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Eva-Maria Schreiber
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Frage von Thomas M. •

Frage an Eva-Maria Schreiber von Thomas M. bezüglich Gesundheit

Hallo Frau Schreiber,

in 18 europäischen Ländern gibt es bei der Organspende das Gesetz der Widerspruchslösung : Jeder ist Spender & wer nicht spenden will, kann widersprechen. In Deutschland sterben bei der momentanen Gesetzeslage deswegen jedes Jahr über 1000 Menschen auf der Warteliste. Was sagen sie zur Widerspruchslösung ?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr M.,

haben Sie Dank für Ihre Mail und Ihr Engagement für eine Erhöhung der Organspende-Quote.

Auch ich verfolge diese Debatte aufmerksam und wünsche mir selbstverständlich, dass am besten niemand lange auf ein benötigtes Organ warten muss und allen Betroffenen schnellstmöglich geholfen werden kann.

Wie können wir das erreichen?

Das Thema Organspende und damit auch die Debatte um eine mögliche Einführung einer Widerspruchslösung wird den Bundestag spätestens ab Herbst noch mehr beschäftigen. Bereits vor sieben Jahren lagen solche Vorschläge – im Zusammenhang mit der damals von Steinmeier und Kauder vorgeschlagenen „Entscheidungslösung“ – auf dem Tisch.

Vor diesem Hintergrund hat Kathrin Vogler (MdB, DIE LINKE) vor etlichen Jahren die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (WD) eine Ausarbeitung zu Auswirkungen der Widerspruchslösung auf die Zahl der Organspenden erstellen lassen – mit sehr interessanten Ergebnissen: Demnach kann eine Widerspruchslösung sogar anstatt einer Erhöhung der Spenderzahlen das Gegenteil bewirken, und andere Maßnahmen im Rahmen der Organisation des Transplantationswesens scheinen deutlich zielführender zu sein.

Das lässt sich wohl recht gut am oft als Paradebeispiel genannten Spanien aufzeigen:

„So wurde zum Beispiel in Spanien die Widerspruchslösung bereits im Jahr 1979 in Spanien

eingeführt, ein Anstieg der Spenderquoten konnte aber erst ab dem Jahr 1989 verzeichnet

werden. Der Anstieg verlief zeitlich parallel mit der Gründung der nationalen

Transplantationsorganisation, die eine neue Infrastruktur im Bereich der Transplantation

eingeführt hat. Diese Umstrukturierung des Transplantationswesens wird als ursächlich für die

positive Entwicklung der Spenderzahlen angesehen.“

(Auszug aus der Ausarbeitung der WD)

Hier noch ein paar weitere Auszüge aus dem Fazit der WD:

* „Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die vermutlich einen Einfluss auf die Anzahl der Organspender ausüben.“

*„Allerdings ist es schwierig, den direkten Zusammenhang zwischen einzelnen Faktoren und der Spenderquote zu ermitteln.“

*--> „Insofern lässt sich zum Beispiel keine klare Aussage darüber treffen, ob die Einführung der Widerspruchslösung tatsächlich mit einem Anstieg der Spenderzahlen einhergeht.“

*--> „Die höchsten Spenderquoten werden in den Ländern erzielt, in denen eine Vielzahl von aufeinander abgestimmten Maßnahmen zur Erhöhung der Spenderquote getroffen worden sind.“

*„Um die Zahl der Organspender zu erhöhen, scheint es neben der Erhöhung der Meldequote von potentiellen Organspendern vor allem wichtig, die positive Einstellung der Bevölkerung zur Organspende und die aktive Entscheidung bezüglich der Organspende zu fördern.“

*„Darüber hinaus scheint es sich positiv auf die Zahl der Organspender auszuwirken, wenn das Thema Organspende im Bewusstsein der Bevölkerung präsent ist und dadurch auch die Diskussion innerhalb der Familien angeregt wird.“

Ich sehe ein Grundproblem in dem durch Skandale und DSO-Machenschaften erzeugten Vertrauensverlust. Daher hatte meine Fraktion damals den Antrag auf Drucksache 17/12225 – „Transparenz und öffentliche Kontrolle im Prozess der Organspende herstellen“ – eingebracht. Falls die Umstrukturierung des Transplantationswesens zu einer höheren Spenderquote führen kann, würde ich diese Maßnahmen auf jeden Fall befürworten, ungeachtet der Einführung der Widerspruchslösung. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich meine Meinung für ein Pro oder Contra zur Widerspruchslösung noch nicht schlussendlich gebildet habe.

Mit freundlichen Grüßen

Eva-Maria Schreiber