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Franz Schindler
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Frage von Marta B. •

Frage an Franz Schindler von Marta B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schindler,

es gibt im dritten Volksentscheid (C. Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern – „Angelegenheiten der Europäischen Union“) eine Formulierung, die ich nicht verstehe. Somit erschließt sich mir der genaue Inhalt dieses Volksentscheides nicht.

Ich hoffe, dass Sie als Arbeitskreisvorsitzender des Arbeitskreises für Verfassungs-, Rechts-, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz einer Fraktion, die diesen Gesetzesentwurf mitbeschlossen hat, mir den Inhalt in verständlichen Worten erklären können.

Konkret geht es um die Formulierung „durch Gesetz gebunden werden“ im folgenden Absatz aus Paragraph 1 des Volksentscheides C (erklärt hier einzusehen: http://www.wahlen.bayern.de/volksentscheide/2013-bek_staatsregierung-020713R.pdf ):

„Über Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Staatsregierung den Landtag zu unterrichten. Ist das Recht der Gesetzgebung durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union betroffen, kann die Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben durch Gesetz gebunden werden.“

Sowohl die im Dokument folgende „Erläuterung“ als auch die „Begründung des Landtags“ beinhalten beide die Formulierung „durch Gesetz binden“. Ebenfalls haben alle Erläuterungen, die ich im Internet zu diesem Volksentscheid finden konnte, keine andere Formulierung verwendet.

Mein Verständnis dieses Teils des Volksentscheides ist, dass Bayern durch eine Verabschiedung des angestrebten Gesetzes das Recht erlangt, gegen den Willen der Staatsregierung Gesetzesgebungskompetenzen zu behalten, die an die EU abgegeben werden sollen.

Nun wüsste ich gerne, ob mein Verständnis korrekt ist und hoffe, dass Sie mir dazu noch vor den Wahlen eine auch für Nicht-Juristen und Nicht-Politiker verständliche Erläuterung geben können.

Vielen Dank im Voraus, mit freundlichen Grüßen

Marta Bednarczyk

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Bednarczyk,

leider komme ich erst jetzt dazu, auf Ihre Frage vom 03.09.2013 zu antworten. Ich bitte hierfür um Verständnis.
Sie haben den Inhalt der vorgeschlagenen Ergänzung von Art. 70 der Bayerischen Verfassung schon richtig verstanden. Wie Sie der Begründung zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen von CSU, SPD, Freie Wähler und FDP (LT-DrS. 16/15140, auch abgedruckt in der Bekanntmachung der Staatsregierung vom 02.07.2013) entnehmen können, soll in die Verfassung aufgenommen werden, dass die Staatsregierung den Landtag über Angelegenheiten der Europäischen Union zu unterrichten hat. Das ist zwar jetzt schon einfachgesetzlich geregelt, erhält durch die Aufnahme in die Verfassung aber einen höheren Rang.

Neu ist die Regelung, dass die Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben (gemeint sind insbesondere Abstimmungen im Bundesrat) durch Gesetz gebunden werden kann, wenn das Recht der Gesetzgebung durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU betroffen ist. Wenn also Gesetzgebungszuständigkeiten Bayerns ganz oder teilweise auf die EU übertragen werden sollen, kann der Landtag die Staatsregierung durch ein Gesetz auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten festlegen. Durch diese neue Vorschrift wird die Stellung des Landtags im Verhältnis zur Staatsregierung gestärkt. Zwar ist es schwer vorstellbar, dass die Staatsregierung gegen den Willen des Landtags der Übertragung von Gesetzgebungszuständigkeiten Bayerns an die EU zustimmen würde. Falls das doch einmal geschehen sollte, könnte der Landtag die Staatsregierung durch ein Gesetz daran hindern. Da laut Art. 5 I der Bayerischen Verfassung die gesetzgebende Gewalt dem Volk und der Volksvertretung zusteht, kann die Staatsregierung in dem genannten Fall nicht nur durch ein vom Landtag beschlossenes Gesetz, sondern auch im Wege der Volksgesetzgebung in ihrem Abstimmungsverhalten gebunden werden.

Die weitere Regelung betrifft die Fälle, dass durch ein Vorhaben der EU die Gesetzgebungszuständigkeit Bayerns unmittelbar betroffen wird, es aber nicht um die Übertragung von Hoheitsrechten an die EU geht. In diesen Fällen bleibt es grundsätzlich bei der Entscheidungsverantwortung der Staatsregierung. Sie hat aber entsprechende Stellungnahmen des Landtags "maßgeblich zu berücksichtigen". Tut sie es nicht, gäbe es sicher ein kleineres politisches Erdbeben.

Ich hoffe, dass ich die doch etwas komplizierte Materie etwas verständlicher machen konnte. Weil die vorgeschlagene Ergänzung der Bayerischen Verfassung die Stellung des Landtags gegenüber der Staatsregierung stärkt und etwas mehr demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten schafft, empfehle ich, der vorgeschlagenen Verfassungsänderung zuzustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Schindler, MdL