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Frage von Inge S. •

Frage an Franz Obermeier von Inge S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

CDU/CSU haben eine Gentechnik-Wende angekündigt. Meine Fragen dazu: Sollen Bauern in einen Haftungs-Fond einzahlen, auch wenn sie selbst keine Gentech-Pflanzen anbauen ? Befürworten Sie das Kippen der bisherigen Regelung des derzeit geltenden Gentechnik-Gesetzes (Verursacher-Prinzip) ? Sollen Verbraucher darüber informiert sein, dass Fleisch, Milch und Eier von Tieren stammen, die Gentech-Mais als Futter bekommen ? Sollen Naturschutzgebiete vor Gentech-Pflanzen geschützt werden ? Wie wollen Sie das vorgeschriebene Recht auf Wahlfreiheit gewährleisten, wenn sich genmanupulierte Pflanzen unkontrolliert auskreuzen ? Ich bitte Sie in großer Sorge um die Zukunft von Natur und bäuerlicher Landwirtschaft um ehrliche Anworten.
Mit freundlichen Grüßen

Inge Steidl

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Steidl,

1. Der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist sehr daran gelegen, die gesunde Ernährung der Bevölkerung zu fördern und bei der Lebensmittelproduktion die Umwelt zu schonen. Dies sind wichtige Gründe, weshalb wir den Einsatz von Pflanzengentechnik in der Landwirtschaft befürworten. Zu Risiken und Nutzen der gentechnischen Züchtungsmethode bei Pflanzen möchte ich Sie daher auf folgendes hinweisen:

Genetisch veränderte Organismen unterliegen einer Zulassungspflicht, d.h. diese gilt für Pflanzen, Futtermittel und auch für Lebensmittel. Jeder einzelne genetisch veränderte Organismus wird hierbei Schritt für Schritt in jedem Nutzungsstadium überprüft. Eine positiv abgeschlossene Umweltverträglichkeitsprüfung ist Voraussetzung für den Anbau von gv-Pflanzen im Freien. Untersuchungen auf ihr Allergiepotential hin gehören bei gv-Lebensmitteln zu den gängigen Überprüfungen. Allergene Risiken können so ausgeschaltet werden, bevor das Produkt auf den Markt kommt.

Genetisch veränderte Pflanzen und genetisch veränderte Lebensmittel gehören damit zu den best untersuchten Nahrungsmitteln. Genveränderte Lebensmittel sind die einzigen Lebensmittel, die erst nach einer Genehmigung auf den Markt kommen dürfen. Durch ihre Genehmigung ist mithin gesichert, daß sie keine nachteiligen Auswirkungen auf Umwelt und menschliche Gesundheit haben.

Unwägbare Risiken sind daher nicht zu befürchten. Auch Ministerin Künast erklärt inzwischen öffentlich, daß nur Pflanzen zugelassen werden, die nach dem Stand der Wissenschaft zu keinerlei gesundheitlicher Beeinträchtigung führen oder deren Risiken größer als bei konventionellen Nahrungsmitteln wären.

Nutzen der Pflanzengentechnik sind dagegen schon sichtbar.

Die erste Generation gentechnisch veränderter Pflanzen kommt schon jetzt zum Einsatz. Toleranzen gegen Herbizide, Resistenzen gegen Pilz- und Viruserkrankungen oder Insektenbefall standen bisher im Vordergrund. Hiervon profitieren durch Geld- und Zeitersparnis die Landwirte. Von dem Kostenvorteil profitieren aber auch die Endverbraucher. Gleichzeitig gelingt eine Entlastung der Umwelt, da der Einsatz von Herbiziden oder Pestiziden z.T. radikal gesenkt werden kann, z.B. der Einsatz von Insektiziden um bis zu 80%. Ein anderes Beispiel: Pilzresistente Lebensmittel enthalten weniger Mykotoxine. Dies nützt den Verbrauchern, da Mykotoxine dem Immunsystem schaden und sogar Krebs auslösen können.

In Zukunft werden bedarfsgerechte und ernährungsphysiologisch verbesserte Nahrungsmittel in den Industrienationen von großem Interesse sein, weil sie gesundheitsschützend bzw. krankheitsvorbeugend wirken können sowie auf besondere Bedürfnisse abgestimmt werden können. Zu nennen sind hier Pflanzenöle mit veränderter Fettsäurezusammensetzung, die dadurch Herz-/Kreislauferkrankungen entgegenwirken können, oder Kartoffeln mit erhöhtem Ballaststoffgehalt. Von besonderer Bedeutung sind die Möglichkeiten, Allergene zu entfernen. So wurden die Allergie auslösenden Eiweiße aus Soja entfernt. Soja bzw. Sojaprodukte werden fast überall in der Nahrungsmittelproduktion verwendet: Süßwaren, Backwaren, Kindernahrung, Salatsoßen etc, am bekanntesten sind Soja-Lecithin als Emulgator E322 und Sojaschrot in der Tierfutterverwendung. Wegen der weitreichenden Verwendung von Soja und der zunehmenden allergischen Reaktionen von Mensch und Tier leistet die Gentechnik hier einen wertvollen Beitrag für viele Menschen, um Lebensmittel für sie sicherer zu machen.

