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Ewald Schurer
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Frage von Alfons S. •

Frage an Ewald Schurer von Alfons S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schurer,

die Europäische Zentralbank (EZB) kauft laufend Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt. Welche Rechtsgrundlage gibt es hierfür, wie ist die Haftung Deutschlands bei Verlusten aus diesen Ankäufen und welchen Einfluss hat der Deutsche Bundestag auf diese Verluste? In der Broschüre "Die Ausschüsse des Deutschen Bundestages" steht: "Denn kein Cent fließt, den das Parlament nicht vorher gebilligt hat. Das viel zitierte ´Königsrecht´ hat sich das Parlament hart erkämpft. Der Haushaltsausschuss kontrolliert Punkt für Punkt, wohin das Geld des Steuerzahlers fließen soll." Wie ist das Haushaltsrecht des Parlaments mit der Haftung für Verluste der EZB vereinbar?

Nach Pressemeldungen vom 21.12.2011 hat die EZB den Banken der Eurozone grenzenlos Geld zur Verfügung gestellt. Als Sicherheit nimmt sie Staatsanleihen, die auf dem Markt unverkäuflich sind. Wenn hier Verluste auftreten, haftet dann auch Deutschland, ohne dass der Bundestag ein Wort mitzureden hat? Ist das mit dem Grundgesetz vereinbar?

Freundliche Grüße
Alfons Schwarzenböck

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schwarzenböck,

vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Frage zur Europäischen Zentralbank und den Beteiligungsrechten des Parlaments.

Die europäische Zentralbank (EZB) ist ein Organ der Europäischen Union und besitzt Rechtspersönlichkeit. Sie ist in der Ausübung ihrer Tätigkeit und der Ausgabe des Euros völlig unabhängig. In dem geltenden EU-Vertrag von Lissabon in Art. 282 ist festgeschrieben, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten diese Unabhängigkeit achten müssen.

Ihr Startkapital hat die EZB von den nationalen Zentralbanken erhalten. Die Höhe des Beitrages richtet sich nach dem prozentualen Anteil des jeweiligen Landes an der Gesamtbevölkerung und dem Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union. Für Deutschland ergibt sich ein Kapitalschlüssel von 18,94% und damit umgerechnet 1 722 155 360,77 Euro.

Mit der Zustimmung zum Lissabon-Vertrag hat das deutsche Parlament nicht nur der Unabhängigkeit der EZB, sondern auch der Zahlung der deutschen Bundesbank an die EZB zugestimmt. In diesem Fall ist es somit richtig, dass kein Cent fließt, der vom Bundestag nicht gebilligt wurde.

Auch der Umgang mit dem Gewinn und Verlust, den die EZB erwirtschaftet, wurde durch das deutsche Parlament mit der Ratifizierung des EU-Vertrages gebilligt.
Gewinne der EZB werden dem allgemeinen Reservefonds zugeführt. Alles was über eine Obergrenze von 100% des Kapitals liegt, wird den Mitgliedstaaten entsprechend ihrer Anteile ausgeschüttet.
Erwirtschaftet die EZB einen Verlust, so gleicht sie diesen durch den Reservefonds aus oder aber darf, soweit erforderlich, die Gewinnausschüttung an die Mitgliedstaaten einbehalten.

Ihre Kritik hinsichtlich der Beteiligungsrechte des Parlaments teile ich somit nicht, so lange die EZB bei der im EU-Vertrag und von den nationalen Parlamenten übertragenen Aufgabe bleibt, nämlich die Preisstabilität des Euros zu gewährleisten. Auf welchem Wege sie dies tut, das ist laut EU-Vertrag der Entscheidung der EZB zu überlassen, da sie ein unabhängiges Organ der Europäischen Union ist.

Gleichzeitig verstehe ich Ihre Bedenken in Bezug auf das Agieren der EZB im Zuge der Staatsverschuldungskrise. Der Ankauf von Staatsanleihen macht die EZB zu einer großen „Bad Bank“ und lässt kritische Fragen zu, ob diese Ankäufe noch dem vertraglich festgesetzten Ziel der EZB dienen. Die SPD spricht sich gegen den Staatsanleihenkauf der EZB aus. Gleichzeitig muss wir zeitnahe eine Alternative dazu schaffen, die es den hoch verschuldeten Staaten selbst ermöglicht, sich wieder am Markt selber zu refinanzieren. Dazu zählt in erster Linie ein effizienter Europäischer Stabilitätsmechanismus, der über wirksame und klare Instrumente und Verfahrensregeln verfügt. Genau bei diesen neuen Instrumenten, und da gebe ich Ihnen Recht, muss sorgsam darauf geachtet werden, dass die parlamentarische Beteiligung gewahrt bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

Ewald Schurer, MdB