Franziska Stier
DIE LINKE
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Frage von Maximilian S. •

Frage an Franziska Stier von Maximilian S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Liebe Franziska,
in der Linkspartei laufen diverse Debatten über das "Bedingungslose Grundeinkommen". Meine Frage: Wie stehst du dazu und trägt es - deiner Meinung nach - dazu bei bei, dass sich eine sozialere eine sozialistische Welt entwickelt?

Antwort von
DIE LINKE

Lieber Maximilian,

die Debatten um ein bedingungsloses Grundeinkommen laufen nicht nur innerhalb der Partei DIE LINKE, auch der sozialliberale Flügel der FDP diskutiert darüber.

Ich selbst habe ein ambivalentes Verhältnis zum Grundeinkommen. Vollbeschäftigung wie es CDU und SPD propagieren, wird es meiner Einschätzung nach nicht mehr geben. Die These von unbegrenztem Wachstum hat sich als Unmöglichkeit herausgestellt. Wie Gramsci schon 1929 feststellte, ist die Krise als Prozess und nicht als bloßes Ereignis mit zeitlicher und räumlicher Trennung zu verstehen. Schlussendlich zeigte sich auch schon 1929 dass man aus Weltwirtschaftskrisen am besten rauskommt, indem man Kriege führt.

Krieg scheint auch für mich das einzige Mittel, dem Ziel der Vollbeschäftigung nachzukommen. (Das macht die Versprechen nach Vollbeschäftigung für mich auch immer sehr suspekt).

Schlussendlich muss man sich natürlich auch Gedanken machen, wie man mit den Arbeitslosen umgeht. Schließlich liegt ihre Arbeitslosigkeit nicht in Faulheit oder Dummheit begründet, sondern in der Wirtschaft. Dabei ist jede Finanzierung wie die frühere Sozialhilfe oder das heutige ALG II durch Repression gekennzeichnet. Zumindest der subtile gesellschaftliche Vorwurf der „Schmarotzerei“ besteht. Ein gesellschaftlicher Abstieg ist der Arbeitslosigkeit also immanent und viele Menschen würden sich eher der totalen Ausbeutung wie dem 1-Euro Job oder einem Mini-Job hingeben, als Arbeitslos zu sein. Das führt auch zu einer Herabsetzung des Werts bestimmter Arbeiten. Das bedingungslose Grundeinkommen steuert insbesondere der gesellschaftlichen Herabsetzung entgegen und ermöglicht ein repressionsfreies Leben, da JEDEM Menschen eine gewisse Summe (im Idealfall 1000+€) zusteht. Dennoch sehe ich im Grundeinkommen eher eine Symptom- als eine Ursachenbekämpfung. Die vorherrschende Armut entsteht schließlich aufgrund der Besitzverteilung der Produktionsmittel. Entscheidend für eine sozialere oder eine sozialistische Welt ist meiner Einschätzung nach nicht das bedingungslose Grundeinkommen, sondern ein Umdenkprozess innerhalb der Gesellschaft, der der jahrelangen Arbeit der Springerpresse und anderen etwas entgegensetzt.

Der Wert eines Menschen darf nicht mehr an dem was er erwirtschaftet oder an dem was er konsumiert gemessen werden, sondern an dem was er ist, nämlich Mensch.

Wenn der humanitäre Gedanke die Gesellschaft durchdringt und das Leben des Menschen im Zentrum des Wirtschaftens steht anstatt die Wirtschaft im Zentrum des Lebens eines Menschen, dann haben wir eine soziale, vielleicht sogar eine sozialistische Gesellschaft.
Doch dafür müssen wir noch lange streiten. Die Arbeit vieler Medien gegen DIE LINKE, gegen Gewerkschaften und sozialistisches Denken war und ist hervorragend. Schon Gramsci sagte: „… indem ständig dieselben Formeln wiederholt, dieselben erstarrten geistigen Muster gehandhabt werden, denkt man am Ende tatsächlich auf dieselbe Weise, weil man am Ende gar nicht mehr denkt.“ (GH 1:123)

Solidarische Grüße

Franziska