Aufmerksam machen möchte ich Sie auch auf die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten im medizinischen und industriellen Bereich. Die Produktion von Insulin, Interferon oder Impfstoffen auf Basis gentechnisch veränderter Pflanzen bietet gegenüber der Produktion auf Basis von Bakterien oder Zellkulturen Vorteile, denn Pflanzen können keine Immunreaktionen erzeugen, Viruspartikel oder Krankheitserreger übertragen. Die Wirkstoffe sind zudem kostengünstiger.

In Entwicklung befinden sich Mohrrüben, die einen Impfstoff gegen Hepatitis B-Viren in sich tragen. Die chronische Hepatitis, an der weltweit ca. 350 Mio. Menschen leiden, kann zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen. Vorteile dieser Herstellung des Impfstoffs sind die einfache Lagerung und der Transport sowie der weltweit mögliche Anbau.

An der Universität München, Weihenstephan, finden derzeit Anbauversuche mit einer genetisch modifizierten Kartoffelsorte statt, deren isolierter Wirkstoff Xeaxanthin der Entstehung von Altersblindheit entgegenwirken kann und für die Arzneimittelherstellung benutzt werden soll. Dies ist für die Gesellschaften der Industrienationen ein wichtiger Beitrag zum gesunden Altern der Menschen. Eine weitere Kartoffelsorte befindet sich in Entwicklung, die durch genetische Veränderung nur eine statt wie sonst üblich zwei Stärkearten, nämlich Amylopektin-Stärke, enthält. Amylopektin-Stärke spielt in der industriellen Verwendung z.B. als Grundstoff für die Herstellung von Verdickungs- und Bindemittel in der Lebensmittelherstellung, Klebstoffe und Verpackungen eine große Rolle. Durch diese gentechnische Veränderung kann die nutzbare Stärke energie- und abwassersparend gewonnen werden, da die Trennung der beiden Stärkevarianten dann entfallen kann.

Schließlich möchte ich auf den Zusammenhang zur Welternährungssituation hinweisen: Die positiven Eigenschaften von gentechnisch veränderten Pflanzen, wie z.B. ihre Resistenz gegen abiotische Faktoren wie Dürre, oder auch ihre Anreicherung mit Vitamin A wie beim sog. Goldenen Reis, zeigen, daß Pflanzengentechnik einen Beitrag leisten kann, um Hunger und Mangelernährung in der Welt zu bekämpfen. Selbst der Vatikan sieht mittlerweile in der Grünen Gentechnik einen positiven Ansatz, da inzwischen gerade auch Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern von der neuen Technologie profitieren. Denn mit der Resistenz gegen Schädlinge verbessern sich ihre Ernten, ohne daß sie Pflanzenschutzmittel und teure Technologie einsetzen müssen. Die althergebrachten Argumente der Gentechnikgegner sind somit auch hier längst überholt, und wer gibt uns das Recht, diesen Menschen neue Technologien vorzuenthalten?

Zum Thema Gentechnologie möchte ich weiter bemerken, daß die rot-grüne Bundesregierung selbst Zukunftsprojekte blockiert, dort wo sie Gefahren sieht. Ein Beispiel ist der gentechnisch veränderte Maisanbau. Um die herbeigeredeten Gefährdungen durch Pollenflug abzuwehren, müßte man erforschen, ob und wie sich die Pollen verbreiten. Das will man aber eigentlich dann doch nicht so genau wissen. Nichts geschieht.

Die Bundesrepublik Deutschland wird ein Hochlohnland bleiben. Dies bedingt, daß die gegebenen Standards nur über die Herstellung von Produkten hoher Wertschöpfung gehalten werden können. Deswegen ist die Konzentration auf Forschung und Entwicklung für innovative Produkte unabdingbar. Schwerpunkte in diesem Zusammenhang sind die Bio- und Gentechnologie, innovative Verfahren in der Mobilität - wie etwa der Transrapid - Brennstoffzellenantriebe für Fahrzeuge, Materialforschung und Nanotechnologie. Bayern, und hier insbesondere die Region um München, sind das beste Beispiel, wie mit moderner Clusterpolitik ein High-Tech-Zentrum mit europaweiter Bedeutung geschaffen werden kann.

