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Franz Thönnes
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Frage von Jens K. •

Frage an Franz Thönnes von Jens K. bezüglich Gesundheit

Lieber Hr. Thönnes,

bitte führen Sie aus, welchem Vorschlag zur Regelung der "Sterbehilfe" Sie Ihre Stimme geben werden. Darüberhinaus hätte ich gerne von Ihnen gewusst, wie Sie dazu stehen, dass lt. Befragungen eine überwiegende Mehrheit der Bürger sich für eine Möglichkeit ausgesprochen hat, Sterbehilfe zu ermöglichen. Dieses sich aber anscheinend im Parlament nicht so widerspiegelt. Wie kann soetwas sein ? Befinden Sie sich selber hier in einem persönlichem Konflikt ?

Vielen Dank !
Jens Kressin

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kressin,

vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch.de.

Auf Grund einer bereits länger eingeplanten Auslandsdienstreise konnte ich am 6. November 2015 nicht in Berlin sein und deshalb nicht an der Abstimmung teilnehmen.

Es handelt sich beim Thema Sterbebegleitung um eine das Gewissen jedes Einzelnen berührende ethische Debatte, die von den Fraktionen mit größter Ernsthaftigkeit geführt wurde. Dabei gab es sehr unterschiedliche Positionen, die sich auch in der Vielzahl der Zuschriften widerspiegelten, die ich von Bürgerinnen und Bürgern erhalten habe.

Für mich stand und steht fest, dass es nicht zu einer gewerblichen, kommerziellen Sterbehilfe kommen darf. Auf der anderen Seite sollte der Wunsch nach eigenständiger Beendigung des Lebens aufgrund von Schmerzen und Depression auch nicht kriminalisiert werden. Besonders wichtig ist mir jedoch, die Palliativmedizin (Schmerzmedizin) und Hospizarbeit deutlich zu stärken, um einen würdevollen und schmerzfreien letzten Lebensabschnitt zu ermöglichen. Deshalb begrüße ich den hierzu am 5. November verabschiedeten Entwurf der Bundesregierung für das Hospiz- und Palliativgesetz (Drs. 18/5170).

Abschließend zu Ihrer Frage nach dem persönlichen Konflikt. In Artikel 38 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) steht:

"Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen."

Entsprechend nehme ich Umfrageergebnisse wahr, richte mein Handeln jedoch nicht ausschließlich an ihnen aus. Die Meinungsbildung entsteht vielmehr in einem komplexeren System des Gespräches einzelner Abgeordneter mit Bürgerinnen und Bürgern, den parteipolitischen Grundsatzpositionen und den ihnen zugrundenliegenden Werten (Artikel 21 GG: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“), der Diskussion in den jeweiligen Fraktionen des Parlamentes sowie innerhalb des parlamentarischen Dialoges im Deutschen Bundestag und natürlich auch unter Einbeziehung der gesamtgesellschaftlichen Diskussion in Fachforen, Medien und bei öffentlichen Veranstaltungen.

Ihre Frage zu Ende gedacht würde jedoch bedeuten, dass Abgeordnete immer anhand der durch Umfragen erhobenen, aktuellen Mehrheitsmeinung entscheiden sollen. Dies wäre sowohl eine Abkehr von der repräsentativen Demokratie und würde auch die Notwendigkeit eines Parlamentes infrage stellen. Eine derartige „Meinungsbildung“ und „Demokratie“ haben die „Mütter und Väter“ des Grundgesetzes aus wohl begründeten Erfahrungen der Weimarer Republik jedoch ausdrücklich nicht beabsichtigt.

Gewiss hat unsere jetzige Form der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung auch noch Optimierungspotentiale, doch halte ich die Konzentration auf sich schnell wandelnde Ergebnisse von Meinungsumfragen angesichts der im Kern doch sehr erfolgreichen Entwicklung Deutschlands in Form einer repräsentativen Demokratie nicht für erstrebenswert.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Thönnes