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Frage von Torsten T. •

Frage an Frank Heinrich von Torsten T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Heinrich,

mit dem kürzlich verkündetem Urteil des BAG [1] zur weiteren Zementierung der Sonderstellung kirchlicher Arbeitgeber wird (sicherlich nicht nur) meiner Meinung nach einer der wesentlichsten Artikel des GG (Art. 3) ignoriert:

"(3) Niemand darf wegen [...], seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. [...]"

Obwohl dies im AGG konkretisiert wurde, stehen kirchliche Organisationen/Unternehmen (als solche muss man mit wirtschaftlichem Interesse handelnde oder öffentlichen Mitteln finanzierte Entitäten bezeichnen) fragwürdiger weise über dem (Grund-)Gesetz(!).

Leider sind dies keine Einzelfälle: Putzfrauen werden entlassen, wenn sie der falschen Konfession/Religion angehören. Einer Kindergärtnerin wurde gekündigt, weil sie nach Scheidung einen neuen Partner fand und mit diesem zusammen leben wollte. Krankenpfleger werden vom neuen, kirchlichem, Betreiber eines Krankenhauses nicht übernommen, wenn sie der Kirche nicht beitreten. Lehrer in einem nun von kirchlichem Träger betriebenen, aber ebenfalls zu 100% aus staatlichen Mitteln finanziertem, Gymnasium müssen binnen 2 Jahre nach Trägerwechsel der Kirche beitreten, sonst droht eine Kündigung.

Es darf nicht sein, dass von Personen die in "nicht-verkündender" und durch allg. Steuergelder finanzierten Positionen arbeiten, ein (notfalls auch falsches) Bekenntnis zu Weltanschauungen der betreibenden Organisationen verlangt wird. Dies geht weit über die Loyalitätspflichten eines "normalen" Arbeitnehmers hinaus. Ferner werden kirchlichen Unternehmen so Wettbewerbsvorteile geschaffen die marktverzerrend wirken und die viel gelobten und guten Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft mit fast schon inquisitorischen Mitteln abgeschafft.

Ist es nicht an der Zeit, dass der Bundestag hier für eine klare Priorisierung der Artikel des GG sorgen sollte - ungeachtet des "C" im Namen diverser Parteien?

viele Grüße

[1] http://hpd.de/node/15794

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Antwort von
CDU

Lieber Herr Thau,

um ehrlich zu sein, schlagen hier zwei Seelen in meiner Brust. Ich kann Ihrer Argumentation mit Artikel 3 des Grundgesetzes folgen. Man kann argumentieren, das hier eine Diskriminierung des Nichtglaubenden bzw. der Nichtkirchenmitglieder vorliegt (denn wer kann in das Herz eines Menschen schauen und dessen Glauben beurteilen?).

Auf der anderen Seite gibt es mindestens zwei gute Gründe, die für die Sonderstellung kirchlicher Mitarbeiter sprechen und daher eine Kirchenmitgliedschaft obligatorisch machen.
1) Die Kirche ist eine Glaubensgemeinschaft, wer für sie arbeitet bzw. arbeiten möchte, weiß das und muss es auch mittragen können;
2) die Kirche ist eine Solidargemeinschaft, die sich zu einem großen Teil aus Kirchensteuermitteln finanziert. Wer nicht in der Kirche ist bzw. aus der Kirche austritt, verlässt diese wirtschaftliche Solidarität und unterminimiert damit das System. Ich finde, wer Vorteile in Anspruch nimmt, muss sich auch an den Kosten beteiligen.

Das bedeutet für mich in der Summe, dass ich dem Urteil des BAG folgen kann und eine Neuregelung nicht für nötig erachte.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Heinrich