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Farid Müller
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Frage von Christine S. •

Frage an Farid Müller von Christine S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Hallo Herr Müller,

gerne wüßte ich, wie Sie zum geplanten Bauprojekt Altonas neue Mitte stehen. Hier soll ab 2013 der Bau von ca. 2000 Wohnungen starten. Das Gelände gehört der Bahn und anderen Investoren, die durch den Bebauungsplan sehr viel Geld verdienen werden, da dadurch die Grundstücke enorm an Wert gewinnen werden. Was werden Sie tun, damit die Investoren Grundstücke zu angemessenen Preisen an Baugemeinschaften und soziale Projekte abgeben? Werden Sie sich auch dafür einsetzen, dass ein Teil der für Bauprojekte vorzusehenden Grundstücke für das sog. autofreie Wohnen reserviert werden?

Mit freundlichen Grüßen

Christine Scheunemann

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Scheunemann

vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der Neuen Mitte Altona. Die Entwicklung auf diesem Gebiet ist eine der zentralen städtebaulichen Herausforderungen, die in Hamburg in den nächsten Jahren anstehen.

Für mich als den grünen Experten für Bürgerbeteiligung ist dabei von größter Bedeutung, dass die Bevölkerung frühzeitig eingebunden wird und über die wesentlichen Fragen mitentscheiden kann.

Als Anregungen für diese Bürgerbeteiligung gibt es Positionen der GAL Altona. Sie finden sie unter http://www.altona.info/wp-content/uploads/2010/05/NeueMitteAltona_Positionpapier_GAL_Altona.pdf

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:

Sie haben Recht mit Ihrer Auffassung, dass durch die Umwidmung der Grundstücke in Bauland diese eine erhebliche Preissteigerung erfahren und die Stadt so eine gute Verhandlungsposition hat, um entsprechende Bedingungen an eine Baugenehmigung zu knüpfen.

Für die GAL sind das insbesondere:
- Ziel soll sein, ein heterogenes, gemischt genutztes Wohngebiet mit kleinteiligen Gewerbeeinheiten und Gemeinbedarfseinrichtungen zu etablieren.
- Es ist ein diversifiziertes Wohnungsangebot zu schaffen. Der Anteil an gefördertem (sozialem) Wohnungsbau sollte nicht unter 30%, der Anteil an genossenschaftlichem nicht unter 20% und der Anteil von Baugemeinschaften nicht unter 20% liegen. Die Anteile können kumulativ sein. Der Anteil von Eigentumswohnungsbau ist auf max. 30% zu beschränken.
- Es soll ein ausgewogenes Verhältnis der Wohnungsgrößen gewährleistet sein, wobei Familienwohnungen (4-6 Zimmer nur für Familien) und 1-2 Zimmerwohnungen stärker zu berücksichtigen sind.
- Größere Baugemeinschaftseinheiten und generationenübergreifende Wohnformen sind besonders zu fördern.
- Nachhaltige und innovative Wohn- und Gebäudetechnologien, die in der IBA 2013 entwickelt wurden, sind zu integrieren und weiterzuentwickeln.
- Die Gebäudetypologie, -höhe und Architektursprache soll sich an den angrenzenden Altbauquartieren von Altona Altstadt, Altona-Nord und Ottensen orientieren
- Auf eine hochwertige Architektur, die zum Teil in Wettbewerbsverfahren erstellt werden soll, ist zu achten.
- Die wohnortnahe Grundversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs ist sicherzustellen. Die bedarfsangepasste Errichtung von Lebensmittelmärkten mit einer Verkaufsfläche von 800 bis 1.200 qm ist zu prüfen. Weiterer großflächiger Einzelhandel ist zum Schutz bestehender Zentren auszuschließen.
- Es sollen attraktive, uneingeschränkt öffentlich nutzbare Grün- und Erholungsflächen geschaffen werden. Die Gestaltungswünsche der Bürger und Bürgerinnen von Altona- Nord und Altona-Altstadt sind über ein Beteiligungsverfahren zu berücksichtigen. Es sollten kleinere Quartiersplätze zur Steigerung der Aufenthaltsqualität eingerichtet werden.
- Die Theodor-Haubach-Schule sollte dem Stadtteil städtebaulich geöffnet und zu einem Identität stiftenden Quartiersmittelpunkt entwickelt werden. Die Erfahrungen des "Bildungszentrums Tor zur Welt" in Wilhelmsburg sollen hierbei berücksichtigt werden.
- Der ehemalige Güterbahnhof soll als historisches Gebäude erhalten bleiben. Er ist durch den Denkmalschutz zu sichern. Anzustreben sind Nutzungen oder Zwischennutzungen durch Kulturschaffende, Kreative oder Bildungseinrichtungen mit zentralörtlicher Funktion.
- Bei der Entwicklung der zu erhaltenen Gewerbeeinheiten (ehem. sog. Kulturbahnhof) sollten innovative Gewerbe- und Arbeitskonzepte (z.B. "Co-Working") integriert werden. Es ist zu prüfen inwieweit sich kleinteiliges, produzierendes und mehrgeschossiges Gewerbe ansiedeln lässt.

