ist neben dem Verbraucher- und dem Umweltschutz ein wichtiger Grundpfeiler unserer Agrarpolitik. Wir wollen tierquälerische Haltungsformen in der Landwirtschaft abschaffen und die artgerechte Tierhaltung fördern. Mit der Reform der europäischen Agrarpolitik im Juli 2003 wurden diese Ziele für alle Länder der Europäischen Union grundsätzlich übernommen: Die Gewährung von Direktzahlungen an die Landwirte ist zukünftig von der Einhaltung von Tierschutzstandards abhängig. Seit 2005 werden in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union fünf Prozent aller Direktzahlungen für Agrarumweltmaßnahmen einbehalten, die in erheblichem Maße dem Tierschutz zugute kommen (sog. Modulation).
Deutschland hat mit der im Juli 2004 verabschiedeten nationalen Umsetzung dieser Reform die Belange des Tierschutzes besonders berücksichtigt: Mit der Entkopplung der Direktzahlung von der Produktion wird künftig nicht mehr belohnt, wer wie bisher Masse statt Klasse produziert.
Auch mit der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" setzen wir die Förderung tiergerechter Haltung fort. Sie beinhaltet verbesserte Weiterbildungsmöglichkeiten und eine stärkere Berücksichtigung von Tierschutzaspekten bei der Ausbildung für Landwirte.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass die Haltungsbedingungen für Nutztiere verbessert werden. Konkret heißt das: Die Haltungsumgebung der Tiere sind weitgehend an ihr natürliches Verhalten anzupassen. Dazu gehört ein ausreichender Platz genauso, wie ein ständiger Zugang zum Auslauf im Freien. Haltungssysteme sind so zu gestalten, dass den Tieren abwechselungsreiche Umweltreize geboten werden, die geeignet sind, verhaltenstypische Aktivitäten an unterschiedlichen und dafür geeigneten Orten zu ermöglichen. Weiterhin sind Voraussetzungen für ein arttypisches Sozialverhalten zu schaffen und Fütterungssysteme zu gewährleisten, die der jeweiligen Art gerecht werden.

Was für die Tierhaltung gilt, muss auch für Tiertransporte gelten. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind für die Begrenzung von Tiertransporten auf die Dauer von vier Stunden und eine stärkere regionale, dezentrale Vermarktung und Verarbeitung von Fleisch. Das verkürzt die Transportwege, was zu kürzeren Transportzeiten und umweltfreundlicheren Transporten führt. Für eine europaweite Verbesserung der Regelungen zum Tiertransport haben wir uns gemeinsam mit vielen Tierschutzorganisationen im Frühjahr 2004 in Brüssel eingesetzt. Trotz zahlreicher Verhandlungen und Kompromissvorschläge, maßgeblich initiiert von der deutschen Delegation unter Federführung von Renate Künast, war die Mehrheit der europäischen Länder bisher nicht bereit, das Gesetz nachzubessern und Millionen von Tieren kürzere Transportzeiten und bessere Bedingungen einzuräumen. Wir werden jedoch nicht nachlassen, dieses Thema in Brüssel immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Weiterhin werden wir uns für die vollständige Abschaffung der EU-Exporterstattungen für den Transport lebender Tiere einsetzen.

Speziell zum Thema Käfighaltung:

Mit der Abschaffung der Käfighaltung von Hühnern haben wir eins unserer langjährigen Ziele erreicht. Ab 2007 wird es in Deutschland keine Käfigbatterien mehr geben, und schon jetzt dürfen keine neuen Legebatterien mehr gebaut werden. Zur Unterstützung artgerechter Haltungsformen haben wir ein spezielles Förderprogramm in Höhe von ca. 13 Millionen € eingerichtet, mit dem wir Investitionen in tiergerechte neue Ställe fördern. Aus Tierschutzsicht bedenkliche Tierhaltungsformen haben wir von der Förderung ausgenommen – dies gilt beispielsweise für Ställe mit Vollspaltenböden. Mit dem Abbau der Privilegien für die Massentierhaltung haben wir durch Verschärfungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung begonnen. Die Kleinvoliere der Eierwirtschaft ist ein erneuter Versuch der Agrarlobby, die Haltungsverordnung für Legehennen und mit ihr das Verbot der Käfighaltung in Deutschland ab 2007 zu kippen. Mit der Mehrheit von CDU/ CSU im Bundesrat hat die Geflügelindustrie willige Verbündete, die sich für ihre Interessen vor den Karren spannen lassen. So hatte der Bundesrat im November 2003 die Wiedereinführung der Käfighaltung durch die Hintertür beschlossen. Renate Künast hat den Bundesratsbeschluss für eine Verlängerung der Käfighaltung nicht unterzeichnet und damit eine rückwärtsgewandte Agrarpolitik zu Lasten des Tierschutzes und gegen den Willen der Verbraucher verhindert. Ein Schlussstrich unter die Diskussion ist es jedoch leider nicht. Fachpolitiker von Union und FDP haben angekündigt, die von uns durchgesetzte Abschaffung der Käfighaltung wieder zu kippen und beim Tierschutz keine über EU-Recht hinausgehenden "nationalen Alleingänge" zuzulassen.

Aber es bleibt dabei: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden in Deutschland Verschlechterungen in den Haltungsbedingungen für Legehennen nicht akzeptieren.

Für die Verbraucher muss die Einhaltung von Tierschutzstandards einfach erkennbar sein. Nur so ist "Tierschutzpolitik mit dem Einkaufskorb" möglich. Deswegen setzen wir uns für eine verbesserte Kennzeichnung von Lebensmitteln ein. Beispiel Hühnerei: Hier haben wir eine EU-weit einheitliche Kennzeichnung auf der Verpackung und dem Ei selbst erreicht. Ab 1. Januar 2004 ist jedes Käfig-Ei in Europa sofort an der Drei (Erste Zahl des Stempelcodes) erkennbar. Mit Kampagnen der grünen Bundestagsfraktion ("Keine Eier aus Käfighaltung") und des Verbraucherministeriums ("Freiheit schmeckt besser") werden alle Bürgerinnen und Bürger breit über die Kennzeichnung informiert und dazu aufgerufen, Eier aus artgerechter Tierhaltung zu kaufen.