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Frage von Franz H. •

Frage an Ewald Schurer von Franz H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Schurer,

was halten Sie für den richtigen Weg, die existenzbedrohten Milchbauern mit ihren nachgelagerten Arbeitsplätzen aus der aussichtslosen Lage zu führen.
Sind Sie für eine Beibehaltung der Mengenregulierung auf EU- Ebene?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hengler,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 14. Mai 2009, in dem Sie die Lage der „existenzbedrohten Milchbauern“ darlegen und mich nach der Mengenregulierung befragen.

Die momentane Situation der Milchbauern ist dramatisch: Einerseits bedingt durch die Quotenerhöhung und die damit verbundenen Ausstiegspläne, andererseits durch die immer größere Marktmacht einzelner Lebensmittelhandelsketten.

Ich sehe wirklich die Gefahr, dass ein dauerhaft niedriger Milchpreis unabsehbare Folgen für den Erhalt und die Pflege unserer Kulturlandschaften hat.

Inwieweit jedoch das oft geforderte System der flexiblen Milchmengensteuerung eine langfristig tragfähige Alternative darstellt, muss ich ernsthaft hinterfragen. Für mich ist es nicht besonders überzeugend, wenn die Hoffnung geweckt wird, mit einem etwas geänderten Mengensteuerungssystem könnte langfristig ein deutlich höherer Erzeugerpreis durchgesetzt werden.

Vor 25 Jahren wurde die Quotenregelung in der EU geschaffen. Weitaus länger bestehen Regelungen zur Preisstützung im Binnenmarkt und zur Absicherung der Milchpreise im Außenhandel. Wir haben die europäischen Märkte zu Lasten der Erzeuger in Drittländern abgeschottet. Die EU und die Verbraucher haben viel Geld aufgewendet, um möglichst auskömmliche Preise für Milchbauern zu sichern. Das Ergebnis war und ist unbefriedigend.

Für die Fortsetzung dieser Politik gibt es deshalb weder in der EU noch in Deutschland eine realistische Mehrheit. Manche behaupten jetzt unter dem Druck der niedrigen Preise und massenhafter Proteste anderes. Das ist nicht redlich.

Die europäische Agrarpolitik hat im Jahr 2003 beschlossen, sich schrittweise von den alten Instrumenten zu verabschieden. Dazu gehört auch der Ausstieg aus dem bisherigen Milchquotensystem bis 2015. Gerade im Interesse der Landwirte, die für sich, ihre Familien und ihre Betriebe langfristige Perspektiven benötigen, wäre es fahrlässig den Eindruck erwecken zu wollen, mit einer neu gestalteten Mengensteuerung seien die Probleme zu lösen.

Die große Koalition hat erst kürzlich in engem Schulterschluss mit den Bundesländern ein umfangreiches Maßnahmenbündel angeschoben, um die Milchbauern direkt zu unterstützen und einen sanften Ausstieg aus der Milchquote zu ermöglichen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an folgende Maßnahmen, die der Bund und die Länder nun schrittweise umsetzen:

- Anhebung des Fördersatzes für besonders tiergerechte Haltungsverfahren von 30 Prozent auf 35 Prozent;
- Anhebung des förderfähigen Investitionsvolumens von 1,5 Mio. Euro auf 2,0 Mio. Euro;
- Aufhebung des Nachweises der Milchquote auch für Milcherzeuger, die ihre Anträge auf Investitionsförderung nach dem 31. Dezember 2006 gestellt haben.

Darüber hinaus werden weitere Änderungen ab 1. Januar 2010 in Kraft treten:

- An dieser Stelle sei die Anhebung des Fördersatzes für Kooperationen von Landwirten mit anderen Partnern zur Einkommensdiversifizierung z.B. zur effizienteren Nutzung von Bioenergie genannt. Dieser steigt von derzeit 25 Prozent auf bis zu 35 Prozent.
- Erhöhung der Prämie für Agrarumweltmaßnahmen einschließlich der Sommerweideprämie und des Ökolandbaus, d.h.: der Regelobergrenze für die Ausgleichszulage für Landwirte in benachteiligten Gebieten wird auf bis zu 200 Euro je Hektar erhöht und die Sommerweide-Prämie wird auf 50 Euro je Großvieheinheit angehoben.
- Vorziehen der Auszahlung von Direktzahlungen.
- Senkung der Agradieselsteuer.
- Liquiditätsprogramm der Landwirtschaftlichen Rentenbank.

Was die konkrete Höhe des Milchpreises angeht, möchte ich folgendes anmerken: Im letzten Jahr hatten wir ein sehr hohes Preisniveau. Eigentlich musste damals jedem klar sein, dass dieses nicht dauerhaft zu halten war. Verbraucher und Verarbeiter sind wegen des hohen Milchpreises auf andere pflanzliche Rohstoffe umgestiegen und habe dadurch die Binnennachfrage vermindert.

Es ist davon auszugehen, dass das historische Preistief nicht ewig anhalten wird. Agrarökonomen erwarten mittelfristig einen Milchpreis von 30 Cent und mehr. Langfristig werden sich die Milchviehalter jedoch an schwankende Preise anpassen müssen. Die 12 Cent EU-Direktzahlungen, die ein Milchviehbetrieb im Durchschnitt pro Liter Milch bekommt, sind dabei ein stabilisierender Faktor.

Politik kann unterstützen und die Rahmenbedingungen verändern. Politik kann und darf aber nicht den Eindruck erwecken, dass sie selbst tragfähige Unternehmenskonzepte entwickeln oder langfristige Zusicherungen machen könnte, für die sie keine Durchsetzungschancen sieht.

Seien Sie aber versichert, dass ich weiter dafür werbe, dass die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft und insbesondere der Milchviehhalter deutlicher als bisher für Steuerzahler sichtbar werden und verlässlich vergütet werden und über den anvisierten 30 Cent liegen werden.

Mit freundlichen Grüßen

gez.

Ewald Schurer