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Franz-Josef Holzenkamp
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Frage von Andreas R. •

Frage an Franz-Josef Holzenkamp von Andreas R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Holzenkamp,

meine Frage richtet sich an Sie als Mitglied des Landwirtschaftsausschusses.

Antibiotikaresistenzen haben in den letzten Jahren einen stetigen Anstieg zu verzeichnen. Ich kenne selbst einen Fall aus dem Bekanntenkreis, wo jemand im Krankenhaus wegen einer Routineoperation behandelt wurde und sich dort an einem sogenannten "Krankenhauskeim" angesteckt hat und daran beinahe verstorben wäre. Er ist nach wie vor nicht arbeitsfähig. Neue Antibiotika werden heute in einem langsameren Tempo entwickelt als alte Antibiotika durch Resistenzen ihre Wirkung verlieren. Wenn diese Entwicklung so weitergehen sollte, dann würden den Menschen in 150 Jahren keine wirksamen Antibiotika mehr zur Verfügung stehen.

Bekanntlich ist die konventionelle Landwirtschaft eine der Hauptursachen bei der "Züchtung" multiresistenter Keime. In der Zukunft werden nach wie vor Antibiotika in großen Mengen "auf Verdacht" verabreicht. Zwar sind durch Gesetze hierbei Grenzen gesetzt; diese lassen sich jedoch leicht aushebeln. So kamen 2012 alleine in Deutschland etwa 1600 Tonnen (!) Antibiotika in der Tiermast zum Einsatz. (Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/antibiotika-resistenzen-neuer-aktionsplan-vorgestellt.697.de.html?dram:article_id=269447 )

Meine Fragen: Welche Zusammenarbeit besteht zwischen Politikern der Ressorts Landwirschaft und Gesundheit aus dem Bundestag beim Kampf gegen Resistenzen? Welche neuen Maßnahmen zum Kampf gegen Resistenzen sind in der Landwirtschaftspolitik in der Diskussion? Gibt es Diskussionen darüber wie Antibiotikaresistenzen sich durch eine gezielte Verringerung des Fleischkonsums bekämpfen lassen (z.B. Verbot von Werbung für Fleischprodukte)? Sind weitere Einschränkungen für die Antibiotikaverwendung in der Tiermast geplant?

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Reichhardt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Reichhardt,

gern gebe ich Ihnen Auskunft darüber, was die Politik gegen Antibiotikaresistenzen unternimmt.

Antibiotika sind im Kampf gegen bakterielle Infektionskrankheiten unverzichtbar. Und ich teile Ihre Auffassung, dass die Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen eine ernsthafte Gefahr darstellt, die dringend gestoppt werden muss. Grundsätzlich ist es so, dass jeder Einsatz eines Antibiotikums, ob nun in der Humanmedizin oder in der Tierhaltung, die Gefahr von Resistenzbildung birgt.

Hier zeichnet die öffentliche Debatte teilweise doch ein sehr einseitiges Bild. Der alleinige Blick auf die Landwirtschaft greift allerdings zu kurz. Beispielsweise bestehen MRSA-Keime (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) aus verschiedenen Gruppen. Den weitaus größten Anteil an der Resistenzbildung im Humanbereich haben MRSA, die im Krankenhaus übertragen werden. Mit Nutztieren im Zusammenhang stehende MRSA sind davon völlig verschieden und spielen beim Menschen nur eine untergeordnete Rolle. Nach Untersuchungen des Bundesinstitutes für Risikobewertung sind rund 1,7 Prozent aller MRSA-Keime aus klinischen Untersuchungsmaterialen in Deutschland auf mit Tieren assoziierten Keimen zurückzuführen. Die anderen ca. 98 Prozent waren MRSA-Typen, die fast ausschließlich beim Menschen vorkommen.
Unsere Landwirte sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Aber es ist nicht ihre alleinige Verantwortung. So wird zum Beispiel in Deutschland die Gesamtmenge des Antibiotika-Verbrauchs in der Tierhaltung bereits seit 2011 genau nach Menge und Wirkstoff erfasst. Und dieser wurde nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in 2015 gegenüber 2011 bereits um mehr als die Hälfte reduziert: Von 1.706 auf 805 Tonnen. Da sind wir auf dem richtigen Weg.

