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Eva Möllring
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Frage von Ferhat S. •

Frage an Eva Möllring von Ferhat S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Möllring,

bevor ich anfange möchte ich aus dem Grundgesetz zitieren, welches Sie sicher besser kennen als ich.
Artikel 5
(1)...Eine Zensur findet nicht statt
Wie rechtfertigen Sie das gestern beschlossene Gesetz zur Zensur gewisser Internetseiten ? Kinderpornographie auszurotten liegt im Interesse aller, finden Sie jedoch Zensur für den richtigen Weg ? Auch sollte Ihnen bekannt sein dass Internetsperren leicht zu umgehen sind, jedoch ist das einzig schlimme an der Sache dass es sie gibt ! In einem freien, demokratischen Land werden Bürgerrechte Stück für Stück abgebaut! Wie rechtfertigen Sie ihre Zustimmung zu dem Gesetztentwurf der nichts anderes ist als ZENSUR, wenn dieser Satz fest in unserem Grundgesetz verankert ist " Eine Zensur findet nicht statt" ? Unser Land verkommt immer mehr zu einem Überwachungsstatt und gerade WIR Deutschen sollten, bedingt durch unsere historische Vergangenheit, entschlossen gegen solch eine Entwicklung kämpfen! Und auch wenn wir nichts aus der Vergangenheit gelernt haben sollten, sind aktuelle Beispiele wie China oder Iran direkt vor unserer Nase! Wir verurteilen diese Länder, entwickeln uns jedoch immer mehr zu solchen ! Es gab Petitionen gegen das Gesetz, wurden aber wie erwartet kaum beachtet. Unser Grundgesetz wird mehr und mehr ausgehebelt und umgangen, und das ist in meinem Augen nichts anderes als Volksverrat ! Kinderschänder werden nicht aufhören Kinder zu vergewaltigen nur weil ihre Seiten hier in Deutschland nicht mehr erreichbar sind! Statt unsere Kraft darauf zu fokussieren, diese abscheuliche Verbrechen zu verhindern, machen wir ab dem 18.06.2009 nichts anderes als die Augen zu schließen ! Dieses Gesetz ist der Anfang vom Ende, und ich erwarte auch nicht das mein Beitrag auf dieser Seite veröffentlicht oder gar von Ihnen beantwortet wird. Ich habe meinen Unmut geäussert, das ist es was ich wollte. Falls Sie mir aber dennoch antworten möchten würde ich mich über eine email freuen.

Mit freundlichem Gruß

Portrait von Eva Möllring
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Sariyildiz,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 19. Juni 2009, in dem Sie mir Ihre Bedenken über unseren Kampf gegen Kinderpornographie im Internet schildern.

Ich bin allerdings betroffen, dass Sie neben Ihren Sorgen um eine Kontrolle des Internets leider keinerlei konstruktive Vorschläge unterbreiten, wie die erschreckende Zunahme dieser scheußlichen Verbrechen an kleinen Kindern zum Lustgewinn „Unschuldiger“ aufgehalten werden kann. Wir haben den Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet mit besonderer Sorgfalt und Sensibilität in mehreren Ausschüssen behandelt.
Leider erlebe ich immer wieder, dass bei der Diskussion über dieses Thema berechtigte Anliegen und ungerechtfertigte Ängste fälschlich miteinander verwoben werden. Bitte gestatten Sie mir deshalb hierzu daher einige grundsätzliche Ausführungen:

Kinderpornographie ist ein abscheuliches Verbrechen. Kinder werden missbraucht und anschließend wird der Missbrauch auch noch vermarktet und damit Geld verdient oder – was genauso schlimm ist – getauscht. Dabei werden die Opfer immer jünger; betroffen sind auch kleine, ja sogar kleinste Kinder. Da packt alle das kalte Grauen. Selbstverständlich muss man diese Verbrechen an der Wurzel bekämpfen, die Kriminellen ergreifen und ihrem Tun ein Ende setzen.

Bei der Kinderpornographie geht es rechtlich grundsätzlich um zwei Komplexe:

Zum einen bedroht § 184b des Strafgesetzbuches (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) all diejenigen mit Strafe, die kinderpornographische Schriften, wozu auch Ton- und Bildträger sowie Datenspeicher gehören, verbreiten, solche Schriften öffentlich ausstellen, anschlagen, vorführen oder sonst zugänglich machen oder die diese Machwerke herstellen, beziehen, liefern, vorrätig halten, anbieten, ankündigen, anpreisen, einzuführen oder auszuführen unternehmen.

Dies sind – grosso modo – diejenigen, die kinderpornographische Inhalte ins Netz stellen. Hier genügt oft ein Hinweis an die Betreiber der Server, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. In manchen Ländern allerdings bleibt dies leider fruchtlos.

