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Frage von Werner B. •

Frage an Florian Pronold von Werner B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Mayer,

ich war seit Jahrzehnten SPD-Wähler. Die SPD hat sich viele Jahre für Gerechtigkeit und Ausgewogenheit in unserem Land eingesetzt. Derzeit sehe ich bei der SPD weder eine gerechte Umverteilung der Einkommens- und Vermögenshältnisse noch eine ausgewogene.

Warum werden die Kürzungen der Renten nicht 1:1 auf die Beamtenpensionen umgesetzt und damit diese Ungleichheit endlich abgeschafft? Warum können Beamte sich privat kranken versichern und sind dadurch Patienten 1. Klasse?

Wann denkt die SPD daran, eine Erwerbstätigenversicherung sowie eine Bürgerversicherung in diesem Land einzuführen, damit die SPD wieder wählbar ist für mich und für Viele andere?

Mit freundlichen Grüßen

W. Bihn

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Sehr geehrter Herr Bihn,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.

Änderungen im Rentenrecht werden möglichst wirkungsgleich auf Bestimmungen zum Pensionsrecht übertragen. Jedoch gibt es Grenzen, da beide Systeme auf verschiedenen Voraussetzungen aufbauen. Mit dem Tarifabschluss für den Bund zum 1. Januar 2008 hat sich die Bundesbeamtenversorgung erhöht. Sie wird gemindert durch den Riesterfaktor, der für die Rentenversicherung zwei Jahre ausgesetzt ist.

Rente und Beamtenversorgung haben sich bisher durchaus vergleichbar entwickelt. Zuletzt wurde die Beamtenversorgung 2003 und 2004 erhöht. Gleichzeitig wurde ab 2004 die Jahressonderzahlung mehrmals gekürzt. Heute erhalten Versorgungsempfänger des Bundes noch 12,25 Monatsbezüge. Die Sonderzahlung selbst ist keine Bevorzugung gegenüber den Rentnern, weil auch in die Rentenberechnung alle beitragspflichtigen Einkommen einfließen. Dreizehnte Monatsgehälter sind damit anteilig in jeder monatlichen Altersrente enthalten Die aktiven Bundesbeamten erhielten von 2005 bis 2007 statt einer Besoldungserhöhung Einmalzahlungen von je 300 Euro. Diese wurden nicht auf Beamtenversorgungen erstreckt. Damit lag die Bundesbeamtenversorgung 2007 um ca. 2,14 Prozent unter 2002, die gesetzliche Rente hingegen um ca. 1,59 Prozent darüber. Die Steigerung der Bundesbeamtenversorgung in 2008 deckt überwiegend einen Nachholbedarf ab.

Es gibt gute Gründe, den häufig allgemein gemachten Vergleich von Renten und Pensionen -- auch in der Höhe -- in Frage zu stellen:
. Die Beamtenversorgung ist eine Vollversorgung, die nicht nur die Rente ersetzt, sondern auch die ganz oder teilweise arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung, die über die Hälfte der Rentner der alten Bundesländer erhalten. Dass die zusätzliche Altersversorgung als Säule in den neuen Bundesländern erst seit 1990 aufgebaut werden kann, spielt hier keine Rolle. Es geht nur um den Systemunterschied.
. Es gibt viele Personen, die nur kurz (versicherungspflichtig) gearbeitet haben und danach Hausfrau wurden oder selbstständig waren. Sie beziehen Kleinrenten. Beamte, bei denen eine solche Situation eintritt, scheiden aus dem Beamtenverhältnis aus und werden in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Deshalb gibt es keine Klein- und Kleinstpensionen. Hierdurch wird der Durchschnitt der Rentenhöhe gesenkt, der in der Beamtenversorgung gehoben.
. Innerhalb der Beamtenschaft überwiegen die Bezieher relativ höherer Arbeitseinkommen, was sich zwangsläufig auf die Höhe der durchschnittlichen Versorgung auswirkt. Im höheren und gehobenen Dienst sind ca. 75 Prozent der Beschäftigten verbeamtet. Im einfachen und mittleren Dienst jedoch nur ca. 30 Prozent.

Die private Krankenversicherung (PKV) für Beamte ist eine historisch gewachsene Sache, die man nicht mal eben so abschaffen kann. Wir haben die Möglichkeit zu wählen auch schon sehr erweitert, die PKV muss inzwischen auch einen Basistarif anbieten und kann Versicherte nicht mehr einfach ablehnen. Privat Versicherte werden - entgegen einer landläufig weit verbreiteten Ansicht - auch nicht sofort Versicherte erster Klasse, sondern haben maximal den Versicherungsschutz der im Sozialgesetzbuch (SGB) V vorgeschrieben ist. Für zusätzliche Leistungen muss auch zusätzlich gezahlt werden.

Ich stimme Ihnen zu, dass die Aufgliederung der deutschen Sozialsysteme, besonders der Rentenversicherung nach unterschiedlichen Formen der Erwerbstätigkeit an verschiedenen Stellen Probleme aufwirft. Generell halte ich deshalb eine Ausweitung der gesetzlichen Systeme vor allem bei Gesundheits- und Altersvorsorge für sinnvoll. Die zunehmende Zahl unterversicherter Selbstständiger ist ebenfalls ein Argument für eine solche Ausweitung. Ich halte - wie Sie - die Fortentwicklung der Rentenversicherung in eine Versicherung aller Erwerbstätigen für sinnvoll und notwendig. Allerdings ist mir bewusst, dass die Union mit der weiteren Privatisierung der Alterssicherung exakt das Gegenteil anstrebt. Es gibt meiner Meinung nach kein besseres Rentensystem als eine solidarische Umlagefinanzierung. Die interessengeleitete Propaganda gegen das Umlagesystem der gesetzlichen Rente hat sich in der öffentlichen Debatte jedoch leider weitgehend durchgesetzt. Der Kampf für den Erhalt und Ausbau der gesetzlichen Rente wird deshalb schwer und langwierig werden.

Eine Bürgersozialversicherung ist unser erklärtes Ziel und Bestandteil unseres Regierungsprogramms. Um es möglichst umfassend und bald umsetzen zu können, kämpfen wir für ausreichende Mehrheiten. Auch die Zeit der großen Koalition hat gezeigt, dass wir mit 34 % Wahlergebnis nicht 100 % sozialdemokratische Politik durchsetzen können.

Es würde mich außerordentlich freuen, wenn Sie sich aktiv und in der SPD für die Bürgerversicherung einsetzen würden.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Pronold