Dass resistente Keime aus der Tierhaltung zu Problemen bei Menschen führen können ist unbestritten. Aber es ist keineswegs so, dass die Resistenzproblematik hauptsächlich auf die Nutztierhaltung zurückzuführen ist oder gar durch alleinige Maßnahmen in diesem Bereich lösbar wäre. Da Resistenzen bei jedem Antibiotikaeinsatz und unabhängig vom Verwendungsgebiet entstehen können, ist deren Reduzierung eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der nur durch ein gemeinsames Vorgehen von Human- und Tiermedizin begegnet werden kann.
Die Hauptursache für die Zunahme von Antibiotika-Resistenzen sind die unsachgemäße Verordnung und Anwendung von Antibiotika sowie Mängel in der Hygiene. Der sachgerechten Verordnung von Antibiotika durch Ärztinnen und Ärzte oder Tierärztinnen und Tierärzte kommt eine entscheidende Rolle bei der Verminderung des Selektionsdrucks und der Sicherung von Therapieoptionen zu. Deshalb ist zur Bekämpfung von Resistenzen ein umfassender und übergreifender Ansatz notwendig. Bereits im Jahr 2008 wurde die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) auf den Weg gebracht. Mit verschiedenen Maßnahmen sollen Antibiotika-Resistenzen eingedämmt und Forschungsprojekte vorangetrieben werden. Weiterentwickelt wurde sie durch die DART 2020 im Mai 2015. Sie sieht verschiedene Maßnahmen vor, die parallel in der Human- und Veterinärmedizin ansetzen und ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Die Vermeidung von Infektionen ist die wichtigste Maßnahme zur Reduzierung des Antibiotika-Verbrauchs. Dabei ist die Einhaltung von Hygienemaßnahmen durch qualifiziertes medizinisches Personal im Krankenhaus und durch sachkundige Tierhalter entscheidend. Aber auch eine zeitgerechte Diagnostik ist wichtig, um Antibiotika zielgenauer einsetzen zu können und die Weiterverbreitung von resistenten Erregern zu verhindern. Der Antibiotikaverbrauch beläuft sich auf etwa 700 – 800 Tonnen/Jahr (Germap 2015).

Das BMG hat 2015 zum Beispiel einen 10-Punkte-Plan zur Vermeidung behandlungsassoziierter Infektionen und Antibiotika-Resistenzen im Krankenhaus entwickelt. Mit seiner Umsetzung werden zentrale Aspekte der Infektionsprävention angegangen. Das Krankenhaushygieneförderprogramm wurde bis 2019 verlängert und auf den Bereich der Infektiologie ausgeweitet. Es werden medizinische Einrichtungen darin unterstützt, die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes umzusetzen.
Darüber hinaus wurden die Krankenhäuser mit dem Krankenhausstrukturgesetz verpflichtet, verständliche Informationen zu Hygienestandards in ihren Qualitätsberichten zu veröffentlichen.
Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzt sich dafür ein, dass wir auch in Zukunft auf wirksame Antibiotika zurückgreifen können, wenn Mensch und Tier diese wirklich brauchen. Diese Zielrichtung unterstreicht auch der am 1.12.2016 im Deutschen Bundestag verabschiedete „Antibiotikaresistenzen vermindern – Erfolgreichen Weg bei Antibiotikaminimierung in der Human- und Tiermedizin gemeinsam weitergehen (BT-Drucksache 18/9789).
Ganz klar, um die Entstehung und Verbreitung von Resistenzen in der Human- und der Tiermedizin einzudämmen und neue Antibiotika zu entwickeln, bedarf es verstärkter Forschungsanstrengungen. Dafür setzen wir uns auch weiterhin ein. Wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Deshalb war zum Beispiel die Fortschreibung von DART 2020 unerlässlich, um den unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika und Mängel bei der Hygiene in der Human- und Tiermedizin zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Franz-Josef Holzenkamp