Gemäß § 184b des Strafgesetzbuches gilt grundsätzlich aber auch, dass sich strafbar macht, wer es unternimmt, sich kinderpornographische Schriften – dazu gehören auch Dateien und das Betrachten von Bildern im Netz – zu verschaffen. Der Bundesgerichtshof hat dies folgendermaßen präzisiert: „Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC-Systems erlangt dessen Benutzer Besitz, weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden" (BGH 1 StR 430/06 - Beschluss vom 10.10.2006). Entsprechend ist die Sperrung einer derartigen Seite als die Verhinderung einer Straftat zu qualifizieren. Dies unterscheidet diesen Fall z.B. von dem der Sperrung einer Seite, die vielleicht einen strafwürdigen Inhalt hat, wo es aber nicht strafbar ist, sie sich zu verschaffen.

Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es unerträglich, dass wir in Deutschland bisher noch nicht umfassend gegen die in der zweiten Alternative genannte Beschaffung von kinderpornographischen Schriften vorgegangen sind. Die Bundesregierung hat darüber unter Federführung der BM’in Dr. von der Leyen in den letzten Wochen und Monaten intensive Gespräche und Verhandlungen mit der betroffenen Wirtschaft geführt. Dabei sind zwei Dinge deutlich geworden: Erstens sind die Access-Provider dazu bereit, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren und so die Nachfragekriminalität einzudämmen. Fünf große Unternehmen haben sich inzwischen auf vertraglicher Basis dazu verpflichtet. Und zweitens brauchten wir auch eine gesetzliche Regelung. Lassen Sie mich deren wichtigste Punkte hervorheben:
Alle großen Internetzugangsanbieter werden verpflichtet, durch geeignete technische Maßnahmen den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Basis sind täglich aktualisierte Sperrlisten des Bundeskriminalamts.
Aus präventiven Gründen wird gegenüber den betroffenen Nutzern über eine Stopp-Meldung klargestellt, warum der Zugang zu einem kinderpornographischen Angebot erschwert wird.
Die Zugangsanbieter haften nur, wenn und soweit sie die Sperrliste des Bundeskriminalamts nicht ordnungsgemäß umsetzen. Die anfallenden Daten können für die Strafverfolgung genutzt werden, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Da mit den Regelungen gesetzgeberisches Neuland betreten wird, sollen sie innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten evaluiert werden.

Besonders wichtig ist mir, klar zu stellen, dass es sich bei der genannten Sperrliste und bei der Verpflichtung der Internet Provider, die auf dieser Liste enthaltenen Internet-Seiten zu sperren, eben nicht um eine Zensur des Internets handelt, bei der der Staat – aus welchen Gründen auch immer – einige Internetseiten sperren lässt, um seine Bürgerinnen und Bürgern mehr oder weniger willkürlich an der Nutzung des Internets zu hindern. Läge die Sache so, würde ich Ihre Bedenken – insbesondere hinsichtlich der Zusammenstellung der Sperrliste und ihrer Überprüfung – uneingeschränkt teilen und den Gesetzentwurf nicht unterstützen. Mit dem Gesetz werden aber lediglich von Straftaten gem. § 184b des Strafgesetzbuches präventiv blockiert. Dabei ist eine Umgehung – wie bei anderen Straftaten auch – nicht auszuschließen. Jedoch findet eine klare Warnung statt.

Es ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen auch bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen, bei denen z.B. das Betrachten der Seite straflos ist und eine weitere Handlung – möglicherweise ein Download einer Datei – hinzutreten muss, um ein Rechtsgut zu verletzen.

Ich gehe auch persönlich davon aus, dass eine Einschränkung in diesen Fällen im Konflikt mit dem Grundgesetz stehen würde, während ich im Hinblick auf die Strafbarkeit kinderpornographischer Angebote davon überzeugt bin, dass das neue Gesetz mit dem Grundgesetz im Einklang steht.

Insofern bin ich fest davon überzeugt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Grundrechte der Bürger nicht tangieren wird.

Es ist sehr schwer, konkret quantitativ zu beurteilen, ob und inwiefern dieses Gesetz den Konsum von Kinderpornographie und die Produktion von Kinderpornographie verhindert oder erschwert. Eine Patentlösung wird es nicht geben. Dies sollte uns aber nicht daran hindern, Maßnahmen zu ergreifen, die zumindest einige Straftaten verhindern. Das ist nicht perfekt, aber besser, als den Kopf in den Sand zu stecken.

Das Gesetz ist ein weiterer Baustein in unserer Gesamtstrategie, gefährdete Kinder zu schützen und den Markt für Kinderpornographie soweit es geht auszutrocknen. Angesichts der sprunghaft gestiegenen Nachfrage war es höchste Zeit, entschlossen zu handeln.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Eva Möllring, MdB