An deutschen Universitäten und Forschungsinstituten arbeiten international anerkannte Spitzenforscher; deutsche Unternehmen entwickeln Zukunftstechnologien. Daraus entstehen neue Produkte und Märkte. Deshalb müssen wir die bei manchen Menschen herrschende Technologiefeindlichkeit am Standort Deutschland aktiv angehen durch Aufklärung, gute Bildung und Ausbildung an Schulen und Universitäten.

Die Herausforderungen der Wissensgesellschaft mit ihren rasch aufeinanderfolgenden Neuerungen kann nur eine Gesellschaft bestehen, die offen ist und Zukunftsvertrauen hat. Dieses ist von Rot-Grün zerstört worden. Das rotgrüne Projekt hat Politik gemacht mit der Bedienung von Bedenken, mit der Schürung von diffusen Ängsten und mit Technikskepsis. Zukunftstechnologien, wie die Grüne Gentechnik und die Kerntechnik, wurden als Risikotechnologien diffamiert und mit zahlreichen Politikmaßnahmen ausgebremst. Mit dem von Rot-Grün beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie nimmt Deutschland auch nicht mehr an der Entwicklung der Kernkraftwerke der nächsten Generation teil. Die letzte deutsche Diplomarbeit auf dem Feld der Kerntechnik stammt aus dem Jahr 2001. Der Fadenriß ist da.

Das neue Gentechnikgesetz macht Forschung und Anwendung der Grünen Gentechnik nahezu unmöglich. Das ist das vorläufige Ende eines subtilen und manipulativen Feldzugs gegen die Grüne Gentechnik. Alle Schaltstellen im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) wurden unter den Händen der grünen Gentechnikgegnerin Renate Künast mit Gentechnikgegnern besetzt. Das Bundesamt für Naturschutz wurde zur Gentechnik-Blockade-Behörde. Zuletzt wurde der zuständige Abteilungsleiter im BMVEL ohne Angabe von Gründen entlassen und durch einen Kritiker der Gentechnik ersetzt.

Mutwillige Zerstörungen von Freilandversuchen werden ohne Kommentar und ohne jegliche Kritik von der Bundesregierung hingenommen.

Die Forscher aus den Bundesforschungseinrichtungen, die dem BMVEL zugeordnet sind, erhielten Forschungsverbote und Maulkörbe. Ein Wissenschaftler durfte nicht am Programm zur gentechnischen Sicherheitsforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) - also eines anderen Ressorts derselben Regierung - teilnehmen. Ein einmaliger Vorgang und ein handfester Angriff auf die Forschungsfreiheit.

Das Gentechnikgesetz wurde zum Ausstiegserlaß umfunktioniert. Durch eine verschuldensunabhängige kollektive Haftung von Gentechnikanbauern für ökonomische Nachteile anderer in der Region für den Fall, daß kein Verursacher gefunden werden kann, sind Freisetzungen und kommerzieller Anbau kaum mehr möglich. Dem Bundesrat versprochene Nachbesserungen wurden bisher nicht umgesetzt. Angebliche Erleichterungen für die industrielle Produktion mit risikolosen gentechnischen Enzymen etc. durch den Ersatz des Genehmigungsverfahrens durch ein Anzeigeverfahren erweisen sich als Scheingeschäft. Für das Anzeigeverfahren sollen dieselben Auflagen gelten. Ergebnis: Von 72 wissenschaftlichen Freisetzungsversuchen 1999 sind heute noch 10 übrig geblieben. Während weltweit 70 bis 80 Mio. Hektar mit gentechnisch gezüchteten Pflanzen bestellt sind, ist Deutschland noch nicht über den Erprobungsanbau hinausgekommen.

Rot-Grün hat versucht, Forschung und Technik in Gut und Böse einzuteilen. Rote Gentechnik für die Medikamentenentwicklung wurde akzeptiert, Grüne für die Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung abgelehnt. Schon wegen derselben zugrunde liegenden Basistechnologien und wegen zahlreicher Überschneidungen, etwa beim Genpharming, kann eine solche Einteilung nicht funktionieren. Energietechnologien können sich ebenfalls mit Blick auf die Herausforderungen einer nachhaltigen, preiswerten und sicheren Energieversorgung nicht auf Erneuerbare Energien reduzieren.

Ich sehe in der grünen Gentechnolgie ein großes Potential zum Wohl der Menschen und der Umwelt. Allerdings müssen wir respektieren, wenn Bürger dies für sich persönlich ablehnen. Deshalb müssen gentechnisch veränderte Pflanzen und Lebensmittel unbedingt eindeutig gekennzeichnet werden, damit jeder seiner eigenen Entscheidung nach leben kann.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Franz Obermeier, MdB