Die Hamburgische Bürgerschaft hat übrigens diese Position auf Grüne Initiative hin mit einem Beschluss vom 10. November 2010 mit Stimmen von CDU, SPD und GAL ebenfalls bekräftigt. Im Beschluss der Bürgerschaft heißt es wörtlich:

"Ziel der in städtebaulichen Verträgen zu fixierenden Verhandlungen soll sein, ein diversifiziertes Wohnungsangebot zu schaffen, das heißt geförderte (soziale) Mietwohnungen, genossenschaftlicher und frei finanzierter Mietwohnungsbau und Eigentumswohnungsbau sind zu ausgewogenen Anteilen zu berücksichtigen. Baugemeinschaften, generationsübergreifende und autoarme Wohnformen sind besonders zu fördern beziehungsweise zu berücksichtigen." (Drucksache 19/7674, siehe http://www.buergerschaft-hh.de/Parldok/tcl/PDDocView.tcl?mode=show&dokid=31123&page=0 ).

Dass in den Entwürfen auch ein Bereich für autofreies Wohnen vorgesehen ist, geht auf das Positionspapier der GAL Altona zurück: "Der Autoverkehr soll in dem neuen Gebiet weitestgehend vermieden werden. Im Sinne des Koalitionsvertrages der Bürgerschaftsebene ist Autofreies Wohnen in einem möglichst großen Umfang zu etablieren."

In den Verhandlungen mit unserem damaligen Koalitionspartner CDU konnten wir diese Position leider nur in etwas reduzierter Form im bereits zitieren Beschluss der Bürgerschaft vom November 2010 unterbringen. Dort heißt es: "Im Sinne des Koalitionsvertrages zwischen CDU und GAL auf Landesebene soll ein Projekt "Autofreies Wohnen" etabliert werden." Aber immerhin: auch für den Bereich für autofreies Wohnen gibt es auf unsere Initiative hin bereits bürgerschaftliche Rückendeckung. Im Bürgerschaftsbeschluss gibt es übrigens auch ansonsten sehr erfreuliche Forderungen hinsichtlich des sonstigen Verkehr in der Neuen Mitte Altona: "Fußgänger- und Radverkehre sind in besonderem Maße zu berücksichtigen und zu fördern. Durch eine frühzeitige und konsequente Planung soll eine gute Anbindung des Radverkehrs an die Quellen und Ziele außerhalb des Entwicklungsgebietes gewährleistet werden. Durchgangsverkehr (MIV) durch das Neubaugebiet ist zu vermeiden. Ein Ausbau der Harkortstraße auf vier Spuren wird abgelehnt."

Deswegen glaube ich, dass es bei der Entwicklung der Neuen Mitte Altona eigentlich keinen Weg gibt, von der durchmischten Bebauung und dem Bereich für autofreies Wohnen abzuweichen. Wir als grüne Partei und auch ich als Einzelperson werden uns weiter in diesem Sinne engagieren. Wir wollen, dass hier ein Modellprojekt für nachhaltige und bürgernahe Stadtentwicklung entsteht.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne unter (0179) 5400994 und BueroFarid.Mueller@gal-fraktion.de zur Verfügung. Informationen finden Sie auch unter http://www.farid-mueller.de und http://facebook.de/Farid.Mueller .

Viele Grüße
Ihr
Farid